Ernesty International – „Beat of the Whale Heart”

Am 01.06.2023 ist das siebente Album von ERNESTY INTERNATIONAL auf EMG (Ernesty Music Group) erschienen. 

„Beat of the Whale Heart” heißt das mittlerweile siebente Album von Ernst Tiefenthaler, der seit 2007 als Ernesty International ehrliche Folkmusik veröffentlicht. 
Ehrlich insofern, da die Produktion die Komposition nicht verkleidet. Man bekommt auf Platte so in etwa genau das zu hören, was eine Band, besetzt mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Orgel, auch ohne große Effekthascherei auf der Bühne wiedergeben könnte. Von ein paar Overdubs mal abgesehen. Alles also auf der puristischen Seite ohne oberflächliche Augeblasenheit.
Die Musik möchte nicht anecken. Auch nicht unbedingt zum Tanz auffordern. Natürlich ist der Einfluss amerikanischer Folkmusiker hörbar. Vielmehr aber steht das Pseudeunoym für einen Auftrag. Laut Webseite ist Ernesty International eine gemeinnützige Organisation, deren Ziel es ist, mit Hilfe der Musik gegen globale und individuelle Gleichgültigkeit, Selbsttäuschung, Manipulation, Leblosigkeit, Kommunikationsunfähigkeit, Misanthropie und Einsamkeit zu kämpfen.

Wer sich das Album anhört, wird durch die Atmosphäre in eine Gemütslage versetzt, die man vielleicht mit dem Blick aufs Meer am letzten Urlaubstag vergleichen könnte. Das entschleunigt und beruhigt. Löst aber auch melancholische Emotionen aus, weil es tiefere Schichten unserer Psyche anregt. In einer beschleunigten Gegenwart findet man dazu immer seltener Gelegenheit.
Der Ozean hat für alle Menschen eine anziehende und faszinierende Wirkung. Ernst Tiefenthaler scheint sich mit seiner Musik sein virtuelles Haus am Meer zu bauen. So spielen viele Metaphern in den Songs rund um das Leben im – oder auf das geheimnisvolle ”Paralleluniversum“ Ozean an. 

Zunächst natürlich der Titelsong „Beat of the Whale Heart“. Mit 10bpm ist der Blauwal das Tier mit der langsamsten Herzfrequenz. Ganz so langsam sind die Songs nicht. Tempomäßig befindet sich das Metrum im Durchschnitt auf der entspannten Ruhepuls Skala um die 60BPM. „Hearts Out“ ist mit 56bpm sogar ewas langsamer als der Sekundenzeiger.
In „Shipwrecked“ dringen das Album in die metaphorische Tiefsee. Das klingt am Ende auch gefährlich sehnsüchtig.

All of your mistakes all your seclusions and all of your shame She washed all that from your face 
All of your heartaches all of your labyrinths and all of your hate She took them in her embrace. 

Als letzten Song auf dem Album hat die Hoffnung auf Erlösung im Tod somit eine nahezu biblische Wirkung. Aber gerade dieses mystische Element ruft die Sehnsucht des nicht Greifbaren hervor. 
Ansonsten bleibt bei aller Ernsthaftigkeit aber zwischendurch immer wieder Platz für „Ernestyhaftigkeit“. Damit ist ein ernster Hang zum Absurden gemeint. So ist beispielsweise auf der Facebookseite des Künstlers noch immer eine Verlinkung zu dem alten Myspace Profil versehen. Dieses Social Media Netzwerk ist mittlerweile so etwas wie das Kuriosiätenmuseum aus der Gründerzeit der digitalen Persönlichkeitsvermarktung.  
Pseudonym sowie Namensgebung des eigenen Musiklabels EMG Ernesty Music Group sind demnach durchaus ironisch zu interpretieren. 

„Beat of the Whale Heart“ ist ein wirklich schönes, wie auch handwerklich gutes und wirkungsvolles Album, das musikalisch das Rad nicht neu zu erfinden versucht. Bei aller Schlichtheit und Gelassenheit der Produktion liegt hier der Fokus auf poetische Lyrics und einer Transportation einer tiefgehenden Sinneswahrnehmung.

Oder um es in den Worten des Künstlers zu sagen: „Musikalisch ist alles wie immer, nur mit ein bisschen mehr Rap.”

Dominik Beyer

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Links:
Ernesty International
Ernesto International (myspace)