Zum 25. Mal findet heuer das INTERNATIONALE AKKORDEONFESTIVAL in Wien und Niederösterreich statt. Jürgen Plank hat mit der neuen Festival-Leitung gesprochen: Nach 24 Jahren lösen FRANZISKA HATZ und LISA REIMITZ den Festival-Gründer FRIEDL PREISL in dieser Position ab. Im Interview erzählen die beiden von den Schwerpunkten des Programms und davon, was sich geändert hat und was gleichbleiben wird – etwa die das Festival ergänzenden Workshops und die Stummfilm-Matinees mit Live-Musik im Filmcasino. Außerdem geht es um zwei weitere von FRIEDL PREISL begründete Festivals, die von HATZ und REIMITZ übernommen werden: den MUSIKALISCHEN ADVENTSKALENDER und KLEZMORE.
Franziska, du bist ja selbst Akkordeonistin und seit einigen Jahren beim Akkordeonfestival als Kuratorin tätig. Wie bist du in die neue Aufgabe im Leitungsteam hineingewachsen?
Franziska Hatz: Seit dem Jahr 2009 besuche ich das Akkordeonfestival und gleich am ersten Abend habe ich Friedl Preisl kennengelernt. Er hat mir sofort angeboten, mitzuarbeiten und dafür die Konzerte gratis zu besuchen. Ab dem Jahr 2013 habe ich beim Programm mitgesprochen und deswegen hat Friedl gemeint: „Wenn du magst, dann arbeite als Kuratorin mit.“ Denn Friedl wollte auch immer Rückmeldungen zum Programm. Seit 2015 bin ich offiziell als Programmkuratorin dabei und jetzt gemeinsam mit Lisa in der Festival-Leitung.
Lisa, wie war dein Weg zum Akkordeonfestival?
Lisa Reimitz: Ich kannte das Festival als Besucherin und Franziska und ich kennen uns schon lange. Als sie mich gefragt hat, war mir von Anfang an klar, dass es eine gute Idee ist, mitzuarbeiten, und zwar in Bezug auf alle drei von Friedl gegründeten Festivals. Ich habe auch selbst bereits Festivals kuratiert und ich finde es sehr schön, dass wir beide schon gut eingespielt sind und das Akkordeonfestival gut weiterentwickeln können. In den letzten zwei Jahren war ich an vielen Abenden dabei und habe viele Fragen zu den Abläufen gestellt und viele Antworten bekommen.
Ich könnte mir vorstellen, dass man auch eine große Verantwortung spürt, wenn man so ein gestandenes Festival übernimmt.
Franziska Hatz: Als Friedl mich gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, das Akkordeonfestival weiter zu führen, habe ich nicht lange überlegt. Ich habe als Musikerin ja auch von diesem Festival sehr profitiert. Denn Friedl hat sich immer wieder getraut, Nachwuchstalente zu fördern, ohne darauf zu achten, ob sich so ein Abend finanziell positiv ausgeht. Das fand ich immer mutig und das möchte ich auch weiterführen. Aber es ist eine sehr große Verantwortung, das stimmt auf jeden Fall. Wir übernehmen ja ein Festival, bei dem kein Produktionsbüro dahintersteht. Eine der größten Herausforderungen war sicher, die Strukturen neu zu erfinden und zu finanzieren.
Damit konkret zum heurigen Programm: was habt ihr unverändert gelassen und was habt ihr neu gedacht?
Lisa Reimitz: Die auf den ersten Blick ersichtliche Neuerung ist, dass das Festival gekürzt wurde, es dauert nun drei statt vier Wochen. Aber keine Sorge: es gibt jeden Tag Programm. Es gibt mehrere Schwerpunkte im Programm: Einerseits junge Künstler und Künstlerinnen, so wie es Friedl Preisls Drang war. Heuer wird einiges an neuen Klängen zu hören sein, zum Beispiel bei der Abschlussgala: da gibt es eine Mischung aus traditioneller Volksmusik und exquisiten Klängen mit der Band Maxjoseph. Das ist eine junge bayrische Band, in deren Musik ich mich sofort schock-verliebt habe. Die Band steht für mich für einen Generationswechsel in der traditionellen Akkordeon-Musik, die dann gar nicht mehr so traditionell ist.
Welche Neuerungen und Highlights im Programm würdest du nennen, Franziska?
Franziska Hatz: Wenn ich mir die Gruppen im Programm anschaue, getraue ich mich zu sagen, dass mehr als die Hälfte noch nie beim Akkordeonfestival gespielt haben. So innovativ war’s vielleicht noch nie. Ich freue mich, dass heuer wieder ein Akkordeon-Orchester dabei ist, das Upper Austrian Accordion Orchestra: Johannes Münzner gibt sich da sehr viel Mühe, den Sound eines Orchesters zu verfeinern und zu erneuern. Ich freue mich sehr auf die finnische Akkordeonistin Teija Niku und auf Louise Jallu aus Frankreich. Auch Christian Bakanic war mit seinem Projekt Birds Against Hurricanes noch nie dabei.
„MILOŠ TODOROVSKI HAT FÜR DAS FESTIVAL IMMER WIEDER NEUE KOMPOSITIONEN GEMACHT UND DESWEGEN FINDE ICH ES TOLL, DASS ER ZUR ERÖFFNUNG SPIELEN WIRD“
Wie sieht es mit Tango 5 und der Eröffnungsveranstaltung am 17. Februar im Ehrbar Saal aus?
Franziska Hatz: Zur Eröffnung spielt Miloš Todorovski, der das Festival schon seit vielen Jahren bereichert. Er leitet auch das Musikschul-Konzert mit den jungen Talenten an und Miloš selbst bringt wirklich jedes Jahr etwas Neues. Miloš Todorovski hat für das Festival immer wieder neue Kompositionen gemacht und deswegen finde ich es toll, dass er zur Eröffnung spielen wird.
