Der Hörberater – Hannes Löschel im mica-Interview

Das mica-Gespräch zwischen Hannes Löschel und Andreas Fellinger findet passenderweise in der Hörberatung statt, wo der Pianist, Keyboarder, Komponist und Loewenhertz-Labelbetreiber einen Probe- und Komponierraum eingerichtet hat – samt Schaufenster für kleine Klanginstallationen. Den Teil eines alten Firmenschilds hat Löschel aus gutem Grund über dem Eingang in der Wiener Jägerstraße belassen, immerhin hat er unter dem Label Hörberatung noch einiges vor.

Hannes, unter deinen vielen Aktivitäten thematisieren wir vielleicht am besten zuerst die aktuellen, wenn du einverstanden bist.
Hannes Löschel: Es gibt neue Stücke, die kommen, gespielt vom Ensemble PHACE, unter dem Titel spin auch auf Loewenhertz heraus. Das was eine Auftragskomposition vom Kunsthaus Bregenz, die ich später auch für eine Tanzproduktion im Museumsquartier umgeschrieben habe. Da sind auch ältere Stücke dabei, die sind für sieben Streicher komponiert plus Turntables von dieb13 und Elektronik von Josef Novotny. Dazu hat Christine Schörkhuber einen Film gedreht, der für sich ein eigenes Kunstwerk darstellt.

Und ganz aktuell ist ein absurdes Projekt, das ich aber super finde. Das heißt Hannes Löschel spielt um sein Leben und ist Teil der Ausstellung Splined Spheres von Ursula Klein. Sie hat Objekte aus PVC hergestellt und überprüft, mit wievielen Instrumenten auf Zug und auf Druck sie diese Objekte befüllen kann. Das Harmonium kann das, weil mit dem Harmonium saugst du Luft an. Darin hat man relativ wenig Sauerstoff. Nach 35 Minuten ist die PVC-Hülle voll und es kommt kein Ton mehr aus dem Instrument. Am 18. April ist Premiere im Innsbrucker aut (architektur und tirol).

Ansonsten sind im Moment kleinere Kompositionen aktuell, eine fürs RSO Radio Sinfonie Orchester, und zwar schreiben auf Wunsch von Christian Scheib zehn Komponisten Tanzmusiken für wien modern. Die werden dann am 7. November aufgeführt.

Ach ja, und zum Thema Kasperlpost arbeiten wir, die heuer 50 werden, an unserer Schmähband 50 Broken Promises. Also der Franz Hautzinger, der Josef Novotny, alle drei Kalksburger, Joanna Lewis – also insgesamt acht Leute. Es gab schon große Streitereien, der Novo wollte unbedingt Pippi Langstrumpf machen, und der Franz sagt, er ist ein großer Künstler, er macht das nicht.

Gibt es für die roaring fifties schon Livetermine?
Hannes Löschel: Ja, viele: Am 28. März im Blue Tomato, am 21. April im mo.ë, am 25. Mai im TAG Theater, am 31. Mai in der Alten Gerberei St. Johann/Tirol, am 1. Juni in Damtschach in Kärnten und am 12. September im Wiener Volksliedwerk. Und dann sicher wieder in Laab im Walde beim Hotzenplotzfestival vom Paul Skrepek (Im Wald da sind die Räuber), und dann gibt’s noch einen Porgy-Gig als Vorband von Lukas Kranzlbinder, der heuer 25 wird und der die 50-Jährigen als Vorband haben will. Tja, und dann hab ich noch meine paar Ensembles an der Linzer Bruckner-Uni.

Wie lange bist du jetzt schon in Linz engagiert?
Hannes Löschel: Die erste Periode war von 1995 bis 2009, dann war ich zwei Jahre, da war ich im Wiener Odeon angestellt, und seit seit 2012 wieder in Linz, aber mit weniger Stunden. Ich bin da zuständig für Kompostionen im interdisziplinären Kontext. Hintergrund war, dass die TänzerInnen ihre Abschlussarbeiten immer mit CD-Musik hinterlegten. Dabei haben wir so vielen MusikerInnen im Haus.

