HECKSPOILER schießen auf ihrem neuen Album „Tokyo Drift“ (Noise Appeal, VÖ 10.6. 2022) ein lässiges Riff nach dem anderen raus. Nur mit Schlagzeug, Bass und nicht zu wenig Stimme erzeugen ANDREAS ZELKO und THOMAS HUTTERER (HECKSPOILER) einen extrem energiegeladenen und schweißtreibenden Sound. Gesungen und geschrien wird im oberösterreichischen Dialekt. Mit Michael Ternai sprechen die beiden Punkrocker darüber, warum Mundart für sie am besten passt, warum sie auf dem Land geblieben sind und wie sich das Landleben teils auch in ihren Lyrics widerspiegelt. Ihre Musik könne aber durchaus auch außerhalb des deutschsprachigen Raums funktionieren. Für Herbst steht eine Deutschland-Tournee an.
Ihr schließt mit „Tokyo Drift“ im Grunde genommen dort an, wo ihr auf „Synthetik Athletik“ aufgehört habt. Sprich, es geht einmal mehr die Post ab. Vielleicht sogar um eine Spur heftiger, denn wirklich den Fuß einmal kurz vom Gaspedal nehmt ihr nicht. Ein wirklich cooles kompromissloses Punkalbum. Ist diese Heftigkeit vielleicht auch ein wenig der Pandemie geschuldet? Hat sich da innerlich etwas aufgestaut?
Andreas Zelko: Das ist ein schönes Kompliment, das man, glaube ich, so stehen lassen kann. Ja, wir haben auch das Gefühl, dass wir mit „Tokyo Drift“ mehr oder weniger an unser letztes Album „Synthetik Athletik“ anknüpfen. Aber, dass dieses ein wenig mehr an Aggressivität und Wut jetzt mit Corona zu tun hat, kann man nicht wirklich sagen. Zumindest war das jetzt keine bewusste Entscheidung. Es ist bei uns ja nach dem letzten Album eigentlich nahtlos weitergegangen. Wir haben die Möglichkeit gehabt, einige Shows zu spielen. Unter Auflagen, aber doch. Wir haben uns weiterhin zu Proben getroffen und an Songs geschrieben. So gesehen war das jetzt nicht viel anders, als vor der Pandemie.
Auf jeden Fall schießt ihr auf dem Album einmal mehr ein lässiges Riff nach dem anderen raus. Wer kommt von euch mit diesen coolen Riffs daher?
Thomas Hutterer: Manche Riffs kommen von Andreas, die er aber auf der Gitarre geschrieben hat. Die muss ich dann für den Bass adaptieren und schauen, dass sie auch vom Sound her funktionieren. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Und es kommt auch schon vor, dass manche Riffs wieder verworfen werden, weil es sich eben nicht ganz ausgeht.
“Ich denke, es ist ganz einfach einfacher, zu zweit Kompromisse zu finden…”
Ich habe gelesen, dass ihr gleich zu Beginn die Entscheidung getroffen habt, nur mit Bass und Schlagzeug Musik machen zu wollen. Was gibt euch der Sound dieser Besetzung mehr, als wenn eine Gitarre dabei wäre?
Thomas Hutterer: Ich denke, es ist ganz einfach einfacher, zu zweit Kompromisse zu finden, als wenn noch jemand mit einer Gitarre dabei wäre.
Andreas Zelko: Es gibt bei uns beim Songwriting nur eine Richtung, und die ist immer Vollgas. Das ist unser Hauptaugenmerk und wir können diese Art von Vollgasrocksongs bzw. Vollgaspunksongs derzeit nur in dieser Konstellation praktizieren. Sollte es einmal in etwas ruhigere Gefilde gehen, würden wir uns zu zweit wahrscheinlich schwerer tun, weil eben Gitarre, Keyboards oder andere Effekte fehlen. Daher sind wir eigentlich in gewisser Weise dazu gezwungen, in diese Richtung zu gehen und Vollgas zu geben, dass es tuscht.
