Im Jänner 2025 veröffentlicht diese Band ihr zweites Album, hinter THE NEW MOURNING gibt es ein klares musikalisches Konzept: einfache Songs mit zwei Akkorden. Auch die Texte sind auf einige Vierzeiler reduziert, ein Stück am neuen Album ist instrumental. Mastermind Thomas Pronai erzählt im Interview mit Jürgen Plank von seiner eigenen musikalischen Entwicklung, warum er auch bei der Studioarbeit Reduktion bevorzugt und welche Anregungen er von einer Deutschland-Tour mit Pete Astor mitgenommen hat.
Euer Album heißt „Songs Of Confusion“, welche Verwirrungen deutet der Titel an?
Thomas Pronai: Den Titel zu erklären, würde den Titel entzaubern. Die confusion soll ja für jeden anders sein. Jeder kann sich die confusion selbst überlegen. Durch den Inhalt des Albums, sprich durch die Lieder und die Texte, geht die confusion bei jedem in eine andere Richtung. Ich bin ein Freund davon, das offen zu halten. Die Texte kommen zwar direkt von meinen Befindlichkeiten und meinen Problemen, aber ich formuliere sie so, dass es nicht klar ist, um welche Probleme es konkret geht. So kann jeder seine eigenen Probleme hineininterpretieren.
Ein Lied zu schreiben, ist vielleicht eine Art mit Verwirrung, mit Problemen umzugehen.
Thomas Pronai: Ja, einen Song zu schreiben ist für mich lebenswichtig, weil das mein Ventil ist. Aber dieses Ventil muss ja nicht jeder verstehen, es ist einfach mein persönliches Ventil. Ein Album kann man grob so beschreiben: ein Album ist eine Lebensabschnitt-Aufnahme. Da liegt ganz viel Persönliches drinnen, aber es ist mein persönlicher Umgang damit und es geht im Grunde niemanden etwas an, wie mein eigener Zugang ist.
An diesem Album hat auch dein Bandkollege Georg Allacher mitgeschrieben, wie seid ihr vorgegangen?
Thomas Pronai: Genau, ja. Im Grunde habe ich es immer offengelassen, dass die anderen Mitglieder auch Lieder bringen. Es hat sich bisher noch nicht ergeben und Georg hat sich auch erst einarbeiten müssen, in die Ideen von Sound und Songwriting. So hat es sich jetzt ergeben, dass er Songs beisteuert.
Wenn man deine bisherigen Bands überblickt, könnte man verkürzt sagen: mit THE BEAUTIFUL KANTINE BAND und BO CANDY wart ihr eher in Richtung 1950er bzw. 1960er-Jahre angesiedelt. Jetzt seid ihr in den 1980er bzw. 1990er-Jahren angekommen. Wie siehst du selbst diese musikalische Entwicklung?
Thomas Pronai: So wie ein Album eine Momentaufnahme eines Lebensabschnittes von mir ist, sind auch die Bands Momentaufnahmen von dem, was mich musikalisch gerade inspiriert, bewegt und beschäftigt. Das waren mit THE BEAUTIFUL KANTINE BANDeben die Sixties, das hat damals noch im Teenager-Alter begonnen. Ich bin plötzlich direkt von Grunge zu THE KINKS gekommen. Über THE BEAUTIFUL KANTINE BAND bin ich dann mehr zu Songwriting, Folk und Blues gekommen und meine Musik hat sich mehr in diese Richtung entwickelt. THE NEW MOURNING macht jetzt die Essenz aus all diesen Stationen aus: was mich in den 1990er-Jahren als Teenager zum Musikmachen bewegt hat, davon ist ganz viel drinnen, aber verbunden mit all diesen Erfahrungen, die ich mit den anderen Bands gesammelt habe.
„MAN VERARBEITET IN DER MUSIK UND IM LEBEN ERFAHRUNGEN UND DARAUS ENTWICKELN SICH NEUE IDEEN UND ZUGÄNGE“
Welche konkreten Erfahrungen hast du verarbeitet und was ergibt sich daraus für THE NEW MOURNING?
Thomas Pronai: Konkret kann ich nie etwas sagen… Musikmachen ist ja nichts Konkretes, das ist ja im Grunde abstrakt.
