Das Unverständliche verständlich machen

Auf Entdeckungsreise von Klängen, Spieltechniken und mehr — mit dem Arditti Quartet in „A simple Guide to Complexity 2“.

New Complexity — Neben den bereichernden Kommentaren der aufführenden Musiker des Arditti Quartets zum Programm bringt der Veranstalter Wien Modern mit dem zweiten Konzert der Reihe seinem Publikum weitere Werke der seit den 1970er-Jahren unter dem Namen der „New Complexity“bekannten musikalischen Strömung nahe.

Das Arditti Quartet präsentierte eine sorgfältig zusammengestellte, wenn auch wenig abwechslungsreiche Auswahl an Kompositionen der „New Complexity“. Mit dem Begründer dieser Strömung, Brian Ferneyhough, und dessen Streichquartett Nr. 5 von 2006 tauchten die Besuchenden ein in diese Welt. Somit konnte ein erster Eindruck eines Genres gewonnen werden, welches durch eine Bandbreite an Spieltechniken eine bunte Mischung von Klangfarben hervorbringt und sich durch Virtuosität im Vortragen der komplexen Notationen dieser Werke auszeichnet. Durch die anschließende kurze Vorstellungsrunde des Quartetts durch Anekdoten aus Entstehungsjahren und Proben vermittelten diese auch Hintergrundwissen zur Geschichte der sie seit Jahren begleitenden Musik. Bevor das Konzert mit Elliott Carters 3. Streichquartett aus dem Jahr 1971 fortgeführt wurde, brachten die Musiker dem Publikum als passende Überleitung das Werk Carters nahe, indem sie den individuellen Kompositionsansatz einer Einteilung der Musizierenden in Zweiergruppen erklärten. Somit konnten die Zuhörenden darauffolgend dem anspruchsvollen Werk leichter folgen und die beiden Instrumentengruppen als miteinander interagierende Charaktere mit jeweils breiten Spektren an Klangfarben, Akkorden und metrischen Mustern erkennen und den Spannungsaufbau dieses Zusammenspiels verfolgen. Ebenso wie in Carters Stück, so sticht auch bei Clemens Gadenstätters Triptychon „paramyth“ der performative Charakter hervor. Die Worte der Untertitel „häuten“, „schlitzen“ und „reißen“ des Werkzyklus’ wurden nicht nur klanglich, sondern auch durch die auf Gestiken erweiterten Spieltechniken untermalt. In dem lange andauernden Konzert wurden die Besuchenden mit der Wahrnehmung musikalischer Eindrücke bewusst überfordert – dennoch konnte vermittelt werden, was bei dieser Musik des Komplexismus im Zentrum steht: eine einzigartige, im Moment stattfindende und nicht wiederholbare Performance, die Wert auf die Multidimensionalität der Klänge, dem Material an Ausdrucksmöglichkeiten legt.

Maximiliane Schrank

Diese Kritik über das Konzert mit dem Titel „A Simple Guide to Complexity 2“ mit dem Arditti Quartet im Rahmen von Wien Modern am 28. November 2022 im Wiener Konzerthaus entstand als Teil einer Lehrveranstaltung von Monika Voithofer am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.