Der Winter kann kommen. Und zwar zum Beispiel ab 15. Jänner 2022, wenn das zukünftige Leitungsteam des Veranstaltungs- und Produktionsortes ECHORAUM im 15. Wiener Gemeindebezirk in den Hinterhof in der Sechshauser Strasse 66 lädt. Die Kulturarbeiterinnen ALISA BECK (Blind Date Collaboration, Olympionik*innen Productions, Small Forms, …) und die Musikerin SARA ZLANABITNIG (Fraufeld, St.off, Herzinger, …) werden nun über die Geschehnisse an eben diesem Ort, einer ehemaligen Tischlerei, wachen und walten. Michael Franz Woels befragte die beiden unter anderem zu ihrer leitungstechnischen Übergangszeit mit Werner Korn, die dieses Jahr als Generationenwechsel zelebriert wurde, zur generellen Bedeutung dieses spartenübergreifenden Raumes für die Musikszene in Wien und erfuhr auch, wie Dank Kybernetik aus einem Narrenkastl ein Echoraum werden konnte …
Welche ersten Erinnerungen und persönlichen Erlebnisse verbindest du mit dem echoraum?
Alisa Beck: Ich bin 2013 nach einigen Jahren in Frankreich nach Wien gekommen und habe praktisch direkt angefangen, im damaligen mo.ë am Yppenplatz mitzuarbeiten. Das war auch mein Einstieg in die experimentelle Musikszene in Wien – im weitesten Sinne. Über dort auftretende Musikerinnen und Musiker bin ich wohl das erste Mal in den echoraum gekommen – die Wege sind ja bekanntlich kurz. Gleichzeitig hatte der Raum immer eine ganz eigene, konzentrierte Konzertatmosphäre und ein Netzwerk an Akteurinnen und Akteuren der zeitgenössischen Musikszene, denen ich sonst vielleicht nicht begegnet wäre. So einiges habe ich aber auch erst entdeckt, als Werner Korn mir den Archivschatz des echoraums im vergangenen Jahr vorgeführt hat. Somit war der echoraum für mich eine wichtige neue Entdeckung. Gleichzeitig kam mir der Ort auch immer „seltsam“ bekannt vor – sei es, weil es Verwandtschaften gibt zwischen solch selbst initiierten Räumen (und ihren Menschen), die sich beständig in die Stadt einschreiben und immer Orte meines Interesses und Ausgangspunkt meiner Arbeit im Kulturbereich waren. Oder weil der echoraum mir manchmal vorkommt wie die Wiener Version der wohl bekannten Kulturvereine in Hinterhöfen, deren familiäre Atmosphäre ich aus meiner Kindheit in den 1990ern in Deutschland gut kenne. Was nicht abwegig wäre, der echoraum ist ja auch nur ein Jahr älter als ich. Soviel zum Generationenwechsel. [lacht]
Sara Zlanabitnig: Ich habe im Frühjahr 2013 bei einem Stück von Julian Gamisch mitgespielt, das „durch den echoraum“ hieß. Das Stückkonzept sah vor, dass sich unterschiedliche Gruppen von Akteurinnen und Akteuren über Skype verbunden durch die Stadt auf den echoraum zubewegten, wo es dann zum großen Finale kam. Das war mein erstes Mal im echoraum – und meine erste Streaming-Erfahrung. Absurderweise dauerte es danach drei weitere Jahre, bis das echoraum-Programm wieder auf meinem Radar auftauchte, durch dort stattfindende Abschlussprüfungen von Kolleginnen und Kollegen der Bruckneruni. Dann ging aber alles ziemlich schnell. Wir konnten 2017 das Release-Konzert der ersten Fraufeld-CD kurzfristig im echoraum veranstalten, nachdem uns das Porgy&Bess wenig nachvollziehbar abgesagt hatte. Der Abend war sehr gut besucht und alle waren glücklich. Das war wohl auch der Zeitpunkt, als ich anfing, mich im echoraum zuhause zu fühlen. Ich sage ja, es ging ziemlich schnell …
„DER ECHORAUM IST MERKLICH NICHT AUF DEM REISSBRETT ENTSTANDEN.“
Welche Bedeutung hat der echoraum für die Musikszene in Wien?
