„DIE MUSIK STEHT IMMER AN ERSTER STELLE” – BAMLAK WERNER IM MICA-INTERVIEW

Die vielseitige junge Kärntner Sängerin mit äthiopischen Wurzeln war im Vorjahr mit der Kelag Big Band erfolgreich auf Tour. Heuer plant sie die Veröffentlichung ihrer ersten EP. Bamlak Werner kann bereits auf eine erfolgreiche Karriere als Influencerin alias Cloudhead zurückblicken, möchte sich aber in Zukunft ganz auf die Musik konzentrieren. Sie studiert Gesangpädagogik der Popularmusik an der Universität für Musik in Wien.

Was ist Ihre früheste musikalische Erinnerung?

Bamlak Werner: Meine früheste Erinnerung ist ein Mozart-Konzert im Konzerthaus in Klagenfurt, wo ich zum ersten Mal ein Orchester live gesehen und die Geigen wahrgenommen habe. Ich habe dann zu meinem Papa gesagt, das Instrument möchte ich lernen. Mit 4 Jahren habe ich mit Geige angefangen, dann kam Ballett, dann Flöte, dann Modern Dance, Open Dance, Musical Dance, von dort zum klassischen Gesang und dann habe ich endlich zum Jazz gefunden.

Ihre Entscheidung Sängerin zu werden hing mit Ihrer Lehrerin Ali Gaggl zusammen.

Bamlak Werner: Ich bin zu Ali Gaggl mit 12 Jahren gekommen. Sie hat mir überhaupt erst erzählt, dass es so etwas wie ein Gesangsstudium gibt, und mir vor allem die mdw ans Herz gelegt. Und so entstand die Idee, Gesangslehrerin und professionelle Sängerin zu werden.

Gaggl ist ja auch in der improvisierten Musik bzw. im Free Jazz beheimatet. Hat sich daraus ein Interesse an der Avant-Garde ergeben bzw. können Sie mit dem Begriff zeitgenössische Kunst etwas anfangen?

Bamlak Werner: Ja, natürlich. Ich setze in meinem Studium auch einen Schwerpunkt auf zeitgenössische Kunst und Multimedia. Ich glaube, das hat mir auch Ali Gaggl mitgegeben, nicht nur im Jazz und in der Vergangenheit zu bleiben, sondern auch zu schauen, was ist jetzt in der Gegenwart da.

Sie haben 5 Jahre in Folge den “Song&Dance”-Wettbewerb auf europäischer Ebene gewonnen. Welche Bedeutung hatte das für Ihre persönliche und berufliche Entwicklung?

Bamlak Werner: Wettbewerbe und vor allem Tanzwettbewerbe erfordern viel Disziplin. Man kann zwar Talent haben, aber was dich dann wirklich weiter bringt, ist eben Durchhaltevermögen, sehr viel Training und eine riesige Portion Frustrationstoleranz. Es waren keine einfachen fünf Jahre, aber auf jeden Fall sehr wertvolle, und ich bin auch stolz darauf, dass ich das in meinen Lebenslauf schreiben kann. Denn zu gewinnen, ist ja dann doch noch mal etwas anderes, als einfach nur teilgenommen zu haben.

Sie haben auf Social Media unter dem Pseudonym “Cloudhead” eine beachtliche Reichweite. Inwieweit hat das Ihre musikalische Laufbahn beflügelt?

Bamlak Werner: Das ist schwer einzuschätzen. Es gibt ein paar Aspekte, bei denen ich weiß, dass Social Media mir geholfen hat, und ein paar Aspekte, bei denen ich mir sicher bin, dass Social Media gar nicht so cool war.

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Können Sie aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern Ratschläge erteilen? Nicht alle haben das Talent und die Ausdauer für eine Social-Media-Karriere.

Bamlak Werner: Also, ich gebe es ehrlich zu: Ich habe sie auch nicht. Dieses tägliche Hinsetzen, Videos drehen, Content erstellen, Kooperationen abwickeln – wir Künstlerinnen und Künstler sind nicht dafür gemacht, weil es einfach eine eigene Karrieresparte ist. Wenn ich etwas mitgeben will, dann, dass man es versuchen soll, denn vielleicht stellt man fest, dass es einem doch mehr liegt, als man denkt. Dabei sollte man sich jedoch nicht den Spaß an der Musik nehmen lassen. Die Musik steht immer an erster Stelle und nicht die Erstellung des Contents.

„Ich möchte sagen können, ich singe heute eine Operette, morgen einen Jazz-Standard und übermorgen einen Rock-Song.”