Das mit dem Vollgas geben kann man bei diesem Album nur bestätigen. Bis auf den Song „Maurice“, der etwas ruhiger beginnt, gibt es eigentlich keine Momente zum Luftholen. Das ist auch ein Unterschied zu eurem Debüt, auf dem es schon ein paar Nummern gegeben hat, die dann etwas Tempo rausgenommen haben.
Andreas Zelko: Das war schon beabsichtigt. Wobei „Maurice“ in der zweiten Hälfte auch zu einer ultraharten Nummer wird, in der extrem geschrien wird. Diese Schreierei haben wir auf „Synthetik Athletik“ ja weggelassen. Aber mit dieser Nummer, die von der sanftesten des Albums zur härtesten wird, wollten wir einen Kontrapunkt setzen.
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Auch vom Sound her wirkt „Tokyo Drift“ um eine Spur fetter als das Debüt. Habt ihr viel am Sound gearbeitet bzw. auch an den Songs? Seid ihr eher Tüftler oder lasst ihr euch dabei mehr vom Gefühl leiten?
Andreas Zelko: Teils, teils. Je länger ein Song herumliegt und nicht aufgenommen wird, desto mehr basteln wir im Endeffekt auch an ihm herum. Auf der anderen Seite kann es auch ganz schnell gehen. Wir haben einen Song auf dem Album, den wir zwei Wochen bevor wir ins Studio zum Aufnehmen gegangen sind, schnell mal geschrieben haben. Richtige Sound-Tüftler sind wir in dem Sinn aber nicht. Als wir jetzt im Studio waren, hatten wir schon den Wunsch, das Ganze im Gegensatz zu unserem Debüt ein wenig schneller und fetter durchzuziehen. Bei unserem ersten Album waren wir, muss man sagen, noch etwas grün hinter den Ohren. Das ganze Album haben wir damals immer nach der Arbeit aufgenommen. Am Anfang war das Schlagzeug dran, drei Monate später eine Gesangspur und so weiter. Beim Jetzigen haben wir es komplett anders gemacht und wussten genau, wie wir klingen wollen. Somit hatten wir in acht Studiotagen alles drin.
Wer sind eigentlich die Bands, die euch inspirieren?
Andreas Zelko: Ich wüsste eigentlich nur von einer Band, die uns in den letzten Jahren geprägt hat. Und komischerweise ist das eine, die drei Gitarristen hat. Es ist die norwegische Band Kvelertak. Aber ich denke, dass von den Melodien und der Rock ‘n’ Roll-Lastigkeit ihrer Musik her, schon ein wenig auch bei uns eingeflossen ist. Auf diese Band sind wir in den letzten zwei Jahren voll abgefahren. Aber sonst? Es gibt sehr wenige Bands, die nur mit Bass und Schlagzeug spielen und denen wir irgendwie nacheifern könnten. Daher müssen wir schon unsere eigenen Ideen entwickeln.
Eines eurer Markenzeichen ist ja, dass ihr im Dialekt singt. Eher ungewöhnlich für eine Punkband. Aber dennoch passt es bei euch super. Habt ihr schon nachgedacht, auch einmal ins Hochdeutsch zu wechseln?
Thomas Hutterer: Dieses Mal gibt es eh zwei, drei Nummern auf dem Album, die auf Hochdeutsch sind. „Angst“ zum Beispiel. Es ist halt so, dass sich unsere Texte und das, was wir mit ihnen transportieren wollen, nur schwer auf Hochdeutsch realisieren lassen. Die Texte funktionieren am besten im Dialekt. So kommen sie auch authentisch rüber. Daher fühlen wir uns in der Mundart am wohlsten.
Und funktioniert euer Dialekt auch außerhalb Österreichs?
