freiStil feiert 5-jähriges Jubiläum

freiStil, das Magazin für Musik und Umgebung, feiert in diesem Jahr sein 5-jähriges Bestehen. Erwähnenswert ist dies deswegen, weil es nicht alltäglich ist, dass ein Magazin mit einer solch differenzierten Ausrichtung in Bezug auf Musik, sich so lange erfolgreich behaupten kann. freiStil bietet solchen MusikerInnen, Bands und Ensembles eine Öffentlichkeit,  denen eine Erwähnung in handelsüblichen Gazetten, aus welchen Gründen auch immer, versagt bleibt. Es geht den Verantwortlichen nicht um Trends oder modische Strömungen. Alleine die Musik selbst und die Auseinandersetzung mit dieser stehen im Vordergrund. Das Jubiläum ist gleichzeitig auch der Beweis dafür, dass es glücklicherweise für qualitativ hochwertigen Musik- und Kulturjournalismus immer noch Platz gibt.

freiStil ist vor fünf Jahren (exakt: am 1. Mai 2005) mit der Ambition angetreten, zu den Usancen der bis dahin bestehenden, handelsüblichen Gazetten eine Gegenöffentlichkeit aufzubauen. Mit einem Medium, das sich mit Herz und Hirn, frei und mit Stil den besten Musiken der Welt – konkret den improvisierten, experimentellen, im landläufigen Sinn “schwierigen”, aber auch den randständigen oder sonstwie herausragenden Elektronik-, Pop-, Jazz-, Rock- u.a. Musiken – widmet und ihren Akteurinnen und Akteuren unter Bedachtnahme auf deren ästhetische, soziale und (kultur-)politische Umgebung den nötigen Platz einräumt, ein Forum gibt.

Die Forcierung bis dahin sträflich vernachlässigter Musikerinnen (die in eine vielteilige, noch längst nicht abgeschlossene Serie und die Produktion einer Doppel-CD-Compilation mündete) ist freiStil ebenso ein Anliegen wie die Präsentation brauchbarer bis visionärer Räume (in der Sun Ra zitierenden Reihe “Space is the Place”), die Vorstellung kleiner, leidenschaftlicher platten-Labels, die Porträts jugendlicher Kunst (“gestaltende gestalten”), die Rezension mehr oder weniger famoser Tonträger, Bücher, Festivals, Einzelkonzerte und, und, und.

Ein Netzwerk aus in- und ausländischen Musikerinnen und Musikern, Veranstalterinnen und Veranstaltern, Aktivistinnen und Aktivisten schützt die engagierte Arbeit vor Nichtwahrnehmung, Energieverpuffung und dem Braten im eigenen Saft. Etwa 1.000 AbonnentInnen (Tendenz steigend) aus ganz Österreich und dem mehr oder weniger benachbarten Ausland sprechen eine deutliche Sprache des Bedarfs nach einem Medium der (Selbst-)Ermächtigung und des Widerstands gegen den Zynismus der Kulturindustrie.

Zur Illustrierung und Untermauerung dieser Anliegen verfassten die Magazinbetreiber ein Manifest, welches lautet:

„Eine Zeitschrift kann, ebenso wie eine Zeitung oder ein Buch oder jedes andere didaktische Ausdrucksmittel, das im vorhinein auf eine bestimmte Zielgruppe von Lesern, Zuhörern usw. ausgerichtet ist, nicht alle im gleichen Maße befriedigen, nicht für alle im gleichen Maße nützlich sein usw.: es kommt darauf an, dass sie auf alle anregend wirkt, denn keine Publikation kann das denkende Hirn ersetzen oder dort intellektuelle oder wissenschaftliche Interessen aus dem Boden stampfen, wo allein Interesse an Kaffeehausklatsch vorhanden ist … “ (aus: Antonio Gramsci, Gefängnishefte; Gedanken zur Kultur, 1932)

Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass das gutgeht? Wer hätte gedacht, dass der Arbeits-, der gedankliche und erst recht der finanzielle Aufwand bewältigbar sind? Dass sich ein interessiertes, sympathisierendes und zahlendes Publikum dafür findet? Dass die Luft dafür ausreicht, der Atem lang genug hält, um fünf Jahre lang im Zweimonatsrhythmus 20-32 Seiten speziell für experimentierlustige Musiken zu fabrizieren?

Fünf Jahre ist es nun her, dass die Operation freiStil aus dem Jazzlive hervor- und einen, zwei, viele Schritte weiter geht. Mitstreiterinnen, Förderinnen, Abonnentinnen, Inserentinnen, Sympathisantinnen machen sich fürs Heft stark. Ein Netzwerk aus Clubs, Veranstalterinnen, Labels und Verkaufsstellen ist ein sicherer Schutz vor Prostitution und Doppelbödigkeit in diesem oft gespenstisch prostitutiven und doppelbödigen Land. Umgeben von einer Wüste aus Ignoranz, Borniertheit und dem öden Kommerz diverser Gratisgazetten werden ästhetische, soziale, politische Diskussionen angeregt, „ohne das denkende Hirn zu ersetzen“.

