„DIE MUSIK IST MEIN LEBEN UND ICH LIEBE DIE PRODUKTE, DIE DABEI ENTSTEHEN“ – ULI SOYKA IM MICA-INTERVIEW

Vor 25 Jahren hat der Schlagzeuger ULI SOYKA seinLabel PANTAU-X-RECORDS gegründet, noch länger ist er als Live-Musiker aktiv. Jürgen Plank hat mit SOYKA über sein Label genauso gesprochen wie über den Zusammenhalt unter Musiker:innen. Für einen seiner nächsten Auftritte, am 29. Juli 2023 beim Festival GLATT&VERKEHRT in Krems, plant ULI SOYKA etwas Besonderes: es werden insgesamt 3 Schlagzeuger:innen miteinander spielen, unterstützt von Kontrabass, Saxofonen, Maultrommeln und diversen anderen Instrumenten.

Im Jahr 1998 hast du dein Label Pantau-X-Records gegründet, wie feierst du dieses Jubiläum?

Uli Soyka: Ich feiere das Jubiläum insofern, als ich nach wie vor künstlerisch aktiv bin und das sehr genieße! Ich bin glücklich, dass ich dazu in der Lage bin und als Jazz-Musiker leben kann. Ich liebe die breite, künstlerische Vielfalt, die ich durch mein kreatives Musikschaffen gestalten kann – das ist für mich besonders schön. Oft wurde mir von Multiplikator:innen, etwa Journalist:innen gesagt: dich bzw. deine Projekte kann man nicht leicht verkaufen, weil du so viele unterschiedliche Sachen machst. Dazu kann ich nur sagen: Ja, das ist Pech, aber mir ist diese Vielfalt so viel wert. Darauf kann und möchte ich keinesfalls verzichten. Ich habe ja nicht 1 oder 2 Bands, sondern im Laufe der Zeit haben sich fünfzig oder sechzig Projekte bzw. Bandformationen entwickelt, die zwar nicht alle ständig aktiv sind, aber viele davon bespielen in regelmäßigen Abständen in meiner Konzertreihe „pantau-x-musik-hautnah“ diverse Bühnen. Es gibt natürlich auch Projekte, die nur für kurze Zeit bestanden haben. Ich scheue mich nicht, immer wieder neue Bandformationen zusammenzustellen und nachzuspüren, ob diese Sinn und Spaß machen. Ich feiere also, indem ich meine jährlichen Konzertreihen weiter betreibe. Ich bin überzeugt davon, dass diese kreative Vielfalt Sinn macht und auch immer wieder sein Publikum finden wird! Am Beginn dieses Jahres durften wir wieder ein Jubiläumskonzert im Porgy & Bess spielen. Solche Einladungen sind immer sehr hilfreich und eine schöne Plattform.

Wenn du an die letzten 25 Jahre denkst: warum war es richtig, die Plattform Pantau-X zu gründen und sich die ständige Kleinarbeit anzutun, die ein Musik-Label mit sich bringt?

Uli Soyka: Die Musik ist mein Leben und ich liebe die Produktionen und Produkte, die dabei entstehen. Seit 1998 konnte ich bereits 21 CD-Produktionen veröffentlichen. Die schöne Musik, die bei den Konzerten entsteht, ist es allemal wert, sich zu bemühen und sich diese vielfältige, kleinteilige Rundum-Arbeit anzutun. Von meiner Seite bleibt mir gefühlt gar nichts anderes übrig, denn wenn ich das nicht machen würde, müsste ich mir einen anderen Beruf suchen. Ich habe ja früher als Goldschmied gearbeitet, aber in einer Firma zu arbeiten, bedeutet für mich viel mehr Fremdbestimmtheit – das ist alles nichts für mich. Ich brauche diese Freiberuflichkeit, diese Eigenständigkeit. Ich möchte selbst Ideen kreieren und umsetzen, ich brauche auch die Pausen dazwischen. Dafür nehme ich auch gerne in Kauf, dass Freiberuflichkeit natürlich einen Drahtseilakt ohne Netz bedeutet.

Bild Uli Soyka
Uli Soyka (c) Bettina Frenzel

„ICH LEGE IMMER SPEZIELL WERT DARAUF, DASS ALLE BETEILIGTEN GLEICHWERTIGE AKTEUR:INNEN SIND UND DIE GRÖSSTMÖGLICHE WERTSCHÄTZUNG ERFAHREN“

Du hast bereits mehrmals beim Festival Glatt & Verkehrt gespielt, heuer bist du wieder eingeladen worden. Was ist für diesen Auftritt am 29. Juli 2023 in Krems geplant?

