CTM 2015 RADIO LAB – Open Call

Ein Open Call von Deutschlandradio Kultur – Hörspiel/Klangkunst, CTM Festival, Goethe-Institut, ORF musikprotokoll im steirischern herbst, Ö1 Kunstradio und ECAS. – Nach großer Resonanz im Vorjahr vergeben Deutschlandradio Kultur – Hörspiel / Klangkunst und CTM Festival gemeinsam mit Goethe-Institut, ORF musikprotokoll im steirischen herbst, Ö1 Kunstradio und dem ECAS/ICAS-Netzwerk erneut zwei künstlerische Auftragsarbeiten. Anschließend an das Thema des CTM Festivals 2015 Un Tune – Exploring Sonic Affect werden ungewöhnliche Audioprojekte gesucht, die das Medium Radio mit Live-Performance oder Installationskunst verknüpfen.

Der Aufruf richtet sich an Künstler/innen in den Bereichen experimentelle Musik, Klangkunst, Radiokunst, neues Hörspiel und Performance. Die zwei in Auftrag zu gebenden Werke werden sowohl in der Sendung Klangkunst von Deutschlandradio Kultur ausgestrahlt als auch als Aufführung oder Installation am CTM Festival in Berlin (23. Januar – 1. Februar 2015) präsentiert. Die ausgewählten Projekte werden zudem vom Österreichischen Rundfunk präsentiert, je nach inhaltlicher Ausrichtung in Ö1 Kunstradio, in Ö1 Zeit-Ton und/oder beim Festival ORF musikprotokoll im steirischen herbst. Die Arbeiten sollen einen kreativen Hybrid aus Live- und Radiofassung darstellen bzw. einen produktiven Dialog zwischen den Formaten entfachen und ihre künstlerischen Potentiale ausloten. Die vorgeschlagenen Arbeiten soll in ihrer Radiofassung eine Länge von 40-55 Minuten ermöglichen.

Die eingereichten Projektvorschläge müssen sich zudem mit dem Thema Un Tune befassen.

Die aus den über 300 Einreichungen des Vorjahres-Calls ausgewählten Projekte sind im Herbst 2014 nochmals live und im Radio zu erleben. Das französische Radiokollektiv ∏-node betreibt in Zusammenarbeit mit lokalen Radioaktivist/innen und Künstler/Innen in Graz beim Festival ORF musikprotokoll im steirischen herbst einen experimentellen Radio-Arbeitsraum (7. – 12. Oktober). Am 10. Oktober ist die große Gruppe in Ö1 Zeit-Ton extended zu Gast. Die Arbeit „Walk That Sound“ des serbischen Künstlers Lukatoyboy wird am 12. Oktober in Ö1 Kunstradio gesendet.

Un Tune

Mit dem Thema Un Tune befasst sich das CTM Festival 2015 mit der unmittelbaren leiblichen Erfahrung von Frequenzen, Klang und Musik und ihrer Kombination mit anderen spekulativ-narrativen Einflüssen. Das Festival betont damit die abenteuerliche und forschende Seite von Klang und Musik. Das künstlerische Experimentieren mit affektiven und somatischen Wirkungen eröffnet Möglichkeiten des Stimmens und Ent-Stimmens, Variationen eines Mehrklangs aus Materie, Energie, Körper und Maschine.

Mit der Entdeckung von Elektrizität, natürlicher Radiowellen, Tonaufzeichnung und Elektroakustik ist die Verbindung aus Körper und Klang keine unausweichliche mehr – und zugleich eine intensivere als je zuvor. Als Reaktion auf die mit der Digitalisierung vollendete Entkoppelung von Klang und Körper suchen Künstler heute verstärkt nach neuen Wegen, ihre und andere Körper in die Musik und in das Feld des Klangs zurückzuholen.

Schallereignisse – Geräusche, Klänge, Musik – werden nicht nur mit den Ohren wahrgenommen. Ihre Wirkung auf den menschlichen Körper geht über die Reizung der primären Sinnesorgane hinaus. Akustische Schwingungen übertragen ihre Impulse, drängen sich auf und dringen in Körper und Gewebe ein. Auch werden sie nicht nur auf der Ebene des Bewusstseins verarbeitet, sondern können unbewusst psychische und unkontrollierbare physiologische Reaktionen auslösen.

Die technologische Entwicklung gibt uns heute die Mittel an die Hand, um solche und andere Affekte besser zu verstehen und zu erkunden. Operiert wird dabei in einem Spannungsfeld, das von Lust und Unlust, von Selbst- und Fremdbestimmung, von Selbstgestaltung und internalisierter Kontrolle, von individueller und kollektiver Erfahrung und von einer Selbstwahrnehmung sowohl als Subjekt wie auch als Objekt durchzogen ist.

Zugleich sind Maschinen selbst Teil der Wahrnehmungsweisen unseres Selbst und unserer Umwelt geworden. In unserer heutigen Klangumgebung fügen sich menschliche und nichtmenschliche, natürliche, kulturelle und technologische Aktanten zu einem Gefüge zusammen. Indem sie die Kraft hat, uns als hörendes Subjekt zu dezentralisieren, birgt die Beschäftigung mit den affektiven Potentialen von Klängen so nicht zuletzt auch ökologische Dimensionen.

