„DIE PRODUKTION WAR EIN EMOTIONALER RITT“ – RESI REINER IM MICA-INTERVIEW

Nach der Veröffentlichung von Singles und Videos erscheint im August 2023 das Debüt-Album von RESI REINER. Im Interview mit Jürgen Plank erzählt die in Graz aufgewachsene Sängerin und Schauspielerin, warum sie ein Faible für Italien hat und warum sie in einem ihrer Lieder eine Kaffee-Maschine besingt. Außerdem hat sie bereits selbst in einer Kaffee-Rösterei gearbeitet. REINER beschreibt auch, welchen Einfluss Schlagermusik auf ihr eigenes Musikmachen hat. Demnächst ist die Sängerin auf Tour im deutschsprachigen Raum, im Herbst 2023 wird sie mit ihren charmanten Liedern auch im Konzerthaus Wien auftreten.

Ein Debüt-Album zu veröffentlichen, ist ein großer Schritt, wie hast du den Weg bis dorthin erlebt?

Resi Reiner: Es war ein schöner Weg. Man macht verschiedene Phasen durch, zuerst: cool, wir machen ein Album. Mitten in der Arbeit hatte ich eine Phase, in der ich mir gedacht habe: warum? Wen interessiert das? Was ist der Mehrwert für die Leute, die das hören? Ich wusste dann auch nicht, was ich sagen will oder was ich zu sagen habe. Da war es dann auch schön, dass ich Leute um mich hatte, die mich aus diesem Loch herausgeholt haben. Die sagten mir: denke nicht zu viel darüber nach, wir machen das einfach. Es soll einfach schön sein! Ich finde: die Produktion war ein emotionaler Ritt. Aber ein cooler, emotionaler Ritt.

Wie froh bist du jetzt, dass das Album fertig ist?

Resi Reiner: Extrem froh. Ich glaube, es ist normal, dass man zweifelt. Das gehört dazu. Es ist witzig, weil das schon so weit weg ist, wir haben die Basis im letzten Jahr gemacht und die Songs im März zum Mischen abgegeben. Inzwischen ist schon so viel Zeit vergangen. Ich überlege schon, was ich als Nächstes mache.

Vielleicht wirfst du als Nächstes deine Bialetti-Kaffeemaschine an, über die du ein Lied geschrieben hast.

Resi Reiner: Ich hatte eine App, die unter anderem Bilder von Möbeln und von Kaffeemaschinen gezeigt hat. Und ich habe mir immer gedacht: wenn ich bei meinen Eltern ausziehe, kaufe ich mir diese Kaffeemaschine. Dann habe ich in einer Kaffee-Rösterei gearbeitet und da war auf einmal diese Kaffee-Maschine, eine Bialetti, mit zwei Röhren unter die man zwei Espresso-Tassen stellen kann und der Kaffee fließt sofort hinein. Ich habe mir diese Maschine dann gekauft, sie war mein Freiheitssymbol: ich wohne jetzt alleine und kann mir diese Kaffee-Maschine kaufen und machen, was ich will.

„MEIN GRÖSSTER TRAUM IST, AM MEER ZU LEBEN“

Die Kaffee-Maschine kommt aus Italien und du scheinst – wenn man auf deine Lieder hört – ein Faible für Italien zu haben. Ein Song heißt etwa „Ich will nach Italien“.

Resi Reiner: Das haben gerade viele Menschen. Mir kommt vor, dass viele gerade ein Faible für Italien haben. Ich glaube, ich bin da auf einem Zug, auf dem gerade viele sind und das ist gar nichts Besonderes. Mein größter Traum ist, am Meer zu leben. Und wenn, dann wäre das in Italien.

Manchmal singst du auch in italienischer Sprache, zumindest einzelne Wörter.

Resi Reiner: Ich habe in der Schule Italienisch gelernt, ich kann die Sprache jetzt nicht sprechen, nur einen Kaffee oder das Essen bestellen. Aber es ist gerade meine neue Mission mittels einer App meine Sprachkenntnisse zu erweitern. Italienisch ist einfach eine schöne Sprache und gar nicht so schwer zu erlernen.

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Italienische Phrasen in Texte einzubauen, wurde früher in der Schlagermusik gemacht. Ist das eine bewusste Referenz, die du auf diese Weise setzt?