Uli Soyka: Ich bin heuer zum vierten Mal dabei, das erste Mal spielten wir mit dem Takon Orchester, das ist schon sehr lange her. Und ich war 2008 mit Claudia Cervenka dort, mit der Formation Troica, das war ein sehr feines Konzert. Und ich hatte eine Einladung von Frank London von den Klezmatics, damals habe ich mit Wolfgang Muthspiel, Achim Tang, Otto Lechner, Norbert Hauer und der Rossatzer Blaskapelle gespielt. Heuer bin ich zum ersten Mal, wie Johann Kneihs von Ö1 sehr schön geschrieben hat, als Bandleader dabei. Ich lege immer speziell Wert darauf, dass alle Beteiligten gleichwertige Akteur:innen sind und die größtmögliche Wertschätzung erfahren.

Mit welcher Formation wirst du bei Glatt & Verkehrt spielen?

Uli Soyka: Mit CookingDrums&BlowingReeds&PluggedStrings=ExcitingLife: mit drei Schlagzeugen, Kontrabass und Blasinstrumenten. Wir haben das ein Mal im Off Theater ausprobiert, damals waren am Schlagzeug Katharina Ernst und Andi Menrath und Clemens Salesny am Saxofon und der Klarinette mit dabei. Meine Idee war, nicht die bekanntesten Leute aus der ersten Reihe einzuladen, die eh überall spielen, sondern Musiker:innen aus meinem Umfeld, die mich lange begleitet haben. Andi Menrath ist seit 1998 mein Schlagzeug-Nachbar im WUK-Proberaum, er spielt gut und ich mag ihn. Spielerisch haben wir Schlagzeuger:innen ja nicht so viel miteinander zu tun, denn selten spielt man mit einer Schlagzeuger:in gleichzeitig in einer Band. Statt Katharina Ernst wird in Krems Judith Schwarz mit dabei sein, außerdem Tobias Vedovelli am Kontrabass. Und Klaus Dickbauer wird all sein Gebläse, Maultrommeln, Samples und mehr beisteuern. Die Freude ist groß!

Mitunter sieht man in Formationen eine Schlagzeuger:in und eine Perkussionist:in. Drei Schlagzeuger:innen gleichzeitig auf einer Bühne zu sehen, ist ein ungewöhnliches Setting. Warum wolltest du das?

Uli Soyka: Bei zwei Schlagzeuger:innen kann man sich die Interaktion noch gut vorstellen, zu dritt wird es diffiziler. Da kann es schon ziemlich dicht werden und man ist sich da auch schnell mal im Weg, die Frage und Aufgabe lautet ja immer: wie geht man eine solche Herausforderung an und wie lernt man sich auch im Vorfeld kennen? Zu dritt braucht man eben mehr als einen Fokus, darauf muss man sich einstellen. Fünf Schlagzeuger:innen wären schon ein Rhythmus-Orchester, dann müsste man Partituren und eine Dirigent:in haben, sonst ist das heikel und auch etwas ganz anderes. Wir proben auch schon, das wird wunderbar: Unser Programm, mit Kompositionen aller Beteiligten wird vielfältig, melodiös, aber auch freakig und frei. Das wird lustig, nicht nur für uns selbst. Ich selbst bin kein Martin Grubinger und wir sind nicht Stomp und keine Marching-Band-Stars, sondern wir halten das Programm relativ einfach, aber spannend.

Bild Uli Soyka
Uli Soyka (c) Bettina Frenzel

„IN SOZIAL-KOMMUNIKATIVEN BELANGEN SIND MUSIKER:INNEN NICHT IMMER DIE GRÖSSTEN VORZEIGE-KÖNNER:INNEN“

Ich habe in einem Interview mit dir gelesen, dass du stets versuchst, dich von Kolleg:innen fern zu halten, die die Ellbogen-Technik einsetzen, um ihre Karriere zu beschleunigen. Was hast du damals gemeint?

Uli Soyka: Meine Methode ist: ich besinne mich auf mich selbst und schaue, was ich an kreativem Schaffen zusammenbringe. Besonders freut mich, wenn eingeladene Kolleg:innen sich mehr in Projekte involvieren, als nur den Job zu spielen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich damals bei Ellbogen-Technik an bestimmte Musiker:innen gedacht habe, die meines Erachtens ohne Rücksicht auf Verluste involvierte Kolleg:innen einfach nicht gut behandelt haben. Ich möchte in meinem Arbeitsumfeld sehr genau darauf achten, dass Wertschätzung allen Beteiligten gegenüber das wichtigste Gut ist! Als negatives Beispiel meine ich, dass man Leute einfach links liegen lässt, die einen lange begleitet haben. Klar, man kann und wird sich im Lauf des künstlerischen Lebens immer wieder verändern müssen, und es ist immer so, dass größere Bekanntheit die Stars nach vorne in die erste Reihe bringen wird. Und die Begleitmusiker:innen sind eben die Begleiter:innen. Mein großer Wunsch war immer, etwas miteinander wachsen zu lassen. Es passiert unter Musiker:innen oft, dass ein positives Miteinander gegeben ist, wenn man miteinander studiert hat, Freundschaften entstanden sind, man miteinander aufgewachsen ist oder in Wohngemeinschaften zusammen gewohnt hat. Dann lebt man miteinander und teilt sich auch die notwendigen Aufgaben und Arbeiten untereinander auf. Aber meine ganz persönliche Meinung ist: In sozial-kommunikativen Belangen sind Musiker:innen nicht immer die größten Vorzeige-Könner:innen.

