Für das Album „SING HANSI – SONGS AUS DEM GEMEINDEBAU“ hat der bekannte Produzent, Komponist und Musiker THOMAS RABITSCH Demoaufnahmen seines musikalischen Weggefährten HANSI LANG mit Hilfe von KI neu aufgenommen und arrangiert. Die so entstandene Songsammlung ist vorwiegend im Wiener Dialekt gehalten, daneben sind Songs in Englisch zu hören. Im Zentrum des neuen Albums, das stilistisch zwischen Jazz, Rock, Soul und Wienerlied angesiedelt ist, steht natürlich die intensive, einprägsame Stimme von HANSI LANG. Im Gespräch mit Robert Fischer erzählt THOMAS RABITSCH über die Entstehung des Projekts, die vielschichtige Persönlichkeit von HANSI LANG und wie es dazu kam, dass sogar ein posthumes Duett mit BIRGIT DENK den Weg auf das Album gefunden hat.
Du hast in deiner langen Karriere als Musiker und Produzent mit den unterschiedlichsten Musiker:innen aus dem In- und Ausland zusammengearbeitet. Was war das Besondere an Hansi Lang?
Thomas Rabitsch: Erstens: seine Stimme. Die war so markant und unverwechselbar, so eine Stimme hat es in Österreich selten gegeben. Zweitens: seine Ausstrahlung auf der Bühne, sein Charisma, sein Witz, seine Ehrlichkeit. Mit diesen Eigenschaften war Hansi schon eine große Ausnahme in der österreichischen Sänger-Landschaft.
„ICH STAND ALS JUNGER BURSCHE IM PUBLIKUM UND WAR VON HANS ELEKTRISIERT. WIE TOLL DER GESUNGEN HAT, DAS HAT MICH WAHNSINNIG BEEINDRUCKT“
Wie hast du Hansi Lang kennen gelernt?
Thomas Rabitsch: Das war bei einem Konzert in einem Club namens „Electronic“ im ersten Bezirk am Judenplatz, wo jetzt das „Audio-Center“ CD bzw. Plattengeschäft ist. Ende der Siebziger Jahre war das ein sehr angesagter Club. Ich bin damals etwa 16 Jahre alt gewesen und Hansi, der damals auch noch sehr jung war, ist als Sänger mit der Band Plastic Drug aufgetreten. Ich stand als junger Bursche im Publikum und war von Hansi elektrisiert. Wie toll der gesungen hat, das hat mich wahnsinnig beeindruckt. 1978 bin ich dann bei der Hallucination Company eingestiegen, da war Hansi Lang schon dabei. Ich war sehr glücklich, dass ich in der gleichen Band gespielt habe, in der er einer der Sänger war. Seit dieser Zeit kannten wir uns persönlich.
Für das neue Album „Sing Hansi – Songs aus dem Gemeindebau“ hast du alte Demo-Aufnahmen von Hansi Lang musikalisch neu bearbeitet. Wie bist du zu diesen Aufnahmen gekommen?
Thomas Rabitsch: Nach seinem Tod – Hansi hatte ja tragischerweise bei mir im Studio im August 2008 einen Schlaganfall erlitten, an dem er später verstorben ist – erhielt ich von seiner Tochter Lisa ein Sackerl mit seinen Demos. Ich habe das Sackerl übernommen, in einem Kasten verstaut und jahrelang nichts damit gemacht, weil mir der Tod von Hansi sehr nahe gegangen ist. Die Demos, die am Computer entstanden sind, stammen alle vom Beginn der 2000er-Jahre. Beim ersten Corona-Lockdown hatten wir alle in den Studios viel Zeit. Ich habe Inventur gemacht und da sind die Sachen von Hansi wieder aufgetaucht. Ich begann die Demos zu katalogisieren und mich intensiver damit zu beschäftigen. Nachdem ich mir ein paar der Aufnahmen angehört hatte, konnte ich mich plötzlich wieder erinnern, dass mir Hansi früher schon einige dieser Aufnahmen vorgespielt hat. Er verfolgte damals den Plan, zum ersten Mal ein Album im Wiener Dialekt zu machen. Aus dieser Idee wurde aber leider nichts.
