ROBB spielen souligen Pop mit jazzigen und funkigen Anleihen. Am 15. April erscheint ihre zweite EP mit dem passenden Titel „Heat“. Im Herbst soll ein Album folgen. Sänger ROBERT SUMMERFIELD sprach mit Markus Deisenberger über Motown, Major-Deals und Menschen, die schon auf das nächste Album warten.
Sie sind Deutscher mit amerikanischen Wurzeln. Wie hat es Sie nach Wien verschlagen?
Robert Summerfield: Ich habe Jazz am Konservatorium Wien Privatuniversität studiert, was nahelag, weil Wien die erste Stadt war, in der ich mit sechzehn allein Urlaub gemacht habe.
Die Art von Musik, die ROBB macht, gibt es hierzulande eigentlich nicht wirklich. Die österreichische Musiklandschaft ist zwar sehr vielfältig, aber diese zwischen Soul, Funk, Jazz und Pop changierende Musik ist nicht wirklich vertreten. Kennen Sie befreundete österreichische Bands, die ähnliche Musik machen?
Robert Summerfield: Nein, mir fällt keine ein, ehrlich gesagt.
Wie haben Sie und die Bandmitglieder von ROBB einander kennengelernt?
Robert Summerfield: Vier von uns haben am Konservatorium studiert, einer an der Universität für Musik und darstellende Kunst, aber wir kommunizieren das nicht wirklich gerne, weil wir nicht die typischen Studenten waren. Die meisten von uns haben auch vor dem Abschuss abgebrochen, um etwas anderes zu machen.
Weshalb?
Robert Summerfield: Ein Professor sagte, dass es aus seiner Sicht keine relevante gitarrenlastige Musik gibt, die nach 1973 entstanden ist. Mit so einer Person kann ich nur schwer auf einer musikalischen Ebene agieren. Wenn er das denkt, dann ist das ja okay. Aber als damals Vierundzwanzigjähriger wollte ich dort nicht andocken. Da war für mich ganz früh klar, dass da eine andere Sicht der Dinge herrscht, die nicht unbedingt meine ist. Aber: Andere mögen das ganz anders empfunden haben. Und das gilt auch nicht für alle Abteilungen. Die Gesangsabteilung war sehr toll, sonst hätte ich das ja auch keine drei Jahre lang ausgehalten.
Ihre Musik ist aus meiner Sicht keine klassische Musiker-Musik, das heißt, keine Musik von Solistinnen und Solisten, die auf das Können und das Zeigen des Könnens abzielt.
Robert Summerfield: Nein, gar nicht.
„Wir bei ROBB schätzen Jazz, haben enormen Respekt davor, haben unsere Wurzeln aber auch anderswo.“
Es geht eher um einen durchgehenden Groove, der die Hörerinnen und Hörer mitnehmen soll, oder?
Robert Summerfield: Genau so ist es. Ich bin mit Motown groß geworden. Ich habe Jazz nur studiert, um mein Songwriting zu erweitern und nicht um ein Scat-singender Solokünstler zu werden. Ich glaube ja auch, dass das vorher Gesagte gar nicht spezifisch mit Wien zu tun hat, sondern dass es auf nahezu jeder Musikhochschule so ist. Als Musikantin beziehungsweise Musikant muss man das alles einmal durchpauken und dann auch wieder schnell vergessen, denke ich. Das ist nicht nur in der Musik, sondern auch beim Film und in anderen Kunstformen so. Während eines Kreativstudiums gibt es, so habe ich mir sagen lassen, mindestens eine Phase, in der man schlechter wird, was an der Verschulung liegt. Das Verschulte und das Denken in Dogmen sind wohl ein generelles Problem aller Studien. Ich würde das nicht aufs Konservatorium in Wien reduzieren. Wir bei ROBB schätzen Jazz, haben enormen Respekt davor, haben unsere Wurzeln aber auch anderswo. Ross, unserer Musical Director, mit dem ich das Ganze aufziehe, und der auch ein halber US-Amerikaner ist wie ich, kommt ebenfalls aus der Motown-Ecke.
Was ist für Sie das Faszinierende an Motown?
Robert Summerfield: Bei den meisten Motown-Songs kann man, wenn man die Rhythm Section hört, auch als ungeschulte Hörerin beiziehungsweise ungeschulter Hörer sagen, um welchen Song es sich handelt. Das soll bei uns auch so sein.
Was hat sich die letzten beiden Jahre bei Ihnen getan? Wenn ich mir die EP anhöre, dann denke ich, dass das eine ganze Menge war.
Robert Summerfield: Ja. 2014 haben wir unsere erste EP herausgebracht und haben viel gespielt. Letztes Jahr haben wir sehr viel überlegt und probiert, was wir vom bestehenden Material auf ein etwaiges Album übernehmen könnten. Es ist ja immer so: Wenn man schreibt, ist man ja in dem Moment, wo man das Geschriebene umsetzt, gedanklich schon wieder ganz woanders. Das letzte Jahr war in diesem Sinne ein Jahr der Verortung. Es ging darum, zu schauen, wo wir sind, wo wir uns wohlfühlen und wo wir uns wahrscheinlich auch noch in eineinhalb Jahren wohlfühlen werden.
