Friedrich Cerha: Konzert für Schlagzeug und Orchester und "Impulse"

Mit sich steigernden Trommelwirbeln beginnt Friedrich Cerha sein Konzert für Schlagzeug und Orchester – und erweckt damit gleich zu Beginn die Aufmerksamkeit seiner HörerInnen, um nach und nach nicht nur in die rhythmischen Möglichkeiten der umfangreichen Instrumentenfamilie zu entführen, sondern ebenso die unterschiedlichsten Klangfarben zum Vorschein zu bringen. Damit treibt er den musikalische wie auch sportliche Herausforderungen suchenden Martin Grubinger bis an seine ohnehin schon weit ausgereizten Grenzen – und doch merkt man dem Solisten die Schwierigkeiten der Interpretation durch den sicheren und musikalischen Vortrag nicht an. So könnte man meinen, dass Cerha das virtuose Spiel des Percussionstars beim Komponieren vor Augen und Ohren gehabt hat. Die tatsächliche Entstehung des Werkes schreibt jedoch eine andere Geschichte. Grubinger war es, der Cerha aufgrund seines differenzierten Umgangs mit dem oft auf die Rhythmik reduzierten Instrumentarium um ein Werk bat. Dieser machte sich nach längeren Vorarbeiten 2007/08 auch an die Arbeit, ohne den Perkussionisten zuvor schon einmal gehört zu haben.

Herausgekommen ist ein Werk, das nicht nur für den Solisten technische Raffinessen bereithält, sondern auch die Wiener Philharmoniker mit komplizierten Rhythmen und rhythmischen Überlagerungen betraut – eine Aufgabe, die sie unter Peter Eötvös über weite Strecken bravourös meistern. So etwa in der aufpeitschenden Dramatik des ersten Satzes, in dem sich über den rhythmisch prägnanten Figuren des Orchesters die Kaskaden der wechselnden Schlaginstrumente erheben. Der zweite Satz hingegen leitet mit sphärischen Klängen und melancholischen Melodien in ruhigere Gefilde, lässt aber auch hier bedrohliche Spannung aufkommen, um im dritten Satz äußerst rasant zudem Fröhliches und Humorvolles erkennen. Und so bietet sich den HörerInnen ein abwechslungsreiches Geschehen, mit dem der inzwischen 85jährige Komponist seinem umfangreichen Schaffen hochexplosives Material hinzufügt.

Einige Elemente wie die Dramatik des gesamten Orchesterapparates oder die melancholischen Passagen, in denen sich die klaren Klänge der Röhrenglocken über die gehaltenen Akkorde der Streicher erheben, sind auch in etlichen anderen Werken Cerhas zu finden, etwa auch in den vor 20 Jahren entstandenen „Impulsen“ für Orchester. Wenngleich auch hier dem Schlagwerk eine bedeutende Rolle zukommt, ist dieses Werk wesentlich bedachter gestaltet und entfaltet in seiner unheimlichen Atmosphäre der tiefen Bläserakkorde und der flirrenden Streicher unausweichliche Spannung, zu der ebenfalls die Wiener Philharmoniker von Pierre Boulez meisterhaft motiviert werden. Kairos gibt mit der nunmehr vierten CD der Cerha-Aufnahmen eine weitere Gelegenheit, sich intensiv mit dem Schaffen des prägenden Komponisten erschließen. (dw)

 

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