Musiker und Bands mit der Ambition, anders als der Rest zu sein, gibt es inzwischen zu Hauf, die Zahl jener aber, die es tatsächlich auch sind, hält sich in einem überschaubaren Rahmen. Das Erste Wiener Heimorgelorchester zählt zu diesen Ausnahmeerscheinungen, beschreitet es doch musikalisch wie auch textlich einen Weg, der überall hinführt, nur nicht in das Gewöhnliche und Belanglose. Die vier Herren Florian und Daniel Wisser, Jürgen Plank und Thomas Pfeffer zelebrieren einen Sound, der ganz ohne Zweifel der Kategorie „höchst eigenständig“ zuzuordnen ist. Kunstvoller, von Computern und Orgeln aus den 80er Jahren generierter Elektropop mit Tiefe, Humor und Sozialkritik. Eine nicht alltägliche und aus diesem Grund spannende Mischung. Mit „Ütöpie“ (Monkey Music) erscheint nun das neue Album der Wiener Truppe. Schon nach dem erstmaligen Durchhören ist klar, dass dem Ersten Wiener Heimorgelorchester einmal mehr ein wirklich faszinierendes Stück Popmusik gelungen ist. Präsentiert wird „Ütöpie“ am 21. April im Wiener Radiokulturhaus.
Was die 1994 gegründete Formation so besonders macht, ist vor allem ihr etwas aus dem Rahmen fallender Umgang mit dem Begriff der Popmusik. Die Art und Weise nämlich, wie das Wiener Quartett mit dessen Klischees spielt, diesen persifliert und humorvoll auseinandernimmt, kommt dem ganz großen musikalischen Kino schon recht nahe. Aktuelle, gerade populäre Musikströmungen wurden von Florian und Daniel Wisser, Jürgen Plank und Thomas Pfeffer noch nie als Orientierungspunkt herangezogen, vielmehr lässt sich ihr bisheriges Schaffen vor allem über die bewusste Verweigerung dieser wohl am treffendsten beschreiben. Ein Haltung, die auch auf dem neuen Album „Ütöpie“ ganz wunderbar zum Ausdruck kommt.
Erstes Wiener Heimorgelorchester – Käseleberkäse by mica
Es sind die ungewöhnlichen, weil sonst eigentlich kaum mehr verwendeten, Ingredienzen, aus welchen das Erste Wiener Heimorgelorchester seine Musik formt, die den Unterschied zu anderen Popformaten ausmachen. Keine Gitarrenklänge, kein Schlagzeug, kein wuchtiger treibender Bass, kein sonst noch etwas, alleine vier Orgeln sind es, die für den „etwas anderen“ Sound verantwortlich sind. Und dabei handelt es sich nicht einmal um teure Gerätschaften, sondern um billige „consumer keyboards“ der Marken Casio, Bontempi, Yamaha &Co, wie man sie im gewöhnlichen Handel bekommt. Was das Vierergespann aus dem zur Verfügung stehenden Equipment herausholt, ist an sich die wahre Kunst. Die Arrangements sowie das Songwriting sind durchdacht, soundtechnisch alles perfekt aufeinander abgestimmt, mit dem Ergebnis, dass auf dem neuen Album eine bärenstarke Nummer der anderen folgt.
Florian und Daniel Wisser, Jürgen Plank und Thomas Pfeffer beweisen mit „Ütöpie“ einmal mehr eindrucksvoll, welch kreatives und visionäres Arbeiten in der Popmusik immer noch möglich ist, dass es immer noch etwas zu sagen gibt und man dabei nicht unbedingt seine Eigenständigkeit aufgeben muss. Ein Album, das auf jeden Fall einer intensiven Hörprobe unterzogen werden sollte. (mt)