„Ready For The Country“, das zweite Solo-Album des burgenländischen Musikers THOMAS PRONAI alias BO CANDY, ist als Antwort auf die 1972 von Neil Young gestellte Frage „Are You Ready For The Country“ zu verstehen, als Hommage an den Mikro-Kosmos und die analoge Welt im Zeitalter der digitalen Technik. Denn THOMAS PRONAI produziert seine Musik ausschließlich im eigenen analogen Ton-Studio in Oslip.
„Ready For The Country“ ist am 13. Dezember des vergangenen Jahres erschienen und führt das 2016 mit dem Album „Uzlop“ begonnene Leitmotiv der Ländlichkeit weiter. Pronais Synthese aus zeitloser Gitarren-Musik, Rock-Hymnen, psychedelischen Anklängen und moderner Produktionsweise, war im Rahmend der Album-Präsentation am 22. Dezember auch im Wiener Fluc zu hören. Im Gespräch mit Julia Philomena spricht Thomas Pronai von der Freiheit als Musiker, der Gefahr anderer Meinungen und der Zeit, die nicht das Geld verschlingt.
Aus welcher Motivation heraus ist das neue Album „Ready for the Country“ entstanden“?
Thomas Pronai: Wie so oft hat alles damit begonnen, dass ich Leerzeit im Studio hatte. Ich habe mich ausprobiert, neu zurechtgefunden und alte Nummern dekonstruiert. Aus dem freien Prozess heraus sind neue Stücke entstanden und weiterfolgend die Idee, das nächste Album zu produzieren. Druck gibt es bei mir selten, aber so stressfrei war mein Arbeiten wirklich noch nie.
Hat sich dann doch ein roter Faden herauskristallisiert?
Thomas Pronai: Der rote Faden hat sich schon beim vorigen Album „Uzlop“ herauskristallisiert. Diesen schlicht als ländlich zu bezeichnen, wäre vielleicht zu platt. Ich versuche immer, Stadt und Land einander gegenüberzustellen. Ich war eigentlich nur kurz in Wien und bin bewusst immer weiter weggezogen. Immer tiefer ins Burgenland. In diesem Sinne ist „Ready For The Country“ keine Frage, sondern meine Antwort.
Auf eine Frage, die Ihnen Neil Young mit seinem Song „Are You Ready For The Country“ 1972 auf seinem Album „Harvest“ gestellt hat?
Thomas Pronai: Ja! Man kann mein Album sicher als Hommage verstehen, nicht zuletzt auf Grund der Cover-Nummer, die ja auch drauf ist. Ich fühle mich Neil Young und seiner Musik sehr verbunden, gleichzeitig habe ich aber natürlich auch den Anspruch, etwas Neues, Zeitgemäßes zu versuchen. Auf dem Album ist mir, denke ich, eine Synthese beider Welten gelungen.
„Ich erforsche mein Umfeld und versuche das herauszuholen, was mich anspricht, mich berührt”
Andreas Spechtl, Frontman der Band Ja, Panik! und einer Ihrer längsten Wegbegleiter, beschreibt Sie unter anderem als ewigen Forscher. Sehen Sie sich selber auch so?
Thomas Pronai: Das Forschen, das er meint, beziehungsweise das Forschen, das auf mich zutrifft, ist kein konkretes. Ich war nie der Typ Mensch, der sich in einen Diskurs verlaufen wollte und gezielt ein Thema bearbeitet hat. Ich erforsche mein Umfeld und versuche, das herauszuholen, was mich anspricht, mich berührt.
Hat sich dieser Zugang im Laufe der Jahre verändert?
Thomas Pronai: Mein Zugang ist insofern derselbe geblieben, als ich an meiner Methode nichts verändert habe. Nur die Umstände ändern sich immer. Das Zeit-Problem ist zu einer großen Herausforderung geworden. Für das Album war die Organisation die größte Herausforderung. Denn meine Familie kann ich mit meiner Musik nicht ernähren. Aber die Musik ist mir wahnsinnig wichtig und die Option, auf sie zu verzichten, gibt es nicht.
Welche Vor- oder Nachteile bringt der Umstand, ein eigenes Studio plus Label (Container Recordings) zu betreiben und Musik selbst zu produzieren?
Thomas Pronai: Die Vorteile sind natürlich rein finanzieller Art. Künstlerisch hat man jede Freiheit. Das ist in erster Linie angenehm, hat aber auch den Nachteil, dass es keine Deadline gibt, auf die man hinarbeiten muss. Ein bisschen Druck schadet nicht. Deswegen habe ich mich auch dazu entschlossen, nur analog zu arbeiten. Eine Vielzahl von Möglichkeiten überfordert mich. Die Begrenzung der Mittel ist essentiell. Bei mir bleibt – quasi gezwungenermaßen – alles im Haus.
Wie kann man sich den Entstehungsprozess des Albums konkret vorstellen? Gibt es Personen, denen Sie Einblick gewähren?
Thomas Pronai: Ich habe einige wenige Menschen, denen ich gerne Zwischen-Stände vorspiele. Beispielsweise vertraue ich dem Broken-Hearts-Mitglied Julian Schneeberger sehr, meinem langjährigen Kollegen Clemens Peck, der für „Ready For The Country“ nach einer gefühlten Ewigkeit wieder als Schlagzeuger dabei war, oder meinem Texter Jaques Defo. Andere Meinungen sind mir sehr wichtig, auch wenn man manchmal zu spät draufkommt, dass man vielleicht doch nur auf die eigene hätte hören sollen.