Sie haben im letzten Jahr auch viel live gespielt.
Robert Summerfield: Ja, wir haben zwei englische Acts in Deutschland supportet. Überhaupt haben wir mehr in Deutschland gespielt als hier.
Denken Sie, dass das an der Musik liegt?
Robert Summerfield: Nein. Ich glaube, das liegt einfach an der Größe des Landes. Ich finde ja, dass man für die Größe von Österreich eh an vielen Orten spielen kann. Letztes Jahr haben wir etwa in Wiesen beim Nova Jazz vor Nile Rogers und Chic gespielt. Gerade eben haben wir im Porgy & Bess gespielt.
Spielte bei der Auswahl des Porgy & Bess als Ort der Release-Party der Wunsch eine Rolle, im Jazz-Kontext wahrgenommen zu werden?
Robert Summerfield: Nein, gar nicht. Wir schätzen den Club einfach so. Jeder von uns hatte schon einmal eine Jahreskarte und hing da ab, um sich das eine oder andere Konzert anzusehen, hat also viel Zeit dort gelassen. Der Ort kann schon eine gute Stimmung erzeugen.
Aber für das knallharte Jazz-Publikum ist ROBB eher nichts, denke ich. Da belächelt man das, was wir machen, wohl eher. Nach dem Motto: „Ach, mal was zum Tanzen.“
„Egal was man macht und in welche Richtung es geht, es muss Intensität haben!“
Aber Chet Faker etwa hat gezeigt, dass man mit einer ähnlichen Musik ein sehr großes Publikum erreichen kann.
Robert Summerfield: Unfassbar, ja. Ich habe ihn letztes Jahr vor James Blake in Berlin gesehen. Das war unglaublich gut. Aber auf unserem Niveau hat niemand Erfolg gefressen. Egal was man macht und in welche Richtung es geht, es muss Intensität haben!
Haben Sie gesangstechnisch Vorbilder? Teilweise erinnert mich Ihr Gesang sehr an José James.
Robert Summerfield: Danke, ich liebe José James. Wenn man sich „Beyond“, einen älteren Track von uns, anhört, kommt das von der Denke her dem, was José James macht, schon sehr nahe. Ich bin ein Bari-Tenor. Da geht es immer auch um das Spiel, wie tief man geht und mit wie viel Volumen man arbeitet. Beim aktuellen Track „Goldmind“ gehe ich genau in die andere Richtung: hohes Register, knackig, funky. Neben José James fällt mir noch Donny Hathaway als konstantes Vorbild ein. Noch mehr als James, einfach weil man, wenn man von Vorbildern spricht, schon eher dazu neigt, in die Vergangenheit zu schauen. Und Prince. Der auch. Unbedingt.
Um die stilleren Momente Ihrer Musik richtig wahrnehmen zu können, braucht es ein gewisses Setting. Das Porgy & Bess ist ein Ort, an dem das gut funktioniert. Ich kann mir aber vorstellen, dass das bei einem Festival weit schwieriger sein kann. Gequatsche, Geklirre, Smartphones … Haben Sie da negative Erfahrungen gemacht? Oder überwiegt das Positive?
Robert Summerfield: Es funktioniert, weil wir ein Narrativ haben. Songs, die leiser sind, arrangiert man live so, dass sie ein gewisses Volumen erreichen. Unser jetziges Live-Set beginnt dynamisch, findet dann ein wenig Kontemplation und geht dann wieder hoch. Aber das ist eine Entwicklung. Früher waren wir ruhiger. Und diese ruhigeren Momente funktionieren natürlich bei einem Act, von dem das Publikum genau das erwartet, besser als bei einem Act, der Tanzbares kredenzt und dann zwei, drei langsamere Tracks einstreut. Wir stehen deshalb vor der Herausforderung, von einem Moment zum anderen etwas einzufordern. Wie lange man diese Ruhe hinziehen kann – das muss man ausloten. Wann kommt der Punkt der Sättigung, an dem man wieder eine andere Farbe ins Programm holen muss – das ist die Frage.
Und das ist sehr vom Ort abhängig, oder?
Robert Summerfield: Ja, klar. Draußen, drinnen, Tag, Nacht, Licht. Eines der stimmungsvollsten Konzerte, das wir je gespielt haben, war in Konstanz in einem Theater. Bestuhlt. Und eigentlich machen wir 55 Minuten von 70 Minuten Musik, wo Bestuhlung keinen Sinn macht. Also waren wir anfangs sehr skeptisch, ob das überhaupt funktionieren wird. Wider Erwarten war es dann ein wunderschöner Abend. Dunkel und sehr stimmungsvoll mit Spots in Szene gesetzt. Schwieriger ist es, draußen bei einem Festival am Nachmittag zu spielen, wo man gegen ein bestehendes Grundrauschen ankämpfen muss.