Was ist noch neu?
Lisa Reimitz: Neu dazu gekommen ist die Reihe Carte Blanche, das ist sozusagen eine wild card für die Künstler:innen, die einen Abend ganz nach ihrem Belieben gestalten können.
Franziska Hatz: Genau, das muss nicht zwingend Musik sein. Es kann auch eine Lesung sein bzw. alles, was die Künstler:innen machen möchten. Wichtig ist nur, dass der Abend in einer Session endet, die für alle offen ist. Heuer gestaltet Nikola Zaric diesen Abend im Club Frau Mayer. Heuer haben wir auch zum ersten Mal einen Tanzworkshop im Programm, da wird Marinette Bonnert spielen, mit ihrem diatonischen Akkordeon. Dieser Workshop kann natürlich auch von Nicht-Akkordeonist:innen besucht werden.
Friedl Preisl hat in den letzten Jahren auch andere Festivals in Wien geleitet: Klezmore und den Musikalischen Adventkalender. Springt ihr bei diesen ebenfalls in die Presche und führt sie weiter?
Lisa Reimitz: Mit großer Hingabe springen wir da in die Presche! Ursprünglich war nur das Akkordeonfestival geplant, aber mir war es ein großes Anliegen den Musikalischen Adventkalender weiter zu führen. Das Klezmore hat sich im Laufe der Zeit auch ergeben. Zum Klezmore haben wir uns Unterstützung dazu geholt: Isabel Frey und Esther Wratschko werden ab heuer als Co-Kuratorinnen dabei sein. Beim Musikalischen Adventkalender wird es keine Kürzung des Programms geben, aber auch in diesem Fall wird es andere Formate geben, vielleicht Tageskonzerte.
Wirst du selbst in Zukunft mal beim Akkordeonfestival spielen, du könntest dich von Lisa ins Programm holen lassen?
Franziska Hatz: Es gibt in Österreich sehr viele Nachwuchskünstler:innen und es gibt viele etablierte Künstler:innen und ich möchte versuchen, dass sich diese abwechseln. Ich denke, dass es genügend Künstler:innengibt, die einen Platz auf einer Bühne verdient haben. Dadurch, dass ich aktive Musikerin bin, kann es schon sein, dass ich mal spiele. Aber ich würde nicht jedes Jahr beim Akkordeonfestival spielen, weil ich glaube, dass mir das zustehen würde. Das fände ich vermessen.
Gibt es ein vergleichbares Akkordeonfestival irgendwo in der Welt?
Franziska Hatz: Wir sind in der Anzahl der unterschiedlichen Acts und in der Festivaldauer – wenn man das in Korrelation setzt – das größte Festival. Es gibt in Deutschland die so genannte Akkordeonale, die fast zweieinhalb Monate dauert. Aber das Konzept ist ganz anders als bei uns: da werden fünf bis sieben Künstler:innen eingeladen, die miteinander ein Programm einstudieren und mit diesem Programm gehen sie dann auf Tour. Ich finde, das ist spannend. Ich habe immer wieder versucht, dass diese Gruppe bei uns zum Abschluss spielt und würde eine Kooperation schön finden. Aber da liegt zu viel Zeit dazwischen. In Italien gibt es mehrere kleine Festivals und auch in Zug in der Schweiz gibt es ein Akkordeonfestival. Und es gibt wohl auch in China und in Südkorea eine Akkordeon-Szene und da möchte ich noch mehr Kontakte knüpfen.
Das heißt, dass es in den nächsten Jahren beim Akkordeonfestival auch Musiker:innen aus Südkorea geben könnte.
Franziska Hatz: Ja, das wäre ein Traum. Die Szene dort ist spannend.
Mir ist im Programm die Gruppe Wondrak.Lindschi aufgefallen, die gecastet wurde.
Lisa Reimitz: Ja, die wurde für das Wienerlied-Festival gecastet, nicht für uns.
Franziska Hatz: Aber wir kennen alle vier Musikerinnen persönlich und alleine die Vorstellung, dass sie miteinander musizieren, hat uns gefallen. Grundsätzlich hatten wir heuer rund 250 Bewerbungen und Einreichungen, da kommen auch Agenturen auf uns zu und so gab es 250 Bewerbungen für 30 Slots.
„DAS PROGRAMM IST EINE MISCHUNG AUS AKTIVER SUCHE UND AUS DEM ANNEHMEN VON BEWERBUNGEN“
Bei so vielen Bewerbungen könnt ihr euch eigentlich zurücklehnen und jedes Jahr die besten Acts auswählen?
Lisa Reimitz: Es gab wirklich viele Bewerbungen, einige sind teilweise in den vergangenen Jahren immer wieder gekommen. Das Festival-Programm zu gestalten, ist jedes Jahr ein ganz eigener Prozess. Das Programm ist eine Mischung aus aktiver Suche und aus dem Annehmen von Bewerbungen. Durch Bewerbungen bekommt man neue Inspirationen, auch in Bezug auf Spielstätten, zu denen eine Band passen könnte.
Welche neuen Locations gibt es denn heuer?
Franziska Hatz: Die Hofburgkapelle und die Frau Mayer. Dort wird die Veranstaltung mit der Carte Blanche stattfinden. Mittlerweile kommen auch schon Spielstätten mit Anfragen für Veranstaltungen auf uns zu.
Herzlichen Dank für das Interview.
Jürgen Plank
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Internationales Akkordeonfestival: 24.2.2024 bis 17.3.2024, verschiedene Locations in Wien und Niederösterreich
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