„Erfolg hängt mit der Qualität der Musik oft gar nicht zusammen“ – ENGEL MAYR im mica-Interview

Der Gitarrist ENGELBERT MAYR ist mit Blues, Rock und Metal aufgewachsen und betreibt neben Bandbeteiligungen wie RUSSKAJA sein Solo-Projekt ENGEL MAYR. Das neue Album „Sacred Crow“ (Time Zone Records) wurde an nur einem Tag eingespielt. Im Interview mit Jürgen Plank erzählt ENGEL MAYR, wie er Lieder erarbeitet, auf welche Musiker er sich bezieht und warum ihn alle seit der Volksschule Engel nennen.

Wie ist der Bandname Engel Mayr entstanden?

Engel Mayr: Das ist eigentlich mein eigener Name, ich habe neben den anderen Bandprojekten immer auch meine eigene Musik veröffentlicht. Mein bürgerlicher Name ist eigentlich Engelbert Mayr und das hat aber schon in der Volkschule niemand gesagt. Deswegen ist mein Name Engel, so werde ich auch angesprochen.

Was war der Anstoß für Sie, nun wieder ein Solo-Album zu machen?

Engel Mayr: Ich mache das eh laufend. Ich bin ein Musiker, der neben den unterschiedlichen Bandprojekten auch immer komponiert. Ich überlege dann immer, für welche Band die Komposition in Frage kommt.

„Von dort komme ich her: Hendrix, Led Zeppelin und ZZ Top“

Wie sammeln Sie Ideen für Lieder?

Engel Mayr: Üblicherweise, wenn ich gerade auf Tour bin, spiele ich eine musikalische Idee in mein Handy hinein. Oder ich schreibe ein paar Textzeilen in mein Handy. Das ist bei Russkaja genauso. Die Skizze wird rudimentär aufgenommen und wenn sie zu Russkaja passt, dann kommt sie sozusagen in den Russkaja-Ideenpool. Wenn es mehr in Richtung Blues-Rock geht, dann ist das mein persönlicher Hintergrund und kommt in diesen Pool. Von dort komme ich her: Hendrix, Led Zeppelin und ZZ Top. Wenn wieder genügend Material da ist, gehe ich mit den beiden Jungs in Studio und wir nehmen das relativ schnell auf.

Der Arbeitsprozess bei einem Solo-Album und bei einem Russkaja-Album ist somit ähnlich?

Engel Mayr: Der Arbeitsprozess ist immer ähnlich, nur beim Solo-Projekt geht es flotter. Auch weil die Musik, die ich solo mache, nicht so ausproduziert ist.

Gibt es einen Moment beim Songwriting, in dem Sie wissen, dass ein Werk funktioniert und abgeschlossen werden kann?

Engel Mayr: Es gibt so einen Moment nach der ersten Idee, in dem man sich denkt: das ist irgendwie geil. Das passiert beim Durchhören. Und dann habe ich sozusagen Feuer gefangen und arbeite an einer Idee weiter.

Ihr Solo-Album „Sacred Cow“ ist sehr rockig und geht in Richtung Blues. Ist so ein Album auch mal die Gelegenheit, es richtig krachen zu lassen, wenn das bei den anderen Projekten eher eingeschränkt möglich ist?

Albumcover “Sacred Cow”

Engel Mayr: Ja, das kann man schon so sagen. Ich fühle mich bei den anderen Projekten nicht eingeschränkt, aber es ist ein anderes Musizieren, wenn ich im Trio spiele. Da ist alles – auch bei den Live-Shows – sehr frei. Ich kann mir aussuchen, wie lange welcher Teil ist, das ist sehr spontan und variiert von Show zu Show. Bei größeren Produktionen, wie bei Russkaja, ist die Show klar durchstrukturiert. Da ist es nicht möglich, den Soloteil länger zu spielen, weil mir gerade danach ist. Im Bereich Pop und Rock ist alles durcharrangiert.

Im Unterschied zum aktuellen Album?

Engel Mayr: Auf der Platte sind Gitarren-Soli drauf, die würden bei noch einem Take ganz anders klingen. Das ist sehr spontan, die Soli sind im gemeinsamen Spiel entstanden, da wurde nicht danach noch einmal drüber gespielt.

Wenn Sie sich auf Blues beziehen, auf welche Musiker hören Sie dann?

Engel Mayr: Für mich gibt es zwei Schienen. Das sind zum einen die Klassiker. Diese Schiene reicht von Hendrix bis Muddy Waters, Buddy Guy und Robert Johnson. Die alte Riege, sozusagen. Und ich habe aber das Gefühl, dass in den letzten 10 Jahren einige sehr gute Blues-Gitarristen dazu gekommen sind. Einige sind sehr bekannt geworden, andere sind weniger bekannt geworden und spielen aber genauso gut. Weltweit berühmt ist zum Beispiel Joe Bonamassa, der ist unglaublich. Josh Swift ist auch ein Super-Gitarrist, der ist weniger bekannt geworden, warum auch immer. Wir wissen ja, Erfolg hängt mit der Qualität der Musik oft gar nicht zusammen. Das ist auch eine Frage des Marketings. Und es gibt einen südafrikanischen Gitarristen namens Dan Patlansky, der auch nicht wirklich bekannt ist, aber super spielt.