Wie weit ausgereift waren die Demo-Aufnahmen?
Thomas Rabitsch: Hauptsächlich sind es rohe Skizzen mit rudimentärem Demo-Sound bzw. archaische Collagen in Form von Kassetten, selbst gebrannten CD´s und Computer-Files, die in dieser Form nicht dazu geeignet waren, veröffentlicht zu werden. Oft bestanden diese Demo-Aufnahmen nur aus schlechten vom PC generierten Playback-Sounds und der Stimme von Hansi. Erst vor rund drei Jahren, also etwa ab dem Jahr 2021 wurde es mit modernen Programmen möglich, die Demos in zwei Files, also das Playback und die Stimme alleine, aufzusplitten. Mit der Möglichkeit die Spuren zu splitten, konnte ich die Stimme von Hansi Lang weitgehend isolieren und in weiterer Folge rundherum alles neu aufbauen. Die Lieder auf den Demos waren in sich aber schon fertig entworfen. Ich habe beschlossen, dieses Material nicht in der Versenkung verschwinden zu lassen, sondern die Lieder fertig zu produzieren. Der Arbeitstitel des damals von Hansi geplanten Albums war schon „Sing Hansi“ und darum heißt es auch jetzt so.
Wie war das Gefühl nach all den Jahren wieder die Stimme von Hansi Lang zu hören?
Thomas Rabitsch: Das war so eine Art Heimkommen für mich, weil ich mit Hansi ja schon seit Anfang seiner Karriere zusammengearbeitet und auch einen seiner ersten großen Erfolge „Keine Angst“ produziert habe. Später, 2004, gründeten Hansi Lang, Wolfgang Schlögl und ich die Band Slow Club, für die ich zwei Alben aufgenommen habe, kurz bevor Hansi verstorben ist. Diese gesplitteten Stimmen, die ich aus den Demos von Hansi sozusagen heraus „operiert“ habe, hatten natürlich nicht den Sound, den man sich von heute aufgenommenen Vocals erwartet. Aber sie haben genügt, um dazu ein neues Arrangement zu entwerfen und weiter daran zu arbeiten. Es war irrsinnig emotional entlang dieser Stimme von Hansi wieder Musik machen zu können. Insgesamt habe ich fast drei Jahre am „Sing Hansi“-Album gearbeitet.
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„FÜR MICH VERVOLLSTÄNDIGT DAS ALBUM DAS MUSIKALISCHE ERBE VON HANSI LANG“
Was mich an der Auswahl der Songs auf „Sing Hansi – Lieder aus dem Gemeindebau“ vor allem sehr beeindruckt ist die große Stilvielfalt. Lieder im Dialekt wechseln sich da ab mit Stücken in Englisch, die Einflüsse reichen von Jazz über Rock bis hin zum Soul und gelegentlich sogar Country. Wie kam es dazu?
Thomas Rabitsch: Diese Vielfalt war schon in den Demos von Hansi zu hören. Da war alles dabei, von Soul über Rock bis hin zu balladeskem Material. Vor allem die Texte sind in ihrer Lyrik für mich extrem eindrucksvoll. Eine der der ersten Nummern, die ich gehört habe, war „Ich Schreib An Briaf“, in die ich mich sofort verliebt habe. Man sieht dieser Auswahl an, wie viele Stile Hansi Lang eigentlich draufgehabt hat bzw. zu was er imstande war. Ich habe natürlich auch Leute aus der Branche befragt, ob ich das Projekt mit den Demos von Hansi umsetzen soll und da war u.a. Marco von Wanda, der gemeint hat: Das ist ein wahrer Schatz, der gehört gehoben! Für mich vervollständigt das Album das musikalische Erbe von Hansi Lang.
