Die Salzburger Festspiele suchen neuen Intendanten

Nach gehörigen Turbulenzen um die Vertragsschließung Jürgen Flimms mit der Berliner Staatsoper ab Herbst 2010 (obwohl sein Vertrag mit Salzburg erst ab Herbst 2011 ausläuft) und seinen Konflikt mit dem Schauspielchef Oberender, der daraufhin seinerseits die Zusammenarbeit aufgekündigt hatte, haben die Salzburger Festspiele und ihr Kuratorium gestern die Ergebnisse der Kuratoriumssitzung vom 13.1. wie folgt bekannt gegeben: Findungskommission einberufen / Entscheidung über Flimms Vertrag erst bei Neubesetzung / Oberender bleibt Schauspielchef.

 “Kalmieren, Streit übertünchen, guten Eindruck machen und Zeit für die Intendantensuche gewinnen: Diese Strategie verfolgte das Kuratorium in der Sitzung am Dienstag”, kommentierte Hedwig Kainberger heute in den SN. Und weiter: Intendant Jürgen Flimm, Konzerchef Markus Hinterhäuser und der doch nicht gekündigte Schauspielchef Thomas Oberender versprachen dem Aufsichtsgremium eine gute Zusammenarbeit. In der folgenden Pressekonferenz beteuerte die Vorsitzende des Kuratoriums, Wilhelmine Goldmann: “Wir haben jedes Vertrauen in das Team.” Kainberger: “Man hatte das Gefühl, die Streithähne hätten Kreide gegessen, um Liebesschwüre und ,Alles wird gut’-Versprechen abzugeben.”Durch Schaden wird man klug ?

Und das nach Kämpfen und Krachs – Match Flimm gegen Oberender, Match Bürgermeister Heinz Schaden gegen Flimm. Zu letzerem siehe O-Ton Schaden im “profil” dieser Woche (Interview von Schaden durch Peter Schneeberger): “Wir lassen uns nicht unter Druck setzen . Flimms Pläne lassen sich mit seinem Salzburger Vertrag nicht vereinbaren.” Und: Wenn Flimm, dessen Berliner Vertrag vorsieht, dass er der Staatsoper Berlin ab sofort als Berater zur Verfügung stehe, stimme er, Schaden, dieser Beratertätigkeit “sicher nicht zu”.

profil: “Flimm argumentierte, er würde in Salzburg die letzten Monate seiner Intendanz ohnedies nur mehr ,rumsitzen’ und könnte genauso so gut früher gehen.” Schaden: “Mit dem Wort ,rumsitzen’ können vielleicht Jugendliche beschreiben, wie sie ihre Freizeit verbringen, aber sicher nicht der Intendant der Salzburger Festspiele . man weiß, welche Leistung der einstige Intendant Peter Ruzicka im Mozart-Jahr vollbracht hat [siehe dazu: mica-Interview mit Peter Ruzicka], aber auch Flimms erste beiden Saisonen waren sehr erfolgreich, das muss man der Vollständigkeit und Wahrheit halber betonen. Ich würde den Intendantenposten nicht als überbezahlt bezeichnen. Wenn er allerdings sagt, er sitze nur rum, dann ist er überbezahlt.”. “profil” am Ende des Interviews: “Sie erwecken den Eindruck, froh zu sein, dass Jürgen Flimm geht.” Schaden: “Zwischenmenschliche Beziehungen können strapaziert und manchmal auch überstrapaziert werden. In diesem Fall ist er eine gehörige Strapaze.”

Auch der Streit Oberenders gegen Flimm sah vor einem Monat noch bös’ aus. In der Kuratoriumssitzung im Dezember wurde gestritten. Eigentlich hätte die Kündigung Oberenders durch Flimm dem Kuratorium zur Kenntnis gebracht werden sollen. Die SN heute dazu: “Das war bereits ein unfreundlicher Akt, denn Oberender war immerhin vor gut zwei Jahren auf Flimms Wunsch nach Salzburg geholt worden und hatte einen Vertrag bis 2011. Die Kündigung wäre klaglos durchgegangen, hätte Oberender damals nicht einen Brief verteilt, in dem er den Intendanten des Mobbings beschuldigte. Der Intendant und die beiden künstlerischen Abteilungsleiter verfielen sodann in Streit und sollen einander, so wird erzählt, vor lauschenden Kuratoren als Lügner bezichtigt haben.”