Sara Zlanabitnig: Ich würde meinen eine herausragende – insofern, als dass es keinen vergleichbaren Raum in der Stadt gibt; mit dieser Größenordnung, nicht ganz klein, aber auch nicht sehr groß: Wenn 50 Menschen im Publikum sitzen, ist eine Veranstaltung gut besucht. Mit einer Jahresförderung ausgestattet können Gagen ausgezahlt werden, ohne Konsumdruck und zu hohe Eintrittspreise. Ein Raum mit Klavier, den man niederschwellig nutzen kann, zum Proben und Entwickeln. Und vor allem einen Raum, der auf so eine lange und reiche Geschichte zurückblicken kann. mitderstadtreden hat die Forderung formuliert: „Wien braucht mehr echoräume!“ Darauf bezieht sich einerseits die Streaming-Plattform echoraeume.klingt.org, dahinter steckt aber auch der ganz banale Gedanke, dass eine Stadt wie Wien mit einer derart ausgeprägten Musiklandschaft dringend mehrere vergleichbare Orte wie den echoraum brauchen würde. Wir könnten theoretisch – was die Nachfrage anbelangt – täglich Programm machen, müssen aus Kapazitätsgründen aber natürlich Absagen erteilen.
Alisa Beck: Ich denke, es ist nicht zu unterschätzen, welche Ressource ein solcher Raum ist. Es ist eine Infrastruktur entstanden, die weiter Antrieb für hier aktiven Künstlerinnen und Künstler ist und nun auch für uns als Team – eine Infrastruktur, die sich durchaus verändern kann und darf. Der echoraum ist merklich nicht auf dem Reißbrett entstanden, sondern hat eine 33-jährige Geschichte von Theaterprojekten mit ambitionierter Bühnengestaltung über Projekte früher Sound- und Medienkunst zu einer Reihe an Kompositionsaufträgen und wöchentlichem Konzertbetrieb usw. – inklusive Proben bei Tag und wahlweise Austausch bis spät. Das Interesse an einer Vermischung künstlerischer Ansätze und ihrer Akteurinnen und Akteure sowie die Lust am Experiment sehe ich als absolut grundlegend. Die Frage danach, was das eigentlich heißt und wie dies möglich ist, war wohl immer relevant und beschäftigt uns jetzt auch aufs Neue.
Der echoraum wurde 1988 gegründet. Wieso dieser Name damals? Wer waren die Initiatoren und Betreiber dieser Kultur- und Kunstinitiative?
Sara Zlanabitnig: Damals war der Name auch noch Narrenkastl. Das bezog sich auf Kindertheater, das Werner Korn und Joseph Hartmann zu jener Zeit gemacht haben. Die baldige Umbenennung in echoraum hat aber gar nicht mit der meist assoziierten, akustisch konnotierten Echokammer zu tun, sondern mit dem wissenschaftlichen Echo. Im echoraum gab es ja auch schon immer viel Kunstspartenübergreifendes, auch viel Diskurs. In der edition echoraum sind 22 hochkomplexe Bücher erschienen, die sich mit Kybernetik auseinandersetzen. Das kommt daher, dass Interesse und Tätigkeitsfelder der echoraum-Besuchenden schon immer weit gestreut waren. Was gibt es Besseres, als sich gegenseitig zu inspirieren? Auch wenn mir Kybernetik-Materie zugegebenermaßen zu hoch ist! [lacht]
Werner Korn und Joseph Hartmann jedenfalls haben dann über viele Jahre hinweg gemeinsam hauptsächlich experimentelles Theater im echoraum gemacht, parallel dazu entwickelte Werner zeitgenössische Musikformate – bis diese jene des Theaters quasi ablösten. Das ist aber noch gar nicht so lange her. Auch interessant: Zu den „besten Zeiten“ gab es im echoraum neben den beiden künstlerischen Leitern noch zwei Vollzeit-Angestellte – solche Zustände wünschte ich mir wieder!