Was beobachtest du noch in diesem Zusammenhang?

Uli Soyka: Heute haben alle diverse Jobs und man muss sehr viel leisten, um als Musiker:in zu überleben. Ich merke es manchmal, wenn ich Musiker:innen engagiere, die dann am Konzerttag noch eine oder sogar zwei Proben haben oder nach dem Konzert vielleicht noch einen späten zweiten Auftritt. Da frage ich mich: wie macht man das am besten, dass sich alle wohl fühlen und im Sinne der Sache genug Zeit miteinander verbringen? Wenn eine Musikerin oder ein Musiker beim Soundcheck fehlt, ist das immer blöd. Man muss mit allem rechnen und es passiert auch alles. Mir haben schon Leute drei Stunden vor einem Konzert abgesagt und dann musste ich jemand anderen finden. Leider bin ich finanziell nicht in der Lage, all meine Mitmusiker:innen exklusiv zu buchen – das wäre hilfreich und wirklich schön.

„ICH LIEBE DIE BLOCKFLÖTE EINFACH, DAS IST EINE GANZ ANDERE TONALE WELT FÜR MICH“

Abgesehen vom Schlagzeug hast du eine besondere Affinität zur Blockflöte.

Uli Soyka: Ich liebe die Blockflöte einfach, das ist eine ganz andere tonale Welt für mich. Die Flöte war eine Zeitlang nicht in meinem Leben, aber als ich 1987 nach Wien gekommen bin, habe ich wieder begonnen ganz viel und regelmäßig zu spielen. Ich flöte gut, kann aber nicht wie Jazzmusiker:innen gut nach notierten Jazz-Harmonien improvisieren, aber mein Gehör und meine musikalische Erfahrung erlauben es mir doch auch über Harmoniebegleitung halbwegs klingend zu improvisieren. Ich habe hunderte Musikstücke geschrieben und komponiere viel mit der Flöte und mittlerweile auch am Klavier sitzend. Da habe ich mich sehr erweitert. Mittlerweile spielen wir in den verschiedensten Bands unter anderem auch Stücke von mir und das finde ich toll: man denkt sich etwas aus und das fängt dann durch die wunderbaren Intepret:innen zu leben an. Das ist einfach hervorragend und freut mich sehr.

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Du hast einen Hintergrund als Handwerker, warst Goldschmied. Fragst du dich manchmal wie dein Leben ohne Musik verlaufen wäre?

Uli Soyka: Ich denke mir manchmal: wenn ich mir anschaue, was ich bis jetzt schon gemacht und mit der Musik erreicht habe, verbringe ich ein sehr schönes Leben. Ich konnte viel sehen und erleben, habe auf mehreren Kontinenten gespielt, bin viel herumgekommen. Obwohl ich nie ein Musiker war, der viele lange Tourneen gehabt oder in berühmten Bands gespielt hat, konnte und durfte ich trotzdem sehr vielfältig Musik mit wunderbaren Musiker:innen machen. Auch in der Musikvermittlung war und bin ich seit vielen Jahren aktiv. Mit den Wiener Sängerknaben konnte ich auch viele klassische, zeitgenössische Kinderopern spielen und an anderen Musikprojekten teilhaben. Und einige Tourneen mit begleiten – einfach wunderbar an so vielen unterschiedlichen musikalischen Projekten beteiligt zu sein.

Wie hast du es geschafft, die beschriebene Vielfalt unter einen Hut zu bringen?

Uli Soyka: Das alles ist und war nur möglich, weil ich mich auch nicht davor gescheut habe, einfach in unbekanntes Terrain hineinzuspringen, wenn mir neue Aufgaben zugetragen wurden. Oft hatte ich das Gefühl, Aufgaben kaum oder schwer gewachsen zu sein. Ich hatte oft keine Ahnung, ob ich diese Aufgaben schaffen und bewältigen kann. Aber dann habe ich gut geübt und mich auf das Neue eingelassen. Eigentlich ist das immer sehr gut gegangen! Es bleibt immer wieder nur die Frage: Wie ist das mit der Energie und der Kraft – habe ich ausreichend Ressourcen, spüre und kenne ich meine Grenzen? Aber: Ich liebe dieses Leben, es ist sehr voll und reich, ich mache viel und genieße alles einfach in vollen Zügen.

Herzlichen Dank für das Interview.

Jürgen Plank

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Live:
29.07.2023: CookingDrums&BlowingReeds&PluggedStrings=ExcitingLife,
Glatt & Verkehrt, Krems, 20:30h

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Links:
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