Andreas Zelko: Wir haben schon einige Male in Deutschland gespielt. Und im Herbst steht auch eine größere Tour durch Deutschland an, die uns bis ganz in den Norden führen wird. Und da werden wir sehen, ob der Dialekt dort auch funktioniert. Wobei es ja nicht so ist, dass uns die Leute so überhaupt nicht verstehen. Davon gehe ich jetzt einmal nicht aus.
Thomas Hutterer: Sogar hier in Oberösterreich verstehen uns nicht alle (lacht).
Andreas Zelko: Und wenn man jetzt nochmal Kvelertak hernimmt. Die singen ja ausschließlich Norwegisch und haben damit Erfolg. Mir wäre bei Kvelertak noch nie etwas abgegangen, nur weil ich den Text nicht verstehe. Von da her sehe ich jetzt nichts, was dagegenspricht, dass unsere Musik auch außerhalb des deutschsprachigen Raumes funktionieren könnte.
Thomas Hutterer: Ich glaube, es reicht ja schon, wenn man einzelne Wortfetzen raushört und versteht. Wir wählen in unseren Texten ja bestimmte Wörter, die kraftvoll rüberkommen, ganz bewusst.
Weil du gerade die Texte ansprichst? Was sind die Geschichten die ihr erzählt bzw. Dinge, die ihr thematisiert?
Andreas Zelko: Ich würde sagen, dass die Texte der einzelnen Songs sehr unterschiedlich sind und immer ein anderes Thema haben. Was wir in unseren Texten nie verheimlichen, sind die Probleme hier am Land, wo wir leben. Bei „Profiliga“ geht es zum Beispiel darum, dass jeder zwar Profi sein will, aber nur so wenig wie möglich dafür trainieren will. Auf der anderen Seite geht es auch darum, dass es schon auch okay ist, wenn man einmal nichts tut und sich faul auf die Couch legt. „Angst“ kann man auch irgendwie auf’s Landleben beziehen. Viele Leute haben Ängste in sich, sie haben Angst vor dem, was ihnen nicht vertraut ist. Und oft können sie es sich selber nicht erklären, woher diese Angst wirklich kommt.
“Es mutet wirklich etwas paradox an, dass gerade wir, die hier leben, diese Super-Hau-Drauf-Action-Stress-Musik machen, aber diese Ruhe ist für mich einfach ungemein wichtig.”
Ihr habt euch ja bewusst dafür entschieden, am Land in Oberösterreich zu bleiben. Hat euch die große Stadt nie gereizt?
Andreas Zelko: Aus der Perspektive der Band würde ich sagen, dass ein wenig Stadt vielleicht gar nicht mal so verkehrt wäre. Auf der anderen Seite aber, genieße ich das Land und die Ruhe, die es bietet, sehr. Es mutet wirklich etwas paradox an, dass gerade wir, die hier leben, diese Super-Hau-Drauf-Action-Stress-Musik machen, aber diese Ruhe ist für mich einfach ungemein wichtig. Es ist für mich total stressfrei.
Thomas Hutterer: Es ist für mich immer ein großes Abenteuer, wenn wir mal in die Stadt schauen. Und für die Zeit ist es dann auch okay. Nur komme ich dann immer sehr gerne wieder zurück. Es ist schon sehr schön bei uns.
Eure Shows sind ja eine richtig schweißtreibende Angelegenheit. Ihr gebt auf der Bühne genauso Vollgas wie auf der Platte. Wie geht sich das kraftmäßig überhaupt aus?
Andreas Zelko: Da gibt es eine schwierige Regel. Wenig Bier vor einem Konzert. Dann läuft es einfach besser. Wichtig sind natürlich auch Proben. Ich glaube, das wird dir jede Band bestätigen können.
Thomas Hutterer: Man baut sich mit der Zeit natürlich eine Kondi auf. Und wie es Andreas gesagt hat, muss man sich schon vorbereiten. Man sollte die Sets vor einem Konzert schon ein paar Mal durchgespielt haben, damit es live dann auch knallt.
Vielen Dank für das Interview!
Michael Ternai
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