Der Komponist Richard Dünser ist fünfzig und feiert viele Erfolge, Ende November erhält er die Ehrengabe des Landes Vorarlberg. Richard Dünser lebt seit vielen Jahren in der Südsteiermark, doch der Komponist und Professor an der Musikuniversität Graz ist seit seiner Kindheit eng mit Vorarlberg verbunden. Im Rahmen der Bregenzer Festspiele wurde der 50. Geburtstag des Komponisten mit einem Porträtkonzert gebührend gefeiert. In der nächsten Zeit zollen auch das Symphonieorchester Vorarlberg und das Ensemble Plus dem beliebten und international erfolgreichen Komponisten ihren Tribut. Viele Aufführungen und Verträge mit den besten Verlagen bescheren Richard Dünser eine erfolgreiche Zeit. Zahlreiche Musikerpersönlichkeiten, namhafte Orchester und Ensembles spielen Dünsers Werke gerne und mit großem Erfolg. Denn der Komponist steckt mitten drinnen in der Rezeption aktueller moderner Musik. Seine Musik ist durchdacht in der harmonischen Anlage, besitzt eine große Klangfarbenvielfalt und zeichnet sich durch eine szenisch inspirierte Dramaturgie aus. Gerne bezieht er Sujets aus anderen Kunstgattungen in die Werke mit ein.
Die Künste verbinden
Oft verwendet Richard Dünser Gedichte, Ausschnitte aus der Literatur, Gemälde oder auch Filmausschnitte als Inspirationsquelle für seine Musik. “Es ist eine wunderbare Quelle, wenn man sich durch andere Künste inspirieren lässt. Die Literatur, Bilder und Szenerien sind für die Musik ein Gewinn. Die Musik soll nicht hermetisch sein, sondern offen nach verschiedenen Seiten und Denkrichtungen und dem Rechnung tragen, was heute alles passiert, geistig, philosophisch, künstlerisch usw. Deswegen ist es auch wichtig, dass man sich darum kümmert, was in den anderen Kunstrichtungen passiert”, betont der Komponist.
Ein äußeres Zeichen des Erfolges ist, dass er seine Werke gleich in mehreren Verlagen verlegt. Seine Kammeroper “Radek” sowie das Doppelkonzert für Violine und Klavier, uraufgeführt bei den Bregenzer Festspielen 2009, ist in der renommierte “Edition Peters” erschienen. “Allein die Tatsache, dass ich bei diesem Verlag bin, macht mich sehr froh”, sagt Richard Dünser, der jedoch aktiv bemüht ist, seine Werke in renommierten Konzerthäusern zu bringen. Allerdings gibt er hinsichtlich seiner Kompositionsart zu bedenken, dass seine Musik oft zwischen die Stühle der ästhetischen Ausrichtungen der Kuratoren gerät. “Meine Musik passt nicht in die Programme der Avantgardefestivals, aber kann dafür in ,normalen’ Konzerten gespielt werden”, so Dünser, der insgesamt einen Stilwandel in der zeitgenössischen Kompositionsart feststellt. Vermehrt wenden sich Komponisten einer harmonisch gebundenen und melodiebezogenen Musik zu.
Großformatige Kompositionen in den vergangenen Jahren
In den vergangenen Jahren hat Richard Dünser einige groß angelegte Werke komponiert, die demnächst auf einer “Zeitton-CD” publiziert werden. Vor allem mit “Radek” hat er sich auch kompositionstechnisch weiter entwickelt, denn mit der Oper hat sich sein Schreibstil verändert. “Ich habe den Radek gebraucht, um den Konzertsaal zu verlassen, und er hat sich sehr auf meine Kompositionstechnik ausgewirkt. Ich habe nachher anders geschrieben. Das zeigt, dass man sich immer neuen Herausforderungen stellen muss”, erklärt der Komponist.
Höchst wahrscheinlich tritt Richard Dünser im Laufe der kommenden Jahre wieder mit einer Oper an die Öffentlichkeit, weil ihn das szenische Moment in der Musik fasziniert. Viel verrät er nicht, aber die Oper wird “kontrastierend zu ,Radek’. Eine Frau wird die Hauptrolle spielen und das Werk wird auch nicht mehr so politisch angelegt sein. Die Kunst soll im Vordergrund stehen”, deutet Richard Dünser an.