Wie´s jetzt ausschaut

Nun wurde also die Kündigung Thomas Oberenders zurückgenommen. Da dieser dem zugestimmt hat, wird er bis 2011 Schauspielchef bleiben. Was aus dem Vertrag von Intendant Flimm wird, bleibt offen. Es gibt eine Findungskommission. Wilhelmine Goldmann gab direkt im Anschluss an die Sitzung bei einem Informationsgespräch im Beisein der Präsidentin Dr. Helga Rabl-Stadler, des Intendanten Prof. Jürgen Flimm und des kaufmännischen Direktors DDr. Gerbert Schwaighofer bekannt, dass das Kuratorium bis Beginn der Salzburger Festspiele 2009 einen Nachfolger Flimms auf einen Dreiervorschlag der Findungskommission hin zum Intendanten designieren werde. Wann dieser in Salzburg tätig werde, “hänge von Verhandlungen ab”, sagte Goldmann. Und je nach deren Ergebnis werde über die weitere Laufzeit von Flimms Vertrag entschieden, “nicht vorher”.

Die Findungskommission, heisst es in der Aussendung der Salzburger Festspiele, “setzt sich aus fünf Personen zusammen, die jeweils von den Kuratoriums-Mitgliedern nominiert werden: Brigitte Fassbaender, Intendantin des Tiroler Landestheaters als Vorsitzende (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur), Eva Wagner-Pasquier, Leiterin der Bayreuther Festspiele (Land Salzburg), Dr. Georg Springer, Leiter der österreichischen Bundestheaterverwaltung (Stadt Salzburg), Dr. Clemens Hellsberg, Vorstand der Wiener Philharmoniker (Bundesministerium für Finanzen) und Galerist Thaddaeus Ropac (Tourismus Förderungs Fonds). Der Zeitrahmen für die Kommission soll eng bemessen werden, um im Optimalfall schon vor der kommenden Festspielsaison, spätestens ab der Saison 2012, einen neuen Intendanten/eine neue Intendantin zu designieren. Schaden nominierte übrigens Georg Springer, Wilhelmine Goldmann die energische Brigitte Fassbaender, Gabi Burgstaller die Tochter Wolffgang Wagners Eva Wagner-Pasquier. Damit die “Demokratie der Könige” auch in der Findungskommission vertreten ist wurde Clemens Hellsberg von Peter Radel (Finanzministerium) nominiert.

Der “Vertragsbruch” Flimms (Schadens geäußerter Vorwurf auf Flimms Berliner Engagement) wurde von Goldmann als Sprecherin des Kuratoriums nicht gerügt, nicht einmal erwähnt, so die SN. Auf gestellte Journalistenfragen, ob Flimm sein Berliner Engagement absagen müsse, wenn ein künftiger Salzburger Intendant erst, wie eigentlich vorgesehen, für die Festspiele 2012 verfügbar wäre, meinte Goldmann “Ich beantworte das nicht, weil das nicht beantwortbar ist.” Und Flimm: “Man kann nicht Kaffeesatz lesen”.
Heinz Rögl

Hier der Ausschreibungstext für den / die künstlerischen Leiter/in der Salzburger Festspiele Wortlaut:

“Im Salzburger Festspielfonds gelangt ab 1. Oktober 2012 die Funktion

des künstlerischen Leiters / der künstlerischen Leiterin
(Intendant / Intendantin) der Salzburger Festspiele

zur Besetzung.

Der / die Bewerber/in soll so bald wie möglich für die Arbeit zur Vorbereitung der Saisonen 2012 oder früher und folgende zur Verfügung stehen.
Der Intendant / die Intendantin ist Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele. Dieses Kollegialorgan besteht aus dem Intendanten / der Intendantin, der Präsidentin und dem kaufmännischen Leiter.

