Surfmusik, die nicht im Geringsten irgendwie retro oder altbacken klingt, sondern – ganz im Gegenteil – sehr modern und stilistisch überaus variantenreich interpretiert wird, bringt die vierköpfige Truppe EXPRESSWAY SKETCHES auf ihrem nun erscheinenden ersten Album „Love Surf Music“ (Klaeng Records/Laub Records) zu Gehör.
Das Vierergespann Expressway Sketches zelebriert auf seinem Debütalbum einen Sound, dessen Geschichte bis weit in die 1960er-Jahre zurückreicht. Es ist die Surfmusik in ihrer klassisch angehauchten Form, die sich die vier Herren Tobias Hoffmann (Gitarre), Benjamin Schaefer (Keys), Lukas Kranzelbinder (Bass) und Max Andrejewski (Schlagzeug) als Ausgangspunkt ihrer musikalischen Reise auserkoren haben, die rein instrumentale Variante des Rock ’n’ Roll, die einst von solch legendären Gruppen wie The Ventures, The Shadows und The Marketts zum Erklingen gebracht wurde. Doch die reine Traditionspflege ist es nicht, der sich Expressway Sketches verpflichtet fühlt. Von einer solchen sind die vier Herren weit entfernt. Vielmehr versuchen sich an einer eigenen musikalischen Sprache, und das auf eine sehr interessante und unkonventionelle Art.
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Von der Surfmusik zum Jazz und zurück
Seinen ganz besonderen Anstrich verpasst bekommt die ganze Geschichte durch den Umstand, dass die Mitglieder der Truppe allesamt eigentlich aus dem Umfeld des Jazz stammen. Ein Aspekt, der in den Nummern von Expressway Sketches immer wieder unverkennbar durchklingt. Die experimentierfreudigen Herren Hoffmann, Schaefer, Kranzelbinder und Andrejewski – in jazztypischer Manier auf ihren Instrumenten mehr als nur sattelfest – verweilen keineswegs nur in der klassischen Spielart der Surfmusik, nein, sie spannen den musikalischen Bogen viel, viel weiter – hin zum modernen Jazz, zu ein wenig Rock und auch zur Improvisation. Was Expressway Sketches entstehen lassen, ist ein stilistisch vielschichtiges und überaus abwechslungsreiches Klanggemisch, das zum Teil richtig schön schräg aus den Boxen schallt, vor allem in den Momenten, in denen die vier Musiker ihrer Verspieltheit wirklich allen Raum lassen. Sonst regieren Melodien, die in schönster Surfmanier beschwingt ertönen, und eine Rhythmik, die auch zum Abtanzen einlädt.
Alles in allem ergibt sich ein sehr rundes Bild, das aufgrund seiner Wechselhaftigkeit zwischen Eingängigkeit auf der einen Seite und Vertracktheit auf der anderen mit vielen spannenden Wendungen aufwartet. Expressway Sketches schaffen es auf ihrem Album, der Surfmusik eine neue Richtung zu geben, eine, die sich eben nicht in der Wiederholung des bereits Bekannten verliert, sondern schnurstracks in die Gegenwart führt. Stark.
Michael Ternai