Christian Scheib im Interview über die Orchesterminiaturen des ORF-RSO

72 österreichische KomponistInnen haben für das RSO-Radio Symphonie Orchester Wien bis jetzt Miniaturen mit der maximalen Länge von zehn Minuten zum 40 Jahre Jubiläum geschenkt. Diese wurden aufgezeichnet und auch zum großen Teil von den KomponistInnen selbst dirigiert. Zur Zeit sind diese “Kurzwerke” täglich mehrmals auf Ö1 zuhören. Dieses Panoptikum – im alten Sinn des Wortes eben eine Sammlung von seltsamen, aber bemerkenswerten Petitessen – wird von 19. bis 30. Oktober an unerwarteten Stellen im Ö1-Programm auftauchