Bevor das Wiener Porgy & Bess seine wohl verdiente Sommerpause antritt, bietet es den Jazzfans der Stadt zum Finale noch ein letztes Mal ein echtes musikalisches Highlight. Zu Gast ist am 14. Juli mit Karl Ratzer nämlich ein Musiker, der wie nur wenige andere die österreichische Musikgeschichte der letzten 50 Jahre mitgeschrieben hat. Als Gitarrist seit Dekaden internationales Renommee genießend, steht der Mann mit den flinken Fingern dieses Mal mit einem Trio auf der Bühne, in einem reduzierten Format, in den man ihn eher selten zu sehen bzw. zu hören bekommt. Karl Ratzer zur Seite stehen an diesem Abend Peter Herbert (Bass) und Reinhard Winkler (Schlagzeug).
Mit den ganz großen der Jazzgeschichte zusammengearbeitet
Der 1950 in Wien geborene Karl Ratzer blickt auf eine auf eine sehr bewegte und zugleich auch überaus erfolgreiche Karriere zurück. Nicht viele österreichische MusikerInnen können von sich behaupten, mit den ganz Großen der Jazzgeschichte einmal zusammengearbeitet zu haben. In der heimischen Szene größere Bekanntheit erlangte der Autodidakt zunächst mit der Ende der 60er-Jahre gegründeten Formation Gipsy Love, die für viele als eine der ersten österreichischen Rockbands überhaupt galt. Dem ambitionierten Musiker wurde es mit der Zeit hierzulande aber doch etwas zu eng und so zog es ihn mit 22 Jahren hinaus in die weite Welt.
Anfang der siebziger übersiedelte Karl Ratzer in die USA, wo er auch erstaunlich schnell Anschluss fand. So war er gleich zu Beginn seines Aufenthaltes in ein Projekt mit dem Namen High Voltage involviert, welches später als Rufus & Chaka Khan zu Weltruhm gelangen sollte. 1977 gründete der Gitarrist in New York eine Band mit Jeremy Steig, Dan Wall, Eddie Gomez, Joe Chambers und Ray Mantilla. 1980 kehrte Karl Ratzer schließlich wieder in seine Heimat zurück, wo er sich seit dem mit seinen eigenen Formationen höchst aktiv betätigt.
„eine Vibrato-Technik, dass du sterben möchtest“
Karl Ratzer ist seit je her bekannt für seine musikalischen Grenzgänge. Einst im Blues und Rock’n’ Roll sozialisiert, unternahm der heute 65-Jährige schon früh Ausflüge in den Jazz, Soul und Funk. Dank seines ausgeprägten Rhythmusgefühls und weiten Musikverständnisses fand sich der Wiener mit Roma-Wurzeln spielend in den unterschiedlichsten Spielarten zurecht. So meint etwa der amerikanische Gitarrist, Journalist und Jazz-Autor Bill Milkowski: „Er hat einen fetten, sahnigen Ton, eine mutige Improvisations-Ader, eine Vibrato-Technik, dass du sterben möchtest, und einen Hang zu echtem Blues, Funk und Soul“.
Bei solchen Vorzeichen steht einem unterhaltsamen Musikabend also nicht wirklich etwas im Wege.
Michael Ternai
Foto: Jan Scheffner
Karl Ratzer