Es geht um den Zugang zu Sounds, zum Songwriting. Man verarbeitet in der Musik und im Leben Erfahrungen und daraus entwickeln sich neue Ideen und Zugänge. Ich mache jetzt seit rund 25 Jahren Musik und Musik ist ja unerschöpflich, du findest immer wieder neue Inspirationen. All diese Inspirationen bleiben irgendwo hängen. Eine konkrete Erfahrung kann ich schon sagen: bei THE NEW MOURNING gibt es eben das Konzept bzw. eher die Herausforderung, Songs mit nur 2 Akkorden zu schreiben und die Texte als Vierzeiler zu lassen, zum Beispiel mit 2 oder 3 Vierzeilern.
Also kurze, prägnante Texte. Durch die Erfahrung der letzten Jahre, weiß ich, dass Songwriting im Dylan-Stil, wie ich es bei BO CANDY zum Teil versucht habe, einfach nichts für mich ist. Ich habe das versucht, weil es mir Spaß gemacht hat. Ich habe das als Herausforderung gesehen, bin aber draufgekommen, dass es nicht aus mir heraussprudelt. Es war wirklich harte Arbeit. Deshalb ist THE NEW MOURNING das Projekt, bei dem ich es mehr heraussprudeln lasse und deswegen gibt es in diesem Projekt wirklich dieses Minimalistische, im musikalischen und textlichen Bereich.
Wenn man von den 1990er-Jahren aus musikalisch weiterdenkt, kommt man zu den Nuller-Jahren: inwiefern wäre für dich ein Elektronik-Album vorstellbar?
Thomas Pronai: Im Moment kann ich mir das gar nicht vorstellen, weil mich die Arbeit am Computer in allen Belangen nervt. Ich habe jetzt zwar wieder einen Computer im Studio stehen, der als Aufnahmemedium fungiert, so wie ich es in den 1990er-Jahren auch schon gehabt habe, bevor ich wieder zu den Bandmaschinen zurückgegangen bin. Aber mich macht diese Computerarbeit fertig. Auch Büroarbeit zu Hause, ich versuche mich da immer so minimalistisch wie möglich durchzuschlängeln.
Genauso ist es für mich mit elektronischer Musik, die ist in meinem Kosmos nicht drinnen. Als zweiter Aspekt kommt für mich dazu, dass ich es beim Zuhören nicht leiden kann, wenn etwas glatt und fehlerfrei gemacht ist. Das muss ja bei der elektronischen Musik so sein, das geht ja gar nicht anders, wenn der Computer das Metrumvorgibt und patterns abspielt, dann ist die Musik voll in time. Und das mag ich nicht. Ich mag es, wenn man merkt, dass etwas wackelt, dass es live gespielt wurde. Wenn die time nicht von Anfang bis zum Ende gleich ist, das ist mein Zugang zu Musik.
In einem Pressetext über euer Projekt fällt auch der Name Pete Astor, dessen Album „Time on earth“ ich sehr schätze. Welche Verbindung gibt es zu ihm?
Thomas Pronai: Im Jahr 2018 durfte ich Schlagzeuger auf seiner Deutschland-Tour sein, da hat James Hoare aus London Gitarre gespielt. Damals war BO CANDY quasi schon ad acta gelegt und das neue Projekt war schon im Kopf aber noch nicht ganz konkret, auch wenn ich bereits überlegt habe, wer dabei sein könnte. Auf dieser Tour mit Pete Astor habe ich einen Live-Zugang erlebt, den ich so in Österreich noch nicht kannte. Ich habe es zwar schon immer so gehandhabt, aber Bands in Österreich haben einen anderen Zugang zu Live-Musik, als ich es bei der Tour mit Pete Astor erlebt habe: wir haben nicht geprobt, wir haben uns in Münster zum Soundcheck getroffen, haben ein paar Lieder angespielt und danach fünf Konzerte miteinander gespielt. Das waren Pop-Lieder im Rock’n’Roll-Gewand, also so ähnlich wie bei THE NEW MOURNING, und wir haben einfach drauflos gespielt und das Set hat sich bei jedem Konzert entwickelt. Wir haben uns beim Soundcheck jeweils besprochen, Spaß daran gehabt, live zu spielen und haben einfach drauflos gespielt. Das hat mir großen Spaß gemacht und die Lieder waren auch sehr einfach und so hat sich auf dieser Tour die Idee zu THE NEW MOURNING entwickelt.