Kammermusik und eine Monografie
Aktuell arbeitet er an einem Duett für Violoncello und Klavier namens “The Garden of Desires” nach dem gleichnamigen Gemälde von Hieronymus Bosch, das er im Auftrag des Cellisten Alexander Gebert vom Altenberg Trio und der Pianistin Anna Magdalena Kokits komponiert. Bereits Anfang Dezember findet die Uraufführung des Werkes “Synopsis I” für Streichquartett und Klavier zu vier Händen mit dem Artis Quartett und dem Klavierduo Silver-Garburg im Wiener Konzertverein statt. “Das Werk bezieht sich auf den Komponisten Alfred Schnittke, dem ich zu seinem 75. Geburtstag die Ehre erweisen möchte”, erzählt Richard Dünser. “Ich habe auch den Namen Schnittke eingearbeitet und die Musik bezieht sich auch formal auf eines meiner Lieblingswerke von Schnittke, nämlich das Klaviertrio.” Die Besetzung für Streichquartett und Klavier zu vier Händen stellte eine besondere Herausforderung dar, denn dafür gibt es, im Gegensatz zum Klavierquintett, praktisch keine Vorbilder. “Zuerst war ich über diese Besetzung etwas enttäuscht, aber dann war ich froh, weil man von den ausgetretenen klassischen Mustern ganz weg ist. So habe ich zwei große Pole, die Pianisten am Klavier und das Streichquartett. Die Farben sowie die dialogische und dramaturgische Strukturen wechseln sich ab. Mit vierhändigem Klavier kann man Sachen machen, die man mit zweihändigem Klavierpart nicht machen kann, weit auseinander liegende Polyphonie oder Klanglichkeit beispielsweise. Dieses Andersartige gegenüber der üblichen Besetzung war in Wirklichkeit inspirierend”, erzählt der Komponist.
Im Böhlau-Verlag erscheint im Jänner eine Monografie über Richard Dünser, die Vanessa Lessjak verfasst hat. Zwar ist der 50-Jährige noch zu jung, um sein Oeuvre bereits als abgerundetes Ganzes präsentieren zu wollen, “aber man sieht schon, in welche Richtung es geht. Ich hoffe, dass ich noch einige Wegstrecken zeigen kann. Das Buch sehe ich als schöne Auszeichnung”, freut sich Richard Dünser.
Bereichernde Unterrichtstätigkeit
Seit 1987 unterrichtet er an der Musikuniversität Graz Musiktheorie und er betreut eine Komponistenklasse. Die pädagogische Tätigkeit erfüllt für ihn in mehreren Hinsichten wichtige Funktionen, denn “man muss reflektieren und ist gezwungen, sich mit aktuellen Neuerscheinungen auseinander zu setzen”, so Dünser. Als Privileg sieht er die materielle Unabhängigkeit, die er durch seine Unterrichtstätigkeit bewahrt. Denn so kann er sich vollkommen eigenständig jenen MusikerInnen zuwenden, für die er gerne komponiert und ist zeitlich ungebunden. Vor allem das Unterrichten in der Kompositionsklasse bereichert den Komponisten selbst.
Silvia Thurner
Nachweis: In: Kultur. Zeitschrift für Gesellschaft und Kultur, Jg. 24, 11/2009.
Factbox
Freitag, 12. November 2009, , Lutheranische Stadtkirche, Wien
“Die Letzten Dinge” – Vier Lieder nach Texten von Thomas Höft für Bariton und Ensemble
Günter Haumer – Bariton, Cappella Lutherana,
Dirigent: Matthias Krampe
Samstag, 14. November 2009, 19:30 Uhr, Festspielhaus Bregenz
Sonntag, 15. November 2009, 19:30 Uhr, Montforthaus Feldkirch
Symphonieorchester Vorarlberg spielt Richard Dünsers “The Waste Land”
Donnerstag, 10. Dezember 2009, 20:00 Uhr, Theater am Kornmarkt, Probebühne, Bregenz
Ensemble Plus: Richard Dünser zum 50. Geburtstag
Sonntag, 29. November, Graz, Palais Meran, Florentinersaal
Quatre Tombeaux; Christian Rauter Gitarre
Montag, 30. November 2009, Bregenz, Landhaus, Montafortsaal
Überreichung der Ehrengabe des Landes Vorarlberg
Donnerstag, 3. Dezember 2009, Wien, Musikverein, Brahmssaal
Synopsis I für Streichquartett und vierhändiges Klavier (UA – Auftragswerk der Gesellschaft der Musikfreunde), Artis Quartett, Wien; Silver und Garburg, Klavier
10. Dezember 2009, Kiew, Philharmonie
(International Festival of Guitar Music “Kyiv-2009”)
“Muschelhut und Sandelschuh” – Opheliamusik I; Alexander Swete, Gitarre
24. Februar 2010, Maribor, Dvorana Union Maribor
“Doppelkonzert” für Violine, Klavier und Kammerorchester
Karin Adam, Violine; Doris Adam Klavier;
Wiener Concert-Verein (Kammerorchester der Wiener Symphoniker)
Dir.: Vladimir Fedosejev
25.Februar 2010, Klagenfurt, Musikverein, Konzerthaus
“Doppelkonzert” für Violine, Klavier und Kammerorchester
Karin Adam, Violine; Doris Adam Klavier;
Wiener Concert-Verein (Kammerorchester der Wiener Symphoniker)
Dir.: Vladimir Fedosejev
26.Februar 2010, Wien, Musikverein, Brahmssaal
“Doppelkonzert” für Violine, Klavier und Kammerorchester
Karin Adam, Violine; Doris Adam Klavier;
Wiener Concert-Verein (Kammerorchester der Wiener Symphoniker)
Dir.: Vladimir Fedosejev
20. April 2010, Wien, Musikverein, Steinerner Saal? “The Garden of Desires” für Violoncello und Klavier (UA)
Alexander Gebert, Violoncello, Anna Magdalena Kokits, Klavier
Foto Richard Dünser: Sissi Furgler
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Richard Dünser