Gemäß §14 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines “Salzburger Festspielfonds”, BGBl.Nr. 147/1950, gehören zum Wirkungsbereich des Direktoriums insbesondere:
a) Die Vorbereitung und Durchführung der Salzburger Festspiele sowie aller anderen künstlerischen Veranstaltungen des Fonds,
b) der Abschluss von Verträgen,
c) die Aufstellung des Jahresvoranschlages.

Innerhalb des obigen Wirkungsbereiches obliegen dem Intendanten / der Intendantin folgende selbstständig zu führenden Geschäfte:

 

  1. Erstellung eines künstlerischen Gesamtkonzeptes
  2. Entwurf des Jahresprogramms und der Spielpläne
  3. Erstellung der Teilvoranschläge für das künstlerische Personal
  4. Verträge mit den künstlerisch Mitwirkenden
  5. Koproduktionen
  6. Mediale Verwertung der Veranstaltungen
  7. Dienstaufsicht über das künstlerische Personal
  8. Künstl. Betriebsbüro, Dramaturgie und Pressebüro
  9. Kontakte zu anderen Kultureinrichtungen

Die Salzburger Festspiele zählen zu den bedeutendsten und traditionsreichsten Kulturbetrieben der Welt. Der Intendant / die Intendantin ist für die Erhaltung und den weiteren Ausbau dieses Kulturbetriebes auf höchstem künstlerischem Niveau unter besonderer Berücksichtigung der Schwerpunkte der Salzburger Festspiele (Mozart, Richard Strauss, zeitgenössische Kunst) verantwortlich. Er / sie soll die künstlerische Grundlinie der letzten Jahre im Sinne der Offenheit und der Aufgeschlossenheit fortsetzen. Zudem wird von ihm / ihr erwartet, dass er / sie die Rolle der Salzburger Festspiele als eigenproduzierendes Festival stärkt. Koproduktionen und Gastspiele sind dem unterzuordnen. Besonders erwünscht ist eine Zusammenarbeit mit den anderen Salzburger Kulturinstitutionen, insbesondere mit den Osterfestspielen.

In finanzieller Hinsicht sind die Geschäfte nach den Erfordernissen einer wirtschaftlichen, zweckmäßigen und sparsamen Gebarung unter Bedachtnahme auf die verfügbaren, dem Salzburger Festspielfonds zur Erfüllung seiner Aufgaben zugewiesenen Mittel zu führen, wobei die Ertragsseite, insbesondere die Einnahmen aus dem Kartenverkauf, eine wesentliche Grundlage für die Umsetzung kulturpolitischen Auftrags bildet.

Folgende Kenntnisse und Fähigkeiten werden erwartet:
1. Fähigkeit zur Spielplangestaltung entsprechend den obigen Vorgaben auf der Grundlage des
eigenständigen künstlerischen Konzepts
2. Kenntnis der einschlägigen Sprechtheater-, Musiktheater- und Konzertliteratur
3. Kenntnis des einschlägigen Künstlermarktes, verbunden mit gesichertem künstlerischem
Beurteilungsvermögen
4. Fähigkeit zur Führung eines großes Festspielbetriebes, insbesondere durch Vorgabe
künstlerischer sowie wirtschaftlicher Betriebsziele und Kontrolle ihrer Umsetzung;
Erfahrungen in der Führung von Betrieben vergleichbarer Ausrichtung und Größe sind
besonders erwünscht
5. Aktive Mitwirkung bei der Betreuung der bestehenden und der Gewinnung neuer Sponsoren
6. Kenntnis des österreichischen und internationalen Kulturlebens und dessen organisatorischen
Umfelds
7. Fähigkeit zur Führung und Motivation von Mitarbeitern
8. Verhandlungserfahrungen und Verhandlungsgeschick

Bewerbungen sind bis spätestens 28. Februar 2009 bei der Vorsitzenden des Kuratoriums der Salzburger Festspiele, Prof. Wilhelmine Goldmann, A-5020 Salzburg, Hofstallgasse 1, unter Anführung der Gründe, die den Bewerber / die Bewerberin für die Funktion als geeignet erscheinen lassen, einzubringen”.

Fotos: SN/KOLARIK