Sie sind im Begriff, eine EP zu veröffentlichen. Können Sie etwas darüber erzählen?

Bamlak Werner: Ich plane den ersten Single-Release. Wir haben auch schon Musikvideos gedreht, und die ersten drei, vier Songs sind ebenfalls schon gemastert. In den letzten drei Jahren habe ich mir ein umfangreiches Repertoire an Songs aufgebaut, möchte mir aber Zeit lassen und nicht alles gleich “raushauen”. Es ist eine Mischung aus R&B, Rap, Pop, Jazz, Balladen und Hip-Hop. Ich glaube, ich würde jedem Label Kopfschmerzen bereiten, aber ich finde das schön.

Sie möchten nicht eingeordnet werden.

Bamlak Werner: Ich möchte in kein Genre gehören müssen. Man muss die Lockerheit haben, zu sagen: Heute singe ich eine Operette, morgen einen Jazz-Standard und übermorgen einen Rock-Song. Keiner kann mir vorschreiben, was ich mache – es ist meine Stimme und meine Musik.

Das sagt sich natürlich leicht, wenn man das alles kann.

Bamlak Werner: Naja, aber ich konnte es ja auch nicht von Anfang an. Es ist unglaublich viel Arbeit. Ich habe früher oft gesagt, ich bin so talentiert, bis ich gemerkt habe, dass mir das ja meine Arbeit abspricht. Ich finde schon, dass ich eine Begabung habe, aber ohne meinen Ehrgeiz und meinen Biss wäre ich nicht dort, wo ich bin und auch andere nicht.

Welche Stilrichtungen werden vertreten sein?

Bild Bamlak Werner
Bamlak Werner (c) Valeria aka curlikmda

Bamlak Werner: Die EP wird eine Repräsentation all der Influences sein, die mich ausmachen. Die Arrangements stammen von Hans Lassnig-Walder, dem Leiter der Kelag Big Band, einem begnadeten Arrangeur und tollen Musiker sowie Mensch, der mich auch viel mehr in diese Welt reingepusht hat. Während der Tour mit der Kelag Big Band sind auch einige Songs entstanden. Und im Kontrast dazu auch ganz stripped down, nur Gitarre und Stimme, so wie man es aus dem Bossa Nova kennt, sowie eine Rap-Nummer produziert von Valentin Lindner…

Es wird mir guttun, wenn das dann draußen ist. Dann kann ich es mir anschauen und sagen: Vielleicht müssen ein paar Elemente weg, um beim Album Klarheit zu schaffen. Vielleicht wird das Album auch eine Hommage an die Big-Band-Seite in mir…

Das wäre spannend. – Musik ist ja auch eine Form, mit Problemen umzugehen. Halten Sie auch insofern Musikunterricht für sehr wichtig?

Bamlak Werner: Ich glaube, dass jede Form von Bildung wichtig ist. Und ich bin froh, dass ich das Privileg habe, Teil davon sein zu dürfen, Kindern und Jugendlichen Bildung näher zu bringen, auch wenn es die Gesellschaft vielleicht nicht immer als so wichtig erachtet. Es ist wichtig, dass man seinen eigenen Stellenwert in der Kultur kennt. Meine Omas sind da große Inspirationen. Was diese Frauen durchgestanden haben, und dass sie immer auch ein Lied auf den Lippen hatten.

Stephen Sondheim hat in einem Interview gesagt, Kunst sei auch eine Form von Unterricht. Insofern können Sie eigentlich gar nichts falsch machen.

Bamlak Werner: Ich glaube schon, dass ich Sachen falsch machen kann, weil ich ein Mensch bin. Aber es ist so wie im Jazz: nicht der falsche Akkord ist das Problem, sondern das, was darauffolgt. So gehe ich ein bisschen an mein Leben heran: Wenn ich einen Fehler mache, dann ist er eh schon passiert. Entscheidend ist, wie ich jetzt damit umgehe. Jazz ist wirklich eine Lebensphilosophie.

Wo hat man die Gelegenheit, Sie zu sehen und zu hören?

Bamlak Werner: Im Sommer sollte die Single released werden, so Gott will. Spätestens im Herbst wird es Musik zum Streamen geben. Die Konzerte mit der Kelag Bigband starten dann wieder ab Oktober in Kärnten, und Live-Konzerte dann in näherer Zukunft auch in Wien und vielleicht sogar österreichweit.

Dann wünschen wir gutes Gelingen und sagen herzlichen Dank für das Gespräch!

Philipp Tröstl

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Link:
Bamlak Werner / Cloudhead (Instagram)