Oszillierend zwischen Salzburg und Linz, One-Man-Show, Duo und Trio sowie Punk- und Glam-Rock: DAZED PILOTS. Das sind RICO MYNTHEN (Gesang und Gitarre) aus Linz und JONAS GEISE (Schlagzeug) aus Salzburg, die sich live gelegentlich per Bassgitarre zum Trio erweitern. Auf „K.T.F.T“, dem neuen Album von DAZED PILOTS, wird eine sehr ursprünglich-dreckige und charmante Variante von Rockmusik kredenzt, die immer noch von der markanten Stimme von MYNTHEN dominiert wird.
Bereits beim Opener „Kill ’em with a Kiss“ werden der Ton und die Marschrichtung angegeben, und zwar sowohl was die musikalische Ausrichtung als auch was die Texte anbelangt. Es handelt sich um eine schräge Mischung aus nach vorne preschendem Punk-Rock und oftmals melancholisch-verzerrten Gitarrenakkorden, die eher an deprimierten Glam-Rock erinnern. Versetzt wird das Ganze durch Lyrics, die einige typische Geschichten des Rock-’n’-Roll- und auch des Außenseiter-Lifestyles wiedererzählen und ihnen neues Leben einhauchen. Das tut insbesondere auch der österreichischen Rockmusik-Landschaft ausgesprochen gut. Denn die Tugenden, welche diese Art von Musik ursprünglich ansprechend und aufregend machten, sind einem Perfektionszwang gewichen, nur um sich möglichst wie eine Band aus Großbritannien oder den USA anzuhören.
Der perfekte Sound? Kein Interesse, lieber ehrlich
Dazed Pilots scheren sich keinen Deut um den perfekten Sound oder eine Anpassung an den Zeitgeist der populären Musik. Stattdessen machen sie ganz einfach das, worauf sie Lust haben. Und das durchaus überzeugend. Zwei der herausragenden Songs sind „Fall From Grace“ und der Akronym-Namensgeber des Albums „Kitchen Table Fairy Tales“. Bei beiden Nummern ist eine ausgewogene Mischung an eher melodiös-ruhigen und punkigen Parts der härteren und schnelleren Gangart am Werk. „Fall From Grace“ überzeugt speziell durch den geschickten Einsatz akustischer Gitarren, nur um sich im nächsten Moment wieder in Rock-’n’-Roll-Reinkultur zu ergießen. „Kitchen Table Fairy Tales“ besticht als Halbballade mit beinahe lyrischem Text und durch die markanten Vocals von Rico Mynthen. Glücklicherweise scheut sich dieser auch nicht, seiner wirklich einprägsamen Stimme Raum zu geben. De facto hat man regelmäßig das Gefühl, als würde er authentisch sein Innerstes nach außen kehren und sich nicht viel darum kümmern, dafür mal einen Ton nicht ganz zu treffen. Denn es gibt Wichtigeres. Ein Charaktersänger eben.
Generell darf es hin und wieder rumpeln – das ist vermutlich aber auch der Gedanke hinter der Musik von Dazed Pilots: nicht glatt gestriegelt und auf Hochglanz produziert bis zum Gehtnichtmehr, sondern hin und wieder eine Millisekunde daneben, mit Inbrunst, die dem Perfektionismus die Schau stiehlt, und genau deswegen umso lebendiger.
Alle, denen viele Rock-Alben heute zu wenig vom ursprünglichen Rock-’n’-Roll-Gedanken enthalten: zuschlagen!
Sebastian J. Götzendorfer
Dazed Pilots live
30. Juni 2018: Schlot Festival, Linz
Link:
Dazed Pilots (Facebook)