Der Raum als Instrument – eine performative Klanginstallation mit Bewegung, Musik, Licht und Architektur

Mit Klängen aus der Umwelt – auf Basis der unglaublich reichen Materialvorräte von Soundscapes – neue Klangwelten und neue Hörerlebnisse zu schaffen, das versucht Martina Claussen, die aufgrund ihrer vielfältigen Interessen nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten gesucht und in ihren ästhetischen Ansätzen, die Klänge aus verschiedenen Räumen zu vereinen gefunden hat. Dabei ist die Stimme für die Künstlerin zentral, was aufgrund ihres Gesangsstudiums an der MUK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien) und ihrer Ausbildung als Mezzosopranistin nicht verwundert. Weitere Studien der Computermusik und elektronische Medien absolvierte Claussen am „ELAK“ der mdw-Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie Komposition an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz.

Der Erhalt des „SKE-Publicity Preises 2020“ ermöglichte ihr, ein Projekt in großem Ausmaß zu realisieren. So entstand die Produktion „Blackboxed Voices – I am Here“, für welche die Zusammenarbeit mit Thomas Gorbach am „Akusmonium“ von großer Bedeutung ist. Die Projekte des Wiener Akusmoniums zielen darauf ab, für die Besucher*innen durch zahlreiche Lautsprecher mit diversesten Klangfarben ein neues Gefühl der Räumlichkeit erfahrbar zu machen. Daher rührt auch die Bedeutung des Begriffs „Blackbox“ im Titel von Claussens Werk: Für sie ist dies ein Synonym für Lautsprecher, weitere Assoziationen überlässt sie dem Publikum.

Der klangliche Aspekt eines Akusmoniums wird in dieser Arbeit durch Einbezug von Raum, Lichtarchitektur und Performance auf vier Säulen erweitert und kann daher als performative Klanginstallation betrachtet werden. Jene Säulen beeinflussen einander und stehen durch die Interaktion mit improvisatorischen Elementen einerseits in einer Verbundenheit, andererseits kann jede Säule alleine genauso für sich stehen. Unterstützt wird Martina Claussen bei der Aufführung von den mitwirkenden Künstler*innen Conny Zenk als Lichtdesignerin, Brigitte Wilfing als Choreografin und Patrizia Ruthensteiner als Kostümbildnerin. Die Arbeit an der Produktion konnte zudem in Kollaboration mit der Choreografin selbst sowie mit den weiteren Performern Tobias Leibetseder, Patric Redl und Alex Franz Zehetbauer erfolgen.

Indem live mit der Bewegung von Klang und Licht im Raum gespielt wird, ist die Architektur des Gebäudes – des Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien – miteinbezogen: Der Raum wird zum Musikinstrument, zur Szene selbst. Somit verweben sich Musik, Raum, Licht und Performance zu einem Gesamten.

Die hörbaren Klänge setzten sich hierbei aus live modulierten Soundscapes, zum anderen aus dem Live-Einsatz der rohen, natürlichen Stimmen der Performenden zusammen, die durch 32 Lautsprecher den Raum durchfluten. Claussen sammelte im Vorfeld einen „Klangpool“ an Aufnahmen, hierunter solche, die im Studio entstanden, und andere, die sie urbanen und naturnahen Gefilden aufnahm. Der Klang an sich spielt hierbei für sie die wesentliche Rolle: „Wie ist der Klang beschaffen, wie ist seine Textur? Was drückt er aus oder in welche Richtung geht er?“, sind Fragen, mit denen sich Claussen auseinandersetzt.

Zu den Klangaufnahmen treten menschliche Stimmklänge, die zumeist abstrakt und bewusst ohne semantische Bedeutung sind, als zusätzliche „Instrumente“ in einem Spiel zwischen Nähe und Distanz. Durch das Verflechten unterschiedlicher Dimensionen spielt Claussen mit dem Konzept des Ortes und der Zeit: Klänge werden dekonstruiert, in einen neuen Kontext gestellt und mit anderen Bedeutungen versehen.

Yoko Yamada, Mercedes Frühberger, Maximiliane Schrank