„WIR KÖNNEN UNS ALSO IN KOMMENDER ZEIT DURCHAUS AUF ERSTBEGEGNUNGEN FREUEN.“
Der Begriff Echoraum erfuhr in den letzten Jahren im Kontext virtueller sozialer Netzwerke wieder einen starken Bedeutungsschub. Kommunikationswissenschaftlich wird mit dem Echoraum- oder Echokammer-Effekt (echo chamber effect) der Verstärkungseffekt der eigenen Meinungen und Weltanschauungen durch den ausschließlichen Austausch mit Gleichgesinnten angesprochen. Welches Zielpublikum wollt ihr in Zukunft mit Veranstaltungen ansprechen, wie geht es euch (auch im persönlichen Umfeld) mit diesem Phänomen des sogenannten Echoraum-Effektes?
Sara Zlanabitnig: Ich vermute, dieser echo chamber effect ist gar nicht so weit entfernt von der Ursprungsidee der Raumbenennung. Gewissermaßen haftete dem echoraum immer ein bisschen ein exklusiver Touch an, es gibt gewisse Kreise, die hier über Jahre ein- und ausgingen, während sich andere nicht zugehörig fühlten. Wenngleich ich die Behauptung aufstellen will, dass das an einem kapazitätsmäßig begrenzten Ort wie dem echoraum kaum anders geht, wollen wir uns natürlich zukünftig darum bemühen, ein offenes und diverses Haus zu sein. Der Schwerpunkt wird aber definitiv am Experiment fokussiert bleiben. Ich merke schon jetzt, dass die Programmierung alles andere als einfach ist – alleine deshalb, weil es irre viele Anfragen aus dem eigenen erweiterten Umfeld gibt. Es gibt so viel Raumbedarf in den Kunstszenen! Entscheidungen zu treffen ist wesentlicher Teil der Herausforderung unserer Arbeit.
Alisa Beck: Ja, ich habe dies bisher auch als programmatische Absicht des echoraums aufgefasst, künstlerische Arbeit zu begleiten, ihr einen bestimmten und auch geschützten Rahmen zu bieten und weniger in einer kurzweiligen Manier zu agieren. Dass dies aber mindestens zwei Seiten hat, ist klar und ich verstehe deine Frage schon. Zumal sich meine Arbeit als Produzentin, meine politische Praxis und mein persönliches Interesse im Bereich Musik selbst auch an anderen Orten abgespielt hat. Ich denke, es liegt aber durchaus ein Wert darin, Kontinuitäten und Vertraulichkeiten im sozialen und inhaltlichen Austausch herzustellen, die in einem maximal flexiblen (Arbeits-)Alltag sonst zu kurz kommen. Und auch ein sich bekannter Kreis muss nicht immer gleichgesinnt sein oder bleiben. Zum anderen ist es aber sicher so, dass Sara und ich nun neue und durchaus unterschiedliche Netzwerke mitbringen und es uns daran gelegen ist, Programmpunkte so zu verbinden, dass sie nicht nur für ein Publikum von Expertinnen und Experten interessant sind. Mir fällt zudem persönlich immer wieder auf, dass vielen der echoraum zwar ein Begriff ist, sie aber noch nie dort waren – wir können uns also in kommender Zeit durchaus auf Erstbegegnungen freuen.
Die ungewisse Zukunft des echoraums vor ein paar Jahren führte unter anderem zur Initiative mitderstadtreden. Was waren eure Erfahrungen mit dieser Initiative, welche Schwerpunkte stehen gerade auf deren Agenda?