Werden die feministische Serie „beschreiblich weiblich“ (später umbenannt in „hall of femmes“), die daraus generierten Doppel-CD-Samplerin Damn!, die mit Räumen befasste Reihe „space is the place“, „gestaltende Gestalten“ junger bildender Kunst, die „kleine Labelkunde“ und einiges andere mehr (man erinnere sich an „hey hey, my my“ oder ans „Made in Japan“-Tourtagebuch!) an den Haaren in der Suppe der Kostverächter herbeigezogen. Die bescheiden gehaltene Internetpräsenz verdankt sich Dieter Kovacics klingt.org-Plattform – auch so eine Freischärlerinnen-Homebase, die, immun gegen Korruption und andere Zumutungen, autonom dahinwerkt. freiStil: ein Hybrid aus Fanzine, Wissenschafts- und Selbstermächtigungs-Magazin, aus Illustrierter, Special-Interest-Zeitschrift und Agit-Prop. Ein Bastard – und hoffentlich inglorious –, mit Hingebung und Liebe gemacht von einem Team*, für das sich ähnlich gesinnte Redaktionen sämtliche Finger abschlecken können.

Unter diesen Bedingungen, prekär aber prägnant, reißen wir Freizeitmagazinmacherinnen uns für die besten Musiken der Welt den Popo auf. An Perspektiven mangelt es nicht, Pläne werden permanent gewälzt. Die Lust an der Aufklärung blüht unvermindert, die Emanzipation wird mit Hirn und Ei vorangetrieben, die Erotik der Kritik lebe hoch! freiStil, Magazin für Musik und Umgebung: Die Charmeoffensive der Partisaninnen pflegt auch in den nächsten fünf Jahren die Ästhetik des Widerstands, strebt nach Freiheit, bemüht sich um Stil. Es gibt viel zu tun.

* Alle Mitwirkenden der freiStil-Jahre 0 bis 5. TEXTE: Gerhard Woratschek, Emanuel Wenger, Wolfgang Wasserbauer, Heimo Wallner, Norbert Trawöger, Hermann Strassgüttl, Jürg Solothurnmann, Heidi Schweitzer, Hannes Schweiger, Stefan Rois, Ingrid Ringer, Nina Polaschegg, Arnold Nozicka, Steffanie Neuhuber, Peter Neuhauser, Pepsch Muska, Ernst Mitter, Rainer Krispel, David Krispel, Jonas Kolb, Agnes Hvizdalek, Ulrich Hüttmeir, Konrad Höller, Reni Hofmüller, Anita Hofer, Christoph Haunschmid, Katrin Hauk, Stefan Haslinger, Michael Haberz, Bertl Grisser, Dieter Glawischnig, Johannes Geigenberger, Marufura Fufunjiru, Alois Fischer jun., Franz Fend, Andreas Felber, Wolfgang Federmair, Hans Falb, Christian Eder, Cordula Bösze, Stephan Blumenschein, Klaus Amann; FOTOS: Martin Zrost, Zoe, Fränk Zimmer, Nada Žgank, Yuko Zama, Reinhard Winkler, Tina Winkhaus, Robert Wilson, Florian Wieser, Bibiana Weber, WaWo, Vlidi, Hanna Urschler, Herwig Steiner, Herb Snitzer, Sebastian Six, Schultz & Schultz, Moritz Schnell, Alice Schmidt, Christian F. Schiller, Harald Schermann, Moritz Schell, Rainer Rygalyk, Klaus Rudolph, Billy Roisz, Joseph Gallus Rittenberg, Helmut Riedl, Simon Reynell, Blanca Regina, Piotr Redlinski, Ida Räther, Bernhard Raschl, Heimo Ranzenbacher, Manfred Rahs, Werner Puntigam, Marco Prenninger, Adnan Popovic, Mathias Poledna, Andreas Platzer, Pia Palme, Hannes Palme, Bernd Oppl, David Murobi, Klaus Mümpfer, Rania Moslam, Michael Moser, Rune Mortensen, Gerhard Maurer, Maupi, Edith Maul-Röder, Kimmo Mántylá, Alenka Maly, Christian Mair, Marko Lipus, Johannes Lehrhofer, Christian Leeb, Mario Lang, Markus Lackinger, Helmut Lackinger, Peter Kuffner, J.J. Kucek, Peter Kubelka, Werner Krepper, Dieter Kovacic, Werner Korn, Elisabeth Kopf, Sabina Köfler, Gerhard Klocker, Hans Klestorfer, Hedya Klein, Elvira Klamminger, Otmar Klammer, Silke Kammann, Ruth Kaaserer, Nancy Horowitz, Martin Hörl, Kurt Hörbst, Gerlinde Hipfl, Lisa Herndler, Christoph Herndler, Martin Gutjahr-Jung, Eva Grubinger, Günther Gröger, Philippe Gerlach, Hemma Geitzenauer, Peter Gasser, Peter Gannushkin, Bernhard Fuchs, Helmut Fruhauf, Brigitte Friedrich, Kevin J. Frank, David Ender, Sepp Dreissinger, Alexander Dolgin, Martin Dickinger, Eckhart Derschmidt,  Herbert Denzel, Walter Deixler, Stephen Cummiskey, Alan Courtis, Angelo Colombo, Viktor Brázdil, Sébastien Bozon, Nicole Bogendorfer, Ernst Marianne Binder, Rainer Breson, Monique Besten, Kurt Bayer, Anzenberger, Elisa Andessner, Siegrid Ablinger; ADRESSVERWALTUNG: Robert Lodjn. WEB-SUPPORT: Boris Schuld. GESTALTUNG & PRODUKTION:  Johannes Zachhuber. Es dankt, gratuliert und liebt der HERAUSGEBER: Andreas Fellinger.

http://freistil.klingt.org