Wie bist du dann beim Bearbeiten der Stimme von den Demos weiter vorgegangen?
Thomas Rabitsch: Der Sound der Stimme war trotzdem nicht optimal, was aber klar ist, wenn man bedenkt, dass der Ursprung dafür aus alten MP3-Aufnahmen stammt. Als nächster Schritt kam dann erst vor zwei Jahren die KI mit dem „Voice Cloning“ dazu, wo man sozusagen eine Stimme nachmodelliert. Darüber hinaus entdeckte ich eine Software, die speziell für Musikproduzenten: innen entwickelt wurde. Das funktioniert nicht wie bei anderen Tools, wo man drei Minuten einer Stimme eingibt und das Programm stellt dann die Stimme nach diesem Muster nach, sondern dieses Programm benötigt als Quelle etwa vierzig Minuten Audiomaterial. Mir ist dann eingefallen, dass durch die beiden „Slow Club“-Alben ja schon Vokal-Spuren von Hansi vorhanden waren, die habe ich dann in das Programm hochgeladen inklusive der isolierten Original-Stimme von den Demos. Als Ergebnis habe ich dann Vokal-Parts in bester Studioqualität erhalten, die fast so klingen, wie wenn Hansi die Songs im Studio neu eingesungen hätte.
Hast du auf „Sing Hansi – Lieder aus dem Gemeindebau“ einen Lieblingstrack?
Thomas Rabitsch: Also vor allem die schöne Nummer „Heit Bring Mas Wossa Zruck“, das ist große Wiener Poesie im Stil von H.C. Artmann. Das Lied ist für mich auch der emotionale Anker des Albums.
Es gibt auch noch „Wenn der Flieder bliaht“, ein Duett mit Birgit Denk. Was ist der Hintergrund dazu?
Thomas Rabitsch: Das war interessant: in diesem Fall hatte das Demo von Hansi nur eine Strophe im Dialekt mit dem Text „Gib`s auf und lass des besser sein. Du waaßt der Oide is a Ei.“ Die Story dreht sich darum, dass er zu einer Freundin spricht und sagt: Vergiss den Typen dort drüben, der ist es nicht wert sich mit ihm einzulassen!“ Ich dachte mir, diese Strophe ist zu wenig um den Song zu verstehen und habe Birgit Denk angerufen, und sie gebeten, quasi die weibliche Antwort auf die Ansage im Text zu verfassen, damit eine Geschichte daraus wird. Das Original-Demo war so ein Funk-Groove, aber ich wollte „Wenn der Flieder bliaht“ in ein Wienerlied umwandeln. Darum habe ich Ernst Molden ersucht, auf dem Track Gitarre zu spielen. Vorangesetzt habe ich der Nummer dann noch so eine Art kleines fiktives Hörspiel, das die Atmosphäre von einem Heurigen suggerieren soll, als Einstimmun auf diese Art Zwiegespräch zwischen Hansi und Birgit. Birgit hatte ja schon zu Lebzeiten von Hansi einige Duette mit ihm aufgenommen, und war deswegen sehr happy, auf der Nummer mit dabei zu sein. Auch alle anderen Musiker:innen, die mit mir an dem „Sing Hansi“-Projekt gearbeitet haben, sind mit großer Begeisterung und Freude dabei gewesen, und haben keine Gage dafür verlangt.
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„HANSI WAR EIN ARBEITERKIND UND KAM AUS EINFACHEN VERHÄLTNISSEN. ER WAR IMMER SEHR STOLZ EIN PROLETARIER ZU SEIN“
Für mich persönlich war Hansi Lang von seiner Art her immer sehr authentisch, ein Austropop-Star ohne große Allüren. So gesehen ist es ein interessanter Aspekt, dass er sein ganzes Leben hindurch in einer kleinen Gemeindewohnung im 19. Bezirk gewohnt hat. War dieser Umstand auch ein wichtiger Antrieb für seine künstlerische Inspiration?
