Aus Salzburg stammt die GLUE CREW. Deren neues Album „Kleben und kleben lassen“ wird demnächst live präsentiert. Jürgen Plank hat mit der Band über das Musikbusiness, das in einem der neuen Songs thematisiert wird, genauso gesprochen wie über Live-Erfahrungen und das Musikmachen in Zeiten von Streaming. Außerdem erzählen die Musiker davon wie sie musikalische Verbindungen zwischen Punk und Rap herstellen und warum sie auch Ska, Austropop und Mundart-Texte einfließen lassen. Was das alles mit Freddie Mercury, Manu Chao und Heintje zu tun hat, löst die Band im Gespräch ebenfalls auf.
Ihr macht musikalisch eine ungewöhnliche Mischung aus Punk, Ska, Rap und Austropop. Wie ist diese entstanden?
Thomas Mulitzer: Wir haben neben unseren Wurzeln im Punkrock immer schon Einflüsse von Ska und Reggae gehabt, und da wir in Mundart singen, war es bei manchen Songs so, dass die in Richtung Austropop gegangen sind. Dadurch haben wir ein breites Spektrum an punkigem Austropop oder Austropop mit Punk-Feeling und können somit musikalisch recht viel abdecken.
Benedikt Emig: Wir sind jetzt zu viert und wollten ein Album machen, das unsere vielfältigen Einflüsse widerspiegelt, jeder wirft da Ideen in den Arbeitsprozess. Durch die neue Besetzung kommen da schon viele Ideen zusammen, dir wir dann gemeinsam ausgearbeitet haben.
Von österreichischen Bands habe ich schon oft gehört, dass die Anfänge der einzelnen Musiker:innen in der Blaskapelle waren. Ihr verwendet auch Bläser-Sätze, wie war das bei euch?
Thomas Mulitzer: Unser Bassist Wolfi hat seine musikalische Sozialisation auf der Trompete begonnen, und ich habe lange Klarinette gespielt und war tatsächlich bis zum Alter von 18 Jahren in einer Blasmusikkapelle. Bei einigen Lieder hört man das vielleicht sogar, bei „YN/YNG“ zum Beispiel spielen eine Tuba, eine Trompete und eine Posaune mit, das ergibt ein schönes Polka-Feeling. Polka hat ja durchaus Ähnlichkeiten zum Punk, was den Rhythmus betrifft. Bei „König der Verlierer“ sind auch eine Trompete und eine Posaune dabei, der Song geht allerdings mehr in Richtung Latin.
Diese Querverbindungen in Richtung Lateinamerika würde ich auch sehen, warum habt ihr diesen Latino-Touch dazu genommen?
Andreas Posch: Wolfgang ist ein großer Fan von Manu Chao, von Bands aus Mexiko und Spanien. Er bringt immer wieder mal ein Reggae- oder Latin-Feeling in unsere Musik ein.
Manu Chao benennt ihr nicht mit einem Songtitel, aber dafür Machine Gun Kelly, der musikalisch auch eine Mischung aus Rap und Rock macht.
Thomas Mulitzer: Viele Leute sagen, dass Machine Gun Kelly Punkrock zurück in den Mainstream holt. Wolfgang hat dieses Thema aufgegriffen und dazu einen Song geschrieben, der so ist, wie er sich einen Song von Machine Gun Kelly vorstellt: Pop-Punk mit Rap-Elementen. Da keiner von uns wirklich Machine Gun Kelly hört, wissen wir nicht, ob uns das Unterfangen gelungen ist. Auch textlich ist der Song cool geworden, es geht um das Streben nach Unabhängigkeit und den Drang, die Erwartungen der Gesellschaft nicht mehr zu erfüllen. Das Leben ist zu kurz, um sich anzupassen oder sich mit Hatern abzugeben.
„ALLES IN ALLEM IST DAS MUSIKBUSINESS RECHT SCHWIERIG, ABER WIR LASSEN UNS NICHT UNTERKRIEGEN“
Ihr thematisiert auf dieser Platte immer wieder das Musikmachen an sich. Ein Lied heißt „Business“ und bezieht sich auf kritische Weise auf das Musikbusiness. Ein Lied gegen das Musikbusiness, obwohl ihr natürlich mittendrin und bei einem Label und auf Spotify etc. seid. Wie seht ihr dieses Spannungsfeld?
Thomas Mulitzer: Je mehr man da hineinblickt, umso mehr sieht man, was für ein besch…. Business das ist. Es bestehen oft prekäre Verhältnisse, nicht nur bei Musiker:innen, sondern auch bei allen anderen Beteiligten. Wenn es um Förderungen geht, ist es nach wie vor so, dass die sogenannte Hochkultur viel stärker gefördert wird als die Populärmusik. Und wenn man in einer Nische agiert, macht es das natürlich auch nicht einfacher.
Oder das Streaming-Thema: Plattformen wie Spotify verdienen einen Haufen Kohle und die Bands bekommen wenig bis gar nichts. Der Großteil geht an die großen Acts, und die kleinen Labels und kleinen Bands gehen vollkommen unter. Alles in allem ist das Musikbusiness recht schwierig, aber wir lassen uns nicht unterkriegen.
Im Lied „5 Millionen“ sagt ihr: wir machen mit Musik weiter, obwohl es so schwierig ist, obwohl wir etwa eine weite Anreise zu einem Konzert haben und schlecht bezahlt werden. Ist das eine wahre Geschichte, die ihr mit diesem Lied erzählt?
