Facelift – Whom do you see?

Eine Band, die seit Ende der 90er Jahre nun schon die Fahne des anspruchsvollen heimischen Alternative-Rocks hochhält und mit zahlreichen erstklassigen und vielbeachteten Veröffentlichungen und nicht weniger mitreißenden Konzerten eine inzwischen beträchtliche Fanschar erspielen konnte, ist die Grazer Truppe Facelift. Mit „Whom do you see“ (Pate Records) meldet sich der Vierer nach zwei Jahren mit seinem inzwischen sechsten Album zurück. Und schon nach dem ersten Mal Durchhören der neuen Songs wird klar, die Steirer haben es nicht verlernt, ordentlich, und vor allem niveauvoll abzurocken. Was die Combo abliefert, sind feinste, durchdacht arrangierte und ungemein abwechslungsreiche Rocksong von höchster Klasse, die vom ersten Moment an zünden und in den Gehörgängen hängen bleiben. Vorgestellt wird das gute Stück im Rahmen einer Österreich-Tour im April.

Nein, eine Band, die sich an irgendwelchen aktuellen Sounds unterworfen hat, waren Facelift noch nie. Vielmehr war es der Grazer Truppe immer ein Anliegen, ihr ganz eigenes Ding durchzuziehen, was nichts anderes bedeutete, als einfach erstklassige Rocksongs abzuliefern. Dass sie ein Händchen dafür haben, solche auf den Weg zu bringen, ist nicht erst seit gestern bekannt. Clemens Berger (Gesang, Gitarre), Andrea Orso (Gesang, Bass), Matthias Predota (Gitarre) und Jürgen Kulmer (Schlagzeug) wissen, wie man Stimmung erzeugt, wie man was in welchem Moment in Szene zu setzen hat, wie man eingängige Ohrwurmmelodien nicht banal erklingen lässt, sondern in eine durchdachtes und spannendes Arrangement fasst.

Die insgesamt 11 Songs des neuen Albums „Whom do you see?“offenbaren sich trotz ihrer Eingängigkeit einmal mehr als ungemein vielschichtig und abwechslungsreich. Auf allzu große Spielerein oder irgendwelche klischeebeladene Gesten verzichten Facelift, wie auch schon in der Vergangenheit, ganz. Gefahr, sich irgendwo in den Untiefen eines Mainstreamsounds zu verlieren, läuft die Band zu keinem Zeitpunkt, zeigt sie sich doch stilistisch ungemein breit gefächert. So finden sich auf dem neuen Werk genauso richtige Rockkracher, wie auch anspruchsvolle Balladen und mitreißende und variantenreiche Midtempo-Nummern. Inhaltlich präsentieren sich Berger, Orso, Predota und Kulmer nachdenklich. Es geht in den Texten um ein nicht genutztes Leben, um die tausenden vertanen Chancen, um die verlorenen Momente. Gleichzeitig aber will man sich aber auch nicht dem Optimismus, den Hoffnungen und Träumen verschließen.

Facelift legen mit „Whom do you see?“ einmal mehr ein wunderbares und eindrucksvolles musikalisches Beispiel dafür vor, dass der Spagat zwischen einer gewissen Gefälligkeit und Anspruch durchaus zu meistern ist. Es ist schön zu sehen, dass es im Indierock immer noch etwas zu sagen gibt. Wer sich also für niveauvolle, intelligente und höchst eigenständige Rocksongs begeistern kann, ist bei diesem Album genau an der richtigen Adresse. (mt)

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