Kannst du etwas über deine Odeon-Zeit erzählen?
Hannes Löschel: Die war sehr schön, ist aber gegenwärtig stillgelegt, weil da personelle und finanzielle Dinge zu klären sind. Aber das Odeon als Dreispartenhaus mit Theater, Tanz und Musik ist schon etwas sehr Schönes. Ich hab dort vier Festivals gemacht. Es war eine schöne Erfahrung, das zwei Jahre lang betreuen zu können. Das Haus ist halt teilweise undicht, es gibt Schwierigkeiten mit Nachbarn nach 22 Uhr. Schauen wir, wie die Stadtpolitik den Weitergang entscheidet, momentan besteht eine klassische Patt-Situation zwischen Rot und Schwarz.

Welche sonstigen Vorhaben stehen an? Deine Band Exit Eden extistiert nach wie vor?

Hannes Löschel: Ja, wir spielen heuer noch, und zwar am 27. August zur Eröffnung des météo-Festivals in Mulhouse. Und vorher schon, am 15. Juni, beim Taktlos-Festival in Zürich, außerdem noch Bielefeld und Bremen, da stehen noch keine Termine fest, und im Saumarkt Theater in Feldkirch. Ich würde überhaupt gerne in Richtung Songs weitermachen. Ich weiß aber noch nicht genau, wie. Das geplante Nachfolgeprojekt heißt Songs of Experience, das ist der zweite Gedichtband von William Blake, der aber leider nicht so gut ist wie der erste. Dann hab ich für die Stadtkapelle komponiert, unter anderem mit Texten von Nino aus Wien, das passiert am 26. April im Porgy & Bess. Peter Ahorner hat auch Texte geliefert, die ich superschön finde. Und dann gibt’s noch vage Pläne für eine Kinderoper 2014.

Wann und aus welchen Motiven hast du Loewenhertz gegründet?
Hannes Löschel: Das war im Jahr 2000, und die Anfangsidee war es, Musik abseits des Mainstream in kleinen Auflagen zu produzieren. Die Gründung hing auch ein bisschen an meiner eigenen Arbeit. Nach vier, fünf Produktionen wollte ich aber Loewenhertz auf eine größere Plattform stellen, und zwar zusammen mit Josef Novohradsky, der alles Optische macht, der die Homepage betreut,  Filme dreht und fotografiert und für die Grafik und das CI verantwortlich ist.

Wie ist die wirtschaftliche Situation von Loewenhertz? Kommst du halbwegs zurande, wirst du reich damit oder arm?

Hannes Löschel: Nein, man versucht’s, auf null zu halten. Es ist für mich eine offene Geschichte, ob und wie es überhaupt weitergeht. Weil ich schon dazu bereit bin, dass es andere, sofern sich jemand findet, weiter betreiben. Loewenhertz kann Teil einer Schnittstelle werden, in der es das Label auch gibt, aber auch etwa das Organisieren von Musiktheater-Produktionen. Als Ausführender ist es mir wichtig, dass auf dem Label etwas erscheint, das man auch live performen kann. Bei den gegenwärtigen Plattenverkäufen ist das für mich das Kapital, dass CDs zu Veranstaltungen führen, damit sich alles finanziell ausgeht. Und unsere CDs sollen eigentlich die Arbeit von Musikern, die stark in der Live-Performances wurzeln, dokumentieren.

Und dann gibt es noch eine etwas vage Idee, unter dem Label Hörberatung einen Vertrieb zu konstruieren, der einerseits kleinere Labels zusammenfasst und andererseits Musiker und ihre Produktionen an Veranstalter vermittelt.

Wer ist da akutell im Gespräch, diese Idee, die ja auch bei der ersten Ausgabe von Maja’s Musik Markt ventiliert wurde, Wirklichkeit werden zu lassen?

Hannes Löschel: Mit einsteigen würden gern der Lukas Kranzlbinder und Martin Eberle mit Laub Records. Dann könnte ich mir vorstellen, dazu gab’s aber noch keine Vorgespräche, die Jazzwerkstatt und das Experimentalstudio Brigittenau von Florian Bogner und Markus Urban. Aber das ist, wie gesagt, noch Zukunftsmusik.


P.S.: Teile dieses Interviews sind auch in der April/Mai-Ausgabe von freiStil, Magazin für Musik und Umgebung, nachzulesen.

Foto Hannes Löschel: Johannes Novohradsky

 

http://www.hannesloeschel.com
http://www.loewenhertz.at/