Im Spektrum zwischen physikalischen Phänomenen, Bioakustik, Ambient, Flicker, Brain Entrainment, Binaural Beats, Biofeedback, Psychoakustik, Neo-Psychedelik, hypnotischer Repetition, Noise und Subbass-Vibrationen sucht Un Tune Arbeiten von Künstler/innen, die sich der affektiven Potenziale von Geräuschen, Frequenzen, Musik und Bildern bedienen, um dem menschlichen Körper auf beunruhigende und emphatische Weise nahe zu rücken. Solch künstlerische Versuchsanordnungen öffnen Räume, die unsere gewohnheitsmäßigen Erfahrungsweisen temporär destabilisieren. Ungewohnte Raum/Zeit-Erlebnisse, Intensitäten der Sinneserfahrung und neue Wahrnehmungsweisen kreieren entgrenzende Erfahrungen, die emanzipatorische Potentiale bergen.

Vor diesem Hintergrund verschiebt CTM 2015 mit dem Thema Un Tune den Schwerpunkt von Fragen der Repräsentation und der kulturellen Bedeutung hin zu Fragen nach dem Gebrauch und den Funktionsweisen von Klang und Musik als affektive Kräfte: Im Spektrum zwischen Physik und kultureller Semantik verlagert sich der Fokus von der Frage „Was möchte Musik bedeuten?“ hin zu „Welche Wirkungen haben Klang und Frequenzen?“. Damit aber wird die längst durchlässig gewordene Trennung zwischen Schall, Klang und Musik noch weiter verwischt.

Gesucht werden künstlerischen Arbeiten und neuartige Experimente für die Wahrnehmung, die diese Entwicklungen kreativ aufgreifen und kritisch reflektieren. Welche kontrollierbaren und unkontrollierbaren Zugänge zu Körper, Wahrnehmung, Empfinden und Vorstellungsweisen bieten technisch erweiterte Erfahrungsräume wie Radio, Internet, mobile Kommunikationsmedien, Konzerthallen, Clubs oder die eigene Wohnung? Welche Potentiale bergen die Manipulation lebensweltlicher Klangumgebungen oder die Verschaltung unterschiedlicher kollektiver und individueller akustischer Erfahrungsräume? Was sind die physikalischen und physiologischen Grundlagen solcher Potentiale? Und wie verhalten sich natürliche physische und physiologische Phänomene zu kulturellen und geistigen Prozessen? Wie kann produktiv mit Grenzziehungen oder -auflösungen zwischen selbstbestimmter Stimulation und manipulierender Fremdbestimmung umgegangen werden.

Eine ausführliche Beschreibung des Un Tune Themas gibt es auf der CTM-Festival-Webseite.

Einsendebedingungen

Der Call unterliegt keinen geographischen Beschränkungen. Einsendungen von Künstlern und Künstlerinnen aus allen Teilen der Welt sind ausdrücklich erwünscht. Die eingereichten Arbeiten müssen neu und dürfen noch nicht realisiert sein. Eine gute Beschreibung des Vorhabens erleichtert die Beurteilung durch die Jury. Einreichungen sollten in Englisch verfasst sein und folgende Materialien enthalten:

  • einen tabellarischen Lebenslauf (PDF)
  • eine Projektbeschreibung (PDF) mit Erläuterung des Bezugs zum Thema des Calls
  • wenn möglich, Skizzen, Bildmaterial, Audiomaterial (Bitte online bereitstellen)
  • ein knapper Umriss des zur Realisation des Projektes notwendigen technischen Bedarfs
  • Für die Einsendung bitte ausschließlich untenstehendes Online-Formular verwenden.

 

Unvollständige oder verspätete Einsendungen werden nicht berücksichtigt

Zum Online-Formular.

Zeitplan und Deadline:

Einsendeschluss: 31. August 2014
10. September 2014: Bekanntgabe des Juryentscheids
September 2014 – Januar 2015 Produktionsphase mit zwischenzeitlichem Arbeitsaufenthalt in Berlin (nach Absprache)
23. Januar bis 1. Februar 2015 Aufführung beim CTM 2015 Festival
Februar 2015 Sendung bei Deutschlandradio Kultur – Klangkunst
Herbst 2015 Präsentation durch ORF

Jury

Die fünfköpfige Jury setzt sich aus internationalen Künstlern, Kuratoren und Journalisten zusammen und wird mit Bekanntgabe des Ergebnisses veröffentlicht.
Budget:

Die ausgewählten Arbeiten werden je mit einem Produktionsbudget/Honorar von 5000 € ausgestattet. Zudem werden die Realisierungskosten für die Aufführungen beim CTM Festival sowie eventuell beim ORF musikprotokoll im steirischen herbst übernommen. Falls erforderlich werden Reisekosten sowie Unterkunft für die Künstler / Projektbeteiligten gestellt. Die Produktion der Arbeit wird durch Beratung und Hilfestellungen von Deutschlandradio Kultur und CTM Festival begleitet.

http://musikprotokoll.orf.at/de/news/ctm-2015-radio-lab-%E2%80%93-open-call