„Manchmal wünschte ich, ich könnte mich jeden Tag zur selben Zeit ganz klassisch an den Schreibtisch setzen und an meiner Musik arbeiten”
Welchen Stellenwert hat die vokale Ebene für Sie?
Thomas Pronai: Bei mir ist definitiv immer die Musik zuerst da und ich würde mich nicht als Text-Typ bezeichnen. Ich mache Musik der Musik wegen, sie steht immer an erster Stelle, aber ich freue mich, wenn ich schöne Zeilen höre. Mir ist es schon ein Anliegen, dass der Text, sofern es einen gibt, ein guter ist. Deswegen war für mich klar, einen Songwriter an Bord zu holen, weil ich alleine nicht im Stande wäre, den eigenen Anspruch zu erfüllen.
Mittlerweile arbeite ich mit Jaques seit fünf Jahren zusammen und die Kooperation läuft einwandfrei. Manchmal bekommt er von mir fertige Lyrics, die nur mehr einen Feinschliff benötigen, manchmal sind es ganz grobe Gedanken-Konstrukte, die von ihm zu Ende gedacht werden.
Vor allem bin ich dankbar dafür, dass mit ihm eine unkonventionelle Arbeitsweise möglich ist. Manchmal wünschte ich, ich könnte mich jeden Tag zur selben Zeit ganz klassisch an den Schreibtisch setzen und an meiner Musik arbeiten. Aber das geht halt leider nicht. Die letzten Texte habe ich am Bahnhof wartend, oder während einer Konzert-Pause im Bus geschrieben.
Gibt es inhaltliche Themen, mit denen Sie auf konkrete, sozio-politische Ereignisse reagieren?
Thomas Pronai: Auf jeden Fall! Beim neuen Album wäre das zum Beispiel „Smile Again“, eine Nummer, die sich mit der Flüchtlings-Situation auseinandersetzt. Meine Freundin ist in Eisenstadt seit einigen Jahren in einem Heim tätig und es ist auf der Hand gelegen, mich mit der Ausweglosigkeit der Menschen zu befassen und gleichzeitig mit der Willensstärke jener Personen, die versuchen, die anderen wieder zum Lachen zu bringen. Das war eine klare Reaktion. Aber ich würde nicht sagen, dass in meiner Musik eine politische Haltung im Vordergrund steht. Das würde ich mich nicht trauen, dazu bin ich zu uninformiert.
Andreas Spechtl beschreibt ihr Anliegen, musikalisch Räume zu erschaffen, in denen man sich frei bewegen kann. In denen keine Uhr tickt, keine Norm das Sagen hat und Geld seine Bedeutung verliert.
Thomas Pronai: Das Erschaffen von Räumen ist auf jeden Fall eine Motivation. Musik hat mich ein Leben lang begleitet und so viel ausgelöst in mir. Ich hoffe sehr, dass man auch in meiner Musik versinken kann.
Kann man es als ein weiteres Anliegen von Ihnen verstehen, nachhaltig etwas bewirken zu wollen?
Thomas Pronai: Ich habe mich ganz bewusst in mein kleines Oslip zurückgezogen, um von dort aus nicht die Welt verändern zu können oder zu müssen. Wenn sich einige Menschen mit meinem Mikrokosmos identifizieren, ist das aber eine schöne Rückmeldung.
„Die Überprofessionalisierung der Kunst ist in Wirklichkeit nicht Zielführend”
Gab es trotz des wohligen Oslip-Kosmos einen Punkt, an dem sie im Zuge des neuen Albums an Ihre Grenzen gestoßen sind?
Thomas Pronai: „World of Glass“ ist mir sehr zu Kopf gestiegen. Im Nachhinein höre ich zwar von allen Seiten, es sei die beste Nummer des Albums, selbst bin ich aber nach wie vor unsicher. Im Großen und Ganzen ist sie auch für mich gelungen, aber mit sehr viel Krampf. Ich habe mir gesanglich schwer getan und vielleicht auf zu viele Meinungen gehört. Aber eine große Hürde gibt es immer. Und es bestätigt meine Ansicht, dass ein guter Song nicht gut klingen muss. Die Überprofessionalisierung der Kunst ist in Wirklichkeit nicht Zielführend.
Daher auch die Entscheidung, als Album-Cover eine Zeichnung Ihres Sohnes zu verwenden?
Thomas Pronai: Das war für mich sehr stimmig, hat sich thematisch richtig angefühlt. Mein Sohn malt nichts anderes als Traktoren. Das ganze Album ist so persönlich und wird von der Zeichnung schön umrahmt.
Gibt es einen Konzert-Kontext, in dem Sie sich ähnlich wohlfühlen, wie in Ihrem Studio?
Thomas Pronai: Schwierig. Die ganze Musiklandschaft ist so hip geworden. Unser erstes Konzert von „Ready For The Country“ haben wir in Bayern, in Traunstein gespielt. Ich weiß seit langem, dass man dort als Musiker respektvoll behandelt wird. Dort geht es nicht darum, die Hallen zu füllen, sondern einen schönen Abend zu verbringen. Dort funktioniert Arbeit so, wie ich mir das in meinem Leben wünsche.
Vielen Dank für das Gespräch!
Julia Philomena
Links:
Thomas Pronai (Facebook)