Resi Reiner: Prinzipiell sollen die Songs schon eine Referenz auf alte Schlager sein, weil ich die einfach toll und cool finde. Manchmal klingt die italienische Sprache einfach cooler.

Welche Schlager meinst du? Wenn man ganz weit zurückdenkt, landet man etwa bei Hermann Leopoldi in den 1930er- und 1940er-Jahren, oder bei den Schlagern der 1950er bis 1970er, die zum Beispiel erste Italien-Urlaube besingen. Zum Teil mit vorgetäuschten Akzenten gesungen.

Resi Reiner: Ich denke zum Beispiel an Vicky Leandros und ihr Lied „Ich liebe das Leben“. Von früher habe ich noch eine Playlist, mit ungefähr 15 Schlagern: von „Ich will keine Schokolade“ bis „Rote Lippen soll man küssen“. Ich mag den Stil: Schlager sind irgendwie zurückhaltend, aber catchy. Nicht zu gewollt, aber cool.

„ABSEITS VON DER „SCHLAGERNACHT“ GIBT ES VIELE COOLE SCHLAGER“

Bild Resi Reiner
Resi Reiner (c) Lisa Edi

Und wahrhaftig, oder?

Resi Reiner: Ja, voll. Wenn man heute Schlager sagt, denkt man an Ballermann oder an dieses Layla-Lied. Aber es gibt so viel mehr und so viel coolere Sachen und es ist wichtig, dass man das heraushebt und sagt: abseits von der „Schlagernacht“ gibt es viele coole Schlager.

In Frankreich gibt es keine klare Abgrenzung des Schlagers zum Chanson, einer Liedform, die bis ins Mittelalter zurück reicht. Das Chanson wäre ein weiterer Anknüpfungspunkt zu deiner Musik, bei der ich auch an Françoise Hardy gedacht habe.

Resi Reiner: Als wir begonnen haben, Songs zu machen, haben wir uns gefragt: was finden wir cool? Das waren Chansons und Schlager. Aus diesen Richtungen haben wir uns Elemente herausgenommen. Ich höre wirklich alles quer durch, meine Playlists sind ganz gemischt, ich bin also auch bei Chansons dabei. Von Françoise Hardy gibt es da zum Beispiel das Lied „Tous les garçons et les filles“, das mir gut gefällt.

Mir ist aufgefallen, dass du in deinen Liedtexten immer wieder Vornamen einbaust, Figuren, die du mit Namen ansprichst. Funny van Dannen macht das zum Teil auch in seinen Liedern und ich finde dadurch ergibt sich eine Verbundenheit und eine Identifikation mit den erzählten Geschichten.

Resi Reiner: Es ist witzig, dass du sagst, dass man da eine Verbundenheit spürt. Ich hatte ein wenig Angst, dass die Namen zu abstrakt sind, weil ich textlich nicht in die Persönlichkeit hineingehe. Im Lied „Bar Royale“ kommen meine Freundinnen vor. Weil sie ein wichtiger Teil in meinem Leben sind, wollte ich ihnen einen Song widmen. Ohne zu sagen: ihr seid die Tollsten, die Besten auf der Welt. Ich wollte einfach erzählen, wie das Leben mit ihnen ist.

Wie viel Erfundenes bzw. Abstraktes ist in deinen Liedern enthalten? Wie hält sich das die Waage?

Resi Reiner: Das ist eine gute Frage. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich glaube, ich schreibe Lieder über Sachen, die mich beschäftigen und mit denen ich schon konfrontiert war und bin. Es ist schwierig über etwas zu schreiben, was man nicht kennt. Es ist schon alles sehr lebensnah.

Wann hat also jemand zuletzt den folgenden Satz, den du als Album-Titel verwendest, zu dir gesagt: „Weißt du, was ich mein!?“

Resi Reiner: Ich sage das jeden Tag, zu allen Leuten. Deswegen heißt das Album auch so. Ich verwende den Satz immer, wenn ich versuche, etwas zu erklären!

Bild Resi Reiner
Resi Reiner (c) Lisa Edi

Musikalische Prägungen geschehen oft durch das Elternhaus, durch das Umfeld, durch Verwandte und Freund:innen. Wie ist das bei dir?