Sie wurden von Warner Music unter Vertrag genommen. Wieso gerade Warner Music Deutschland?
Robert Summerfield: Wir haben viel auf SoundCloud gemacht, und da haben sich relativ schnell Label-Kontakte ergeben. Ich war eigentlich immer dagegen, irgendwo zu unterschreiben, wollte lieber alles selbst machen. Dann haben wir immer wieder mit verschiedenen Labels Gespräche geführt. Nette Gespräche, aber immer unverbindlich.
Das klingt nach gesunder Skepsis.
Robert Summerfield: Ja, ich war aufgrund diverser Horrorstorys immer extrem skeptisch, was Major-Labels anbelangt. Aber unser Management, zu dem wir durch einen guten Freund gestoßen sind, hat interessanterweise schon sehr viel mit Warner gemeinsam gemacht, da gibt es eine gute Verbindung. Da war klar, dass das Ganze familiärer ablaufen wird, als man das gemeinhin erwarten würde.
Also keine 360-Grad-Rechteabtretung, keine zwanzig Optionen auf die Werke, die Sie als Band, aber auch als Einzelkünstler und Produzenten geschaffen haben?
Robert Summerfield [lacht]: Nein, gar nicht. Wir kommunizieren das auch noch nicht. Das Label unterstützt uns auf Spotify und in anderen Gefilden, in denen du allein einfach schlecht klarkommst. Aber ob das erste Album auf Warner oder auf unserem eigenen Indie-Label erscheinen wird, ist derzeit noch völlig offen – auch, um uns nicht allzu viel Druck zu machen. Es kann also gut sein, dass das Album noch unter Indie-Flagge rauskommt, wir aber bei drei, vier Nummern, die ins Konzept von Warner passen, unterstützt werden. Warum auch nicht?
Zum Abschluss ein kurzer Ausblick?
Robert Summerfield: Jetzt die EP, das Album kommt im Herbst. Wie gesagt: Mit welchem Partner wir das machen, ist noch nicht ganz klar. Diese Business-Sache will ich auch gar nicht so nach außen tragen. Ich find das alles in allem sehr unsexy.
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Alex Hacke von den Einstürzenden Neubauten hat in einem Interview einmal gemeint, es werde heute mehr über Geschäftsideen und Vertriebsmöglichkeiten als über Musik geredet.
Robert Summerfield: Da bin ich ganz seiner Meinung. Von daher lassen wir das auf uns zukommen. Einige Termine stehen schon fest, einige werden noch bestätigt. Wir spielen in Wiesen vor The Roots, worauf wir uns riesig freuen.
Was mir aufgefallen ist: Sie scheinen keine Berührungsängste mit kommerzieller Musik zu haben.
Robert Summerfield: Nein, das war immer Teil unserer Definition, dass wir kommerzielle Musik gut finden, wenn sie gut gemacht und ehrlich ist. Kate Bush macht kommerzielle Musik. Und wie gut ist das?
Ein anderes Beispiel wäre Daft Punk mit Nile Rogers und Pharrell Williams. Auch beim hundertsten Mal, wenn man es nicht mehr hören kann, ist es immer noch gut.
Robert Summerfield: Genau. Wir finden wir uns in dem, was wir machen. Ab einem gewissen Professionalitätsgrad, wenn man Leute braucht, die einen bei der Technik helfen, beim Ton etc., gibt es auch finanzielle Realitäten, die man in Betracht ziehen muss, die die Zusammenarbeit entscheidend beeinflussen. Und da fragt sich, wie lange man darauf bauen kann, dass alle bereit sind, zu einem Projekt beizutragen, ohne dass es sich finanziell rentiert.
Was, wenn es nicht funktioniert? Macht man einfach so weiter wie bisher?
Robert Summerfield: Ich wünsche mir, an einen Punkt zu kommen, an dem wir unsere Zuhörerschaft gefunden haben, eine Menschengruppe, die bei uns bleibt, uns schätzt und schon auf das nächste Album wartet. Was ich mir wünsche ist, dass diese Zuhörerschaft wächst, dass wir immer mehr Menschen finden, die das, was wir machen, verstehen. Kommerzielle Ziele sind verfehlt, auch wenn unsere Musik populär ist. Sie bedient keine Nische und keinen aktuellen Trend. Von daher versuche ich gar nicht, an die kommerzielle Natur zu denken. Für mich wird das, was wir hier machen, egal wie groß oder klein es letztlich wird, immer das Projekt bleiben, mit dem ich angefangen habe.
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Deisenberger
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23.04. Stadtwerkstatt, Linz
18.06. Jazz Fest, Wiesen
16.07. Rock im Dorf, Inzersdorg
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