Sara Zlanabitnig: Ich bin wiederum durch die Plattform Fraufeld, die auch als Verein organisiert ist, zu mitderstadtreden gekommen. Mir hat die Idee eines politischen Engagements innerhalb der Musikszenen, also gemeinsame Sache zu machen, gut gefallen – weil es das unter Musikschaffenden viel zu selten gibt, das Einzelkämpfer*innentum ist viel zu hoch im Kurs. Ich bin dann in etwa über ein Jahr hinweg zu den monatlichen Jour fixes gegangen und in der Praxis war das schon eher kompliziert. Auf der einen Seite war die Konstellation der Protagonistinnen und Protagonisten wirklich sehr interessant, weil sehr unterschiedliche Backgrounds zusammengewürfelt waren, andererseits gab es viele mühsame Diskussionen, die nicht immer zu einem Ergebnis geführt haben. Ein wohlbekanntes Phänomen in Kollektiven! Ich habe mich dann zunehmend – nicht zuletzt durch mein wachsendes Engagement im echoraum – der Arbeitsgruppe „Räume“ angeschlossen und gemeinsam mit Arnold Haberl aka noid für mitderstadtreden beim Symposium „Freie Szene – Orte schaffen“ im September 2020 einen Vortrag über die Raumbedürfnislage innerhalb der (Experimental-)Musikszene konzipiert. Seitdem habe ich mich ein bisschen zurückgezogen, einfach um mehr Kapazitäten für die Aufgaben im echoraum zu haben.
Alisa Beck: Der Kontakt zur Initiative mitderstadtreden ist über meine Tätigkeit im Vorstand der IG Kultur Wien entstanden, wobei es vor allem um den Austausch zum Thema Räume ging. Ich war auch am oben genannten Symposium beteiligt, dessen Ansinnen es ja war, die Raumsituation der Freien Szene in den verschiedenen Sparten (samt Differenzen und Ähnlichkeiten) öffentlich zu präsentieren und zu vernetzen. Durch das Engagement der Arbeitsgruppe „Räume“ kam da ein ziemlich umfassendes Paper zur aktuell prekären Raumsituation in der (Experimental-)Musikszene zustande, das es davor glaube ich so nicht gab und das durchaus Öffentlichkeit bekommen hat. Dass auf ein solches Statement dann erst die politische Arbeit für Langstreckenläuferinnen und -läufer folgt, kenne ich aus meiner kulturpolitischen Arbeit bei der IGKW recht gut.
Es gibt seit 2019 eine Übergangszeit, ab nächstem Jahr werdet ihr dann gemeinsam den echoraum kuratieren. Was waren wichtige Erfahrungen in dieser „Übergabezeit“?
Sara Zlanabitnig: Puh! Es waren jedenfalls sehr intensive drei Jahre. Die wichtigste Erfahrung war es vielleicht, zu merken, wie angenehm und wertschätzend die Zusammenarbeit mit einer Person aus einer anderen Generation sein kann. Ich habe irrsinnig viel von Werner Korn gelernt. Bedauerlicherweise hat uns ja die Pandemie dazwischengefunkt und sicher ein Jahr „normalen Spielbetrieb“ weggenommen. Wenn das Veranstalten dann nur noch Bürokratie bedeutet, kann der Spaß daran schnell verloren gehen. Aber abgesehen davon: Die beste Erfahrung ist wohl nach wie vor Learning by Doing und dafür waren drei Jahre nicht zu lang angesetzt. Werner hat mich mit einer erstaunlich großen Portion Vertrauensvorschuss Dinge ausprobieren lassen, die sich in der Theorie nicht hätten durchspielen lassen. Jetzt freue ich mich aber auch schon richtig auf das neue Team. Und das Potenzial, welches Teamarbeit mit sich bringt.
Alisa Beck: Sara hatte mich dieses Jahr im Laufe der Übergabephase mit Werner Korn gefragt, ob ich mir eine Zusammenarbeit im Leitungsteam vorstellen könne. Für mich ist das die Rückkehr zum Raumbetreiben in dieser Form, nachdem das mo.ë 2017 schließen musste. Darauf freue ich mich sehr! Wir haben uns seit dem Sommer im Backoffice viele Gedanken zur Programm- und Organisationsstruktur gemacht – von diversen Förderanträgen über Umbaupläne zu Sichtung von Anfragen und Gesprächen mit Künstlerinnen und Künstlern. Ohne Werner Korn und Johann Lapitz als Techniker wollen zudem so einige Tätigkeiten neu besetzt werden. Mit Christina Bauer und Oliver Stotz in der Klangregie, Wolfgang Gosch für die Grafik und Website sowie Alice Lapitz haben wir ein hervorragendes Team beisammen, das auch noch Zuwachs bekommen wird.