Ihr werdet demnächst auch auf Tour sein. Werdet ihr das bei euren anstehenden Konzerten so ähnlich machen?
Thomas Pronai: Im Grunde ja. Das habe ich davor auch schon so gehandhabt. Die zwei Allachers wohnen ja in Gols und Michi ist aus Inzell in Bayern. Wir haben eigentlich nie eine Probe zu viert bevor wir auf Tour gehen. Wir treffen uns einmal zu dritt, jetzt treffen wir uns mit dem neuen Material sogar zwei Mal zu dritt und haben das kurz erarbeitet. Zu viert spielen wir die Songs zum ersten Mal im Radiokulturhaus.
Das bedeutet, dass sich die Songs wie bei Astor auch immer wieder verändern.
Thomas Pronai: Ja, die verändern sich ständig. Es wurde ja nichts fix aufgeschrieben. Auch das Album ist eine Momentaufnahme, so wie wir die Lieder aufgenommen haben, ist das eine Momentaufnahme. Wie sich die Lieder entwickeln, weiß man nicht, jedes Konzert ist ein bisschen anders.
Du bist als Studio-Betreiber für die Verwendung von analogen Geräten bekannt. Ergeben sich durch die Geräte Einschränkungen?
Thomas Pronai: Das analoge Arbeiten war für mich immer eine Einschränkung. Aber das war eine absichtliche Einschränkung, aus der Tatsache heraus, dass ich mit Computern nicht umgehen kann. Ich bin nur deswegen zum Analogen gekommen, weil ich mich einschränken wollte. Weil ich mit den unendlichen Möglichkeiten, die das Digitale bietet und die als Vorteile des Digitalen gesehen werden, einfach nicht umgehen kann. Ich brauche die Einschränkung, um meine Arbeit zu machen.
Gibt es am neuen Album einen Song, der für dich eine besondere Bedeutung hat?
Thomas Pronai: Auch am letzten Album gab es einen Song, bei dem ich das Gefühl hatte: da ist alles aufgegangen, was ich mir so unter dieser Band und dem Songwriting vorgestellt habe. Das ist auf diesem Album das Lied „Ease the pain“, wobei ich aber mit dem Sound nicht ganz happy bin, weil die Aufnahme den Song eigentlich nur festgehalten hat. Wir haben eine Studiosession von einem Tag gehabt, da haben wir zwei Lieder aufgenommen und für „Ease the pain“ war eigentlich keine Zeit mehr. Wir haben das Lied dann kurz angespielt, die Idee kurz ausprobiert und eine Probeaufnahme gemacht, um das Lied festzuhalten. Damit wir bei der nächsten Session daran arbeiten können. Weil wir aber insgesamt nicht mehr Zeit gehabt haben, war das Festgehaltene schon das Fixe. Deswegen bin ich nicht ganz happy, weil sich das Lied nach dem ersten Auftritt in eine etwas andere Richtung entwickelt hat, die mir lieber gewesen wäre. Aber so ist das halt, das muss man in Kauf nehmen, wenn man so arbeitet wie wir. Grundsätzlich bin ich mit dem Song aber sehr happy, er ist so, wie ich die Songs gerne hätte.
Herzlichen Dank für das Interview.
Jürgen Plank
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The New Mourning live
16.01.25, Radiokulturhaus, Wien
22.01.25: Wagenhallen, Stuttgart
23.01.25: Glockenbach Werkstatt, München
24.01.25: Mood Club, Memmingen
25.01.25: Westtor, Murnau
13.03.25: Café Wolf, Graz
14.03.25: Hildegard Bar, Kirchdorf an der Krems
15.03.25: Csello, Oslip
05.04.25: Kinowerkstatt, Wasserburg am Inn
13.06.25: Kulturbahnhof, Andelsbuch
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Noise Appeal Records