Im Booklet zur aktuellen CD sind Sie in einem Kiss-T-Shirt abgebildet. Sind Sie ein großer Kiss-Fan?

Engel Mayr: Ja, ich bin immer schon Kiss-Fan gewesen. Ich bin mit Rock und Blues und ein wenig Metal aufgewachsen und das sind die Bands, die ich auch heute noch mag, das geht von AC/DC bis Kiss und Aerosmith.

„Wenn ich zum Beispiel ‘The Thrill Is Gone’, eine alte Nummer von B.B. King hernehme, dann sehe ich, dass es nicht viel Text braucht“ 

Interessiert Sie an Kiss auch das Show-Element?

Engel Mayr: Nein, das kann ich verneinen. Mir war die Show bei Bands nie wichtig. Es gibt zum Beispiel eine Band, die ich abgöttisch verehre, die Band King’s X. Die hat nie kommerziellen Erfolg gehabt, aber – die hat schon in den 1980er-Jahren angefangen – wenn man sich deren Konzerte ansieht, dann gibt es da keine Live-Show. Die gehen als Trio auf die Bühne und machen einfach von Herzen gute Musik. Das könnte aber auch ein dafür Grund sein, warum sie nie großen Erfolg gehabt haben.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Zwei Lied-Texte, zu „Turn it up“ und zu „Pain“, auf Ihrem neuen Album sind mir aufgefallen, weil sie sehr kurz sind – nur ein Satz. Ist das ein Bluesverweis oder warum sind diese Texte so konzentriert?

Engel Mayr: Das ist schon ein Bluesverweis, denn wenn ich mir alte Bluesstücke angehört habe, ist mir aufgefallen, dass es oft nicht viel Text gibt. Wenn ich zum Beispiel „The Thrill Is Gone“, eine alte Nummer von B.B. King hernehme, dann sehe ich, dass es nicht viel Text braucht. Es braucht auch nicht viele Arrangements, man kann das also definitiv als Querverweis auf den alten Blues sehen.

Werden Sie in Zukunft eher die Bandprojekte wie die Hallucination Company verfolgen oder Solo-Alben als Engel Mayr machen?

Engel Mayr: Bei der Hallucination Company bin ich auch noch, aber seit Wickerl Adam vor ein paar Jahren einen Schlaganfall gehabt hat, passiert da relativ wenig. Wickerl ruft ungefähr zwei Mal im Jahr an wegen eines Konzerts und wenn ich Zeit habe, spiele ich jederzeit gerne mit. Mein Plan ist, dass ich genauso weiter mache wie bisher. Das funktioniert nebeneinander ganz gut: ich bin sehr happy mit dem Solo-Album. Ich finde, ich habe ein cooles Album herausgebracht, wenn ich das so über mich selbst sagen darf.

Bild Engel Mayr
Bild (c) Engel Mayr

„Vielleicht gibt es ja schon längere wissenschaftliche Abhandlungen, warum Menschen ein bestimmtes Instrument wählen“

Warum ist eigentlich die Gitarre Ihr Instrument?

Engel Mayr: Das habe ich mich selbst schon oft gefragt, denn als Gitarrist muss man immer diese schweren Verstärker schleppen. Da frage ich mich, warum ich nicht Saxophon gelernt habe. Aber das ist tatsächlich eine Frage, die man nicht so leicht beantworten kann. Vielleicht gibt es ja schon längere wissenschaftliche Abhandlungen, warum Menschen ein bestimmtes Instrument wählen. Ich habe ja selbst längere Zeit in Musikschulen unterrichtet, da habe ich mich das auch immer gefragt.

Wie sieht die Antwort für Sie persönlich aus?

Engel Mayr: Ich habe schon im Alter von 4 Jahren mit einer Plastikgitarre quasi eine Rock’n’Roll-Gitarre mimisch nachgeahmt. Da war meinen Eltern klar: der wird wahrscheinlich ein Gitarrist werden. Mit 7 Jahren habe ich dann gesagt, dass ich Gitarre spielen will und mit 8 Jahren ist es mit dem Unterricht losgegangen. Es war immer natürlich für mich, Gitarre zu spielen, ich habe nie darüber nachgedacht. Manchmal sagen Studentinnen und Studenten an der Uni, dass es ihnen schwerfällt, sich wirklich für ein paar Stunden am Tag hin zu setzen und zu üben. Für mich war das immer das Schönste, mich in der Früh hinzusetzen, Gitarre zu spielen, zu üben und Musik zu machen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jürgen Plank

Links:
Engel Mayr
Engel Mayr (Facebook)
Time Zone Records