Wie seht ihr die Zukunft von ähnlichen Räumen in Wien? Lässt sich die kontinuierliche Reduktion solcher Veranstaltungsstätten aufhalten? Wie kann dieser (Möglichkeits-)Raum-Mangel kompensiert werden?
Alisa Beck: Wie oben angesprochen, ist die Raumsituation gerade im Musikbereich ziemlich alarmierend und so einige Räume stehen unter einem hohen (ökonomischem) Druck. Mit etwa der Steinergasse 8 im 17. Bezirk oder dem Blue Tomato im 15. Bezirk sind Veranstaltungs- und Arbeitsräume der Szene weggefallen, die gerade für eine vielgestaltige, gewachsene und dezentrale Landschaft standen. Gegenüber den Interessen großer Immobilienplayer und in nicht gerade transparenten Entscheidungsprozessen, wenn es um „Revitalisierung“ und Leerstand geht, stehen Kulturinitiativen weiter hinten an oder gleich im Regen. Ein sehr wichtiges Handlungsfeld sehe ich im Bereich der Stadtentwicklung – da schauen wir in die Zukunft, entschieden wird aber schon jetzt. Eine Mehrzahl an Orten für Kunst und Kultur muss gerade in großen Stadtentwicklungsprojekten, die ganze neue Viertel wie am Nordwestbahngelände entstehen lassen, von Beginn an und vor allem verbindlich eingeplant werden!
Viele Musikerinnen und Musiker bzw. Künstlerinnen und Künstler leben sehr prekär. Was wären eure (kulturpolitischen) Ansätze, um diese Zustände zu verbessern? Seid ihr Befürworterinnen eines (bedingungslosen?) Grundeinkommens für Kulturschaffende und Künstlerinnen und Künstler?
Sara Zlanabitnig: Ich glaube, die diversen Hilfsfonds während Corona haben gezeigt, welches Potenzial ein regelmäßiges Einkommen für Künstlerinnen und Künstler haben könnte, ich habe die Erleichterung bei vielen Kunstschaffenden in meiner Umgebung mitbekommen. Ja, ein Grundeinkommen – übrigens für alle Menschen, nicht nur für Kunstschaffende – würde ich begrüßen!
Alisa Beck: Ich habe den Eindruck, dass das Thema Fair Pay in den letzten Jahren verstärkt öffentlich diskutiert und platziert wurde. Das ist nicht zuletzt dem Engagement der Interessenvertretungen, wie der IG Kultur Österreich auf Länder- und Bundesebene zu verdanken. Von Seiten des Kulturrat Österreich ist gerade auch ein umfassender Reader dazu veröffentlicht worden. Das Thema (bedingungsloses) Grundeinkommen ist ein sehr komplexes und vor allem gesamtgesellschaftliches, das ein eigenes Interview füllen könnte. In einer gezielten Umstrukturierung der Kulturförderlandschaft von projektbezogenen hin zu zusätzlich mehr langfristigen Förderinstrumenten wie Arbeitsstipendien, (Mehr-)Jahres- und Infrastrukturförderungen sehe ich einen seit langem notwendigen und wichtigen Schritt – das gilt es fortzuführen und auszubauen!
Ihr seid beide auch in anderen Kollektiven aktiv. Wird es Synergien und Kollaborationen zwischen diesen Kollektiven geben, die sich auch auf die Programmierung des echoraums niederschlagen werden? Der Jahresschwerpunkt 2021 lief unter dem Motto „Generationenwechsel“. Welche Schwerpunkte wollt ihr in der Jahresplanung für 2022 setzen?