Thomas Mulitzer: Es gibt ja diesen Witz oder dieses Meme, in dem eine Band Equipment im Wert von 5000 Euro in ein Auto einlädt, das 500 Euro wert ist, und für den Gig gibt es dann 50 Euro. Bei uns ist es oft so, dass wir stundenlang zu einem Gig fahren, obwohl wir gerade von der Arbeit kommen, und unterwegs streitet man sich wegen irgendeiner dummen Kleinigkeit, aber wenn man dann auf der Bühne steht, merkt man wieder, wie schön das ist. Wenn man sieht, dass die Leute Spaß haben und tanzen, macht das Ganze auf einmal doch wieder Sinn.
Benedikt Emig: Das Live-Spielen ist schon cool, wenn man merkt, dass die Leute sich bewegen und mitgehen. Oder nach dem Konzert herkommen und sagen, dass es ihnen gefallen hat.
„DIE GLUE CREW IST DAS BESTE EXPORTGUT SALZBURGS SEIT DER MOZARTKUGEL“
Eure Texte sind oft kritisch, aber es gibt immer wieder eine humorvolle Ebene. Wie wichtig ist euch Humor?
Andreas Posch: Sehr wichtig. Man darf auch schimpfen, aber wenn man immer nur griesgrämig ist, macht es auch keinen Spaß, wenn man sich die ganze Zeit aufregt. Durch Humor kann man sehr viel ausdrücken. Lebensbejahendes oder Kritisches, da ist Humor ein guter und wichtiger Weg.
Benedikt Emig: Das Leben ist ernst genug, da sollte man sich auch eine Gaudi machen.
Was macht für euch Glue Crew aus?
Thomas Mulitzer: Die Glue Crew ist das beste Exportgut Salzburgs seit der Mozartkugel. Schärfer als Pongauer Vogelbeerschnaps, süßer als Salzburger Nockerl und energiegeladener als eine Palette Red Bull. So steht’s zumindest in unserem Promotext. Wir drücken uns in den Songs so aus, wie uns der Schnabel gewachsen ist, wir sagen, was wir fühlen und denken, und machen Musik, die von Herzen kommt. Und wir hoffen, das spürt man.
Wünscht ihr euch, dass aus 30 Leuten bei Konzerten bald 3000 und in weiterer Folge 30.000, ein volles Stadion, werden?
Andreas Posch: Letztes Jahr war es schon ein bisschen so: Da spielen wir an einem Tag vor 600 Leuten, dann sind es 30 und am Tag darauf 150. Diesen Kontrast von einem vollem Haus und ein paar Besucher:innen. Man sagt ja immer, man soll vor 5 Leuten genauso spielen wie vor 5000. Das machen wir im Grunde auch, weil die, die da sind, haben das Recht eine Show und Performance zu kriegen.
Thomas Mulitzer: Wenn von 30 Leuten einer nach der Show zu uns kommt und sagt, dass es ihm gefallen hat, dann hat sich das schon ausgezahlt.
Benedikt Emig: Die Stadien kommen jetzt demnächst.
Beim Album-Titel „Kleben und kleben lassen“ denke ich sofort an die Klimakleber.
Thomas Mulitzer: Der Titel hat sich wegen unseres Bandnamens Glue Crew angeboten. Dieses Wortspiel war schon früher da und hat durch die Klimakleber seinen eigenen Weg genommen. Wir sind zwar grundsätzlich dafür, dass man demonstrieren und rebellieren sollte, besonders wenn es um den Erhalt unseres Planeten geht, aber mit dem Albumtitel wollten wir eigentlich kein politisches Statement setzen. Es ging primär um das Wortspiel.
Wann würdet ihr euch festkleben?
Andreas Posch: An der Gitarre. Grundsätzlich soll sich jeder festkleben wo er will, solange kein anderer dadurch gefährdet wird.
Benedikt Emig: Oder zur Sperrstunde an der Bräustüberl-Schank.
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Ihr habt am Anfang des Liedes „La Famiglia“ einen O-Ton von Bundespräsident Van der Bellen hineingeschnitten, bei dem es um die Demokratie geht. Seht ihr im Moment eine Schieflage in Bezug auf die Demokratie, die ihr thematisieren wolltet?
Andreas Posch: Ja, schon. Den Song habe ich geschrieben, in einem Moment, in dem politisch schon wieder ein Skandal passiert ist. Wenn wir den Song live spielen und tagespolitische Ansagen dazu machen, ist zu bemerken, dass einem leider nie die Themen ausgehen.
Wie habt ihr das neue Album aufgenommen und produziert?
Thomas Mulitzer: Wir haben das Album mit Oliver Zülch produziert, der auch mit Bands wie Granada oder Die Ärzte arbeitet. Im Herbst letzten Jahres waren wir im Auratone Studio in Bayern, die Leute dort haben früher Queen und Led Zeppelin aufgenommen und da gab es einige spannende Dinge zu entdecken, wie Equipment, das schon Freddie Mercury benutzt hat. Im Februar waren wir dann im Studio Nord in Bremen, wo schon Heintje an seinen Hits getüftelt hat. Somit schwebt der Geist von Freddie Mercury und Heintje über unserem Album und hat die Produktion begleitet. Ob man das den Songs anhört, muss jeder selbst herausfinden.
Herzlichen Dank für das Interview.
Jürgen Plank
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Live:
10.11.2023: Rockhouse Salzburg (mit Coperniquo und Public Sanity)
11.11.2023: STWST Linz (mit Die Partie und Revoluzza)
17.11.2023: Kramladen Wien (mit Irokäse und Bonjourtropfen)
18.11.2023: Music-House Graz (mit HC Roth und S.I.G)
02.12.2023: Kulturhof Villach (mit Franz Fuexe)
12.01.2024: kultur:plattform St. Johann im Pongau (mit High Transition)
26.01.2024: Fümreif St. Georgen
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