Thomas Rabitsch: Auf jeden Fall! Darum trägt das neue Album auch den Untertitel „Lieder aus dem Gemeindebau“. Hansi hat alle Lieder im Kabinett der Gemeindewohnung seiner Mutter mit Kopfhörer meistens in der Nacht komponiert. Hansi war ein Arbeiterkind und kam aus einfachen Verhältnissen. Er war immer sehr stolz darauf Proletarier zu sein. Deswegen wurde „Sing Hansi – Lieder aus dem Gemeindebau“ auch im Theater Rabenhof präsentiert, das programmatisch für Kunst im Gemeindebau steht. Wenn man den ersten Song des Albums „Hinterm Mond“ mit den Textzeilen „Am Mond gibts ka Wossa“, also im übertragenen Sinn „Du lebst ja hinterm Mond“ hört, meint er da den Gemeindebau. In einem anderen Text kommt die zum Thema Gemeindebau passende Zeile „Wennst a Göd host, foahst in Urlaub, und wenn net, badst visavis“ vor.
Ist die starke Verankerung von Hansi Lang in Wien vielleicht auch ein Grund dafür, dass es bei ihm – anders als wie z.B. mit Falco – nie mit einer internationalen Karriere geklappt hat?
Thomas Rabitsch: Eigentlich haben wir ja damals beide bei der Hallucination Company angefangen und alle sind der Überzeugung gewesen, dass Hansi später noch eine große Karriere bevorsteht. Ein Star geworden ist aber dann Falco, weil er smart bzw. eloquent aufgetreten ist und sich bewusst war, was es heißt ein Image zu pflegen bzw. Promotion zu machen. Hansi war eher ein verletzlicher Typ, der Interviews eher vermieden hat, weil er unsicher war. Ganz bei sich selbst war Hansi nur auf der Bühne. Falco war sowohl auf der Bühne als auch bei der Promotion gut aufgestellt, und wenn es zu seinen Zeiten schon Social Media gegeben hätte, hätte er sicher auch dort geglänzt. Trotzdem waren Falco und Hansi sehr befreundet und wollten, als sie beide noch in der Hallucination Company waren, ursprünglich einmal sogar eine gemeinsame Band gründen. Die Band hätte Neuzeit heißen sollen, die erste Nummer für das geplante Album war „Ganz Wien“, bei dem Hansi mitkomponierte. Was wenige wissen ist, dass Falco das Stück Hansi abgekauft hat und ihn später auch immer wieder finanziell unterstützt hat. Hansi Lang hat darüber mir gegenüber aber nie ein Wort verloren, ich habe das erst nach seinem Tod von seiner Tochter erfahren.
Wie lauten deine Zukunftspläne?
Thomas Rabitsch: Ich bin sehr glücklich, dass das Hansi Lang-Projekt jetzt abgeschlossen ist. Die Präsentation von „Sing Hansi – Lieder aus dem Gemeindebau“ im Jänner im Rabenhof inklusive Live-Performances u.a. von Edita Malovcic (Madita), Georgij Makazaria, Tini Kainrath und Roman Gregory u.a. war ein großer Erfolg, im Frühjahr gibt es dazu noch ein paar weitere Termine. Im Herbst bin ich wieder mit meiner Falco-Show auf Tournee in Deutschland und Österreich. Es freut mich echt, dass ich auf meine alten Tage nochmals auf Tournee gehen kann! Natürlich arbeite ich auch an neuen Dingen, da ist aber noch nichts davon spruchreif. Die schönsten Projekte sind immer die, die niemand erwartet und die überraschen. So gesehen, glaube ich, dass ich in Zukunft noch einige Male überraschen könnte!
Danke für das Interview!
Robert Fischer
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„Hansi Lang – Lieder aus dem Gemeindebau“ – Live Termine im Rabenhof:
12.04.25 um 20h
29.05.25 um 20h
30.05.25 um 20h
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Links:
Thomas Rabitsch
Rabenhof