Sara Zlanabitnig: Sicher wird es da oder dort Kollaborationen geben, grundsätzlich werden wir es aber tendenziell so halten, unsere unterschiedlichen Projekte nicht zu sehr zu vermischen. In meinem Fall kann ich die Arbeit, die wir mit Fraufeld verfolgen – nämlich Musikerinnen noch sichtbarer zu machen –, unabhängig vom Verein jederzeit auch im echoraum versuchen umzusetzen. Und was das Jahresendzeitschokoladenhohlkörperfestival anbelangt, gehen ständig Involvierte im echoraum ein und aus. Das liegt aber auch in der Natur der Sache, weil da über 30 Initiativen beteiligt sind, die allesamt experimentelle Musik veranstalten. Viele davon, etwa Veranstaltungsreihenbetreibende, sind auch permanent auf Raumsuche. Schwerpunkt unserer Jahresplanung für 2022 bleibt natürlich die Musik, einen Fokus legen wir aber auch auf Diskurs (mit der Reihe „Nachhall – Diskurs im echoraum“), ein anderer will intensives Zuhören fördern (mit der Reihe „Hörraum“). Beide Ansätze sind bekanntlich nicht wirklich neu im echoraum, sondern beziehen sich vielmehr auf dessen Geschichte.
Alisa Beck: Was Kooperationen betrifft, sehe ich die Zusammenarbeit mit Veranstalterinnen und Veranstaltern wie Der Dritte Blöde Mittwoch und XX Y X (und weiteren) im echoraum als sehr bereichernd. Hiermit werden kuratorische und künstlerische Positionen erweitert und hängen nicht allein von einem Leitungsteam ab. Als weiteren Schwerpunkt würde ich eine Reihe an Koproduktionen sehen: Es sind im kommenden Jahr vier Ausstellungen und vier Projekte aus dem Bereich Musikperformance geplant, die neue Formate für Musik und Bühne/Raum entwickeln und auch Künstlerinnen und Künstler involvieren, die bisher noch nicht im echoraum zu sehen und hören waren. Mit Anfang März laden wir zudem zur Saisoneröffnung, die hoffnungsvoll das Frühjahr einläuten soll!
Letztes Jahr entstand auch das gemeinschaftsbasierte Projekt „echoraeume – Verein zur Förderung virtueller und hybrider Kunstformen“. Wie steht ihr zur Virtualisierung von Veranstaltungen?
Sara Zlanabitnig: Das Team hinter den echoraeumen hat sehr engagiert an unterschiedlichen Optionen für Streaming-Formate geforscht und für uns war die Möglichkeit unsere Veranstaltungen abseits proprietärer, kommerzieller Streaming-Anbieter einem Publikum zugänglich zu machen, sehr willkommen! Gerade jetzt im vierten Lockdown erlebte das Streamen wieder ein Comeback. Es ist vor allem auch deshalb willkommen, weil Fördergelder nicht aufgespart werden müssen, sondern ausgezahlt werden können, auch wenn kein Spielbetrieb vor Publikum möglich ist. Auch wenn meine persönliche Vorliebe der Live-Betrieb bleiben wird, sind mit der Streaming-Option zukünftig die Weichen gestellt, um Hybrid-Formate umzusetzen und um unsere Reichweite (auch ins Ausland) zu vergrößern.
Alisa Beck: Nach einigen Jahren Pandemieerfahrung interessieren mich jetzt vor allem Ansätze, die sich sehr bewusst mit diesen Medien, Streaming und virtuellen Formaten auseinandersetzen und diese künstlerisch neu gestalten.
Gibt es noch aktuelle Anliegen, die ihr auf diesem Wege in den virtuellen öffentlichen Raum senden möchtet?
Alisa Beck und Sara Zlanabitnig: Herzliche Einladung an alle zu unserem Winterprogramm, das mit dem 15. Januar 2022 starten wird! Wir freuen uns auf die Ausstellung von Anat Stainberg mit einem dichten Performanceprogramm, Konzertabenden mit Anna Koch, punctum collective, Studierenden der MUK, Fluctuations & Josef Ka, Rdeča Raketa + Patrick K-H in der Reihe „XX Y X“, und unserem Hörraum #1 mit Nava Hemyari im Februar. Fingers crossed!
Herzlichen Dank für das Interview!
Michael Franz Woels
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