Resi Reiner: Ich spiele die Instrumente ja nicht selbst ein, das machen Flo Sievers,Albrecht Schrader und Gunther Müller. Da ist also viel von denen enthalten. Was ich gerne höre und was ich gerne mag und auch was mir gefällt und was es aufs Album schafft, das kommt natürlich von meiner Mama und von meiner Jugend. Als Kind – das hört man bei meiner Musik nicht – habe ich unglaublich gerne Die Ärzte und Nena gehört. Vielleicht hat mich das mitgeprägt. Meine Mutter hat auch nie erlaubt Ö3 zu hören, dadurch habe ich nie die Chance auf diese Mega-Pop-Einflüsse gehabt.

Fragst du deine Mutter, ob ihr ein Lied von dir gefällt?

Resi Reiner: Ich bin eigentlich sehr streng und zeige niemandem etwas, bis es fertig ist. Dann spiele ich es schon meiner Mutter vor und sie bestärkt mich und sagt oft: „Ja, toll!“

„ICH HABE MIR VORGENOMMEN IN ZUKUNFT MEHR MIT FRAUEN ZU ARBEITEN“

Wie erlebst du als Frau das Musikbusiness, die Musikszene? Hast du von Benachteiligungen gehört oder diese erlebt?

Resi Reiner: Ich persönlich habe das Glück, dass ich von Leuten umgeben bin, die gut auf andere achtgeben. Das sind einfach tolle Menschen, die auf das hören, was ich sage. Die darauf achten, wie ich mich fühle. Und das hat einfach genug Platz in der Zusammenarbeit. Prinzipiell kämpfe ich selbst damit, dass ich mein Album nur mit Männern produziert habe. Oft sehe ich eine Band auf einer Bühne, die nur aus Männern besteht, dann denke ich mir schon meinen Teil. Aber in Wahrheit muss ich bei mir selbst anfangen, wenn ich auf meine Produktion schaue: bei allen technischen und musikalischen Sachen sind nur Männer dabei. Dafür habe ich probiert, auf allen anderen Ebenen, bei allen Kooperationen, auch bei Musikvideo-Produktionen mit Frauen zu arbeiten.

Ich habe mir vorgenommen, in Zukunft mehr mit Frauen zu arbeiten. Weil es einfach an der Zeit ist, darauf zu achten. Es ist nicht nur ein Problem der Musik- oder der Filmbranche, dass man als Frau immer einen Nachteil hat. Genau deswegen ist es so wichtig, dass man sich aussucht, mit wem man arbeitet und dass man sich coole Leute holt. Rahel ist mit am Album und die Zusammenarbeit war so cool. Sie ist eine coole Frau und hat mich in vielen Dingen bestärkt. Wir hatten einen guten Austausch. Wir alle haben wahrscheinlich schon die Erfahrung gemacht, dass man nicht ernst genommen wird. Wobei ich allgemein eh noch gute Erfahrungen gemacht habe.

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Es gäbe also jedenfalls genügend weibliche Musikerinnen, mit denen zu spielen könntest?

Resi Reiner: Das ist auch mein Ziel, man muss eben bei sich selbst anfangen. Das gehe ich als Nächstes an: die Musikerinnen mit an Bord zu holen.

Über Schlager haben wir vorhin schon gesprochen. Hast du Angst vor Kitsch?

Resi Reiner: Ich habe extreme Angst vor Kitsch. Ich habe bei mir Angst vor Kitsch. Ich mag Kitsch von anderen, aber vielleicht bin ich mit mir selbst noch nicht cool genug, um richtig kitschig zu sein. Ich finde aber, dass „Dunkles Herz“ für meine Verhältnisse da schon nahe dran ist, auch „Volare“ kratzt am Kitsch.

In Bezug auf Kitsch kannst du in Zukunft noch nachlegen.

Resi Reiner: Die Kunst ist ja, kitschig zu sein, ohne dass die Leute davon Gänsehaut kriegen. Schön kitschig. „Ich liebe das Leben“ von Vicky Leandros ist auch kitschig aber schön. Urschön.

Herzlichen Dank für das Interview.

Jürgen Plank

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Resi Reiner live:
20.07.2023: Stadtpark, Wien
10.10.2023: Konzerthaus, Berio-Saal
10.11.2023: Salzburg, Roter Salon
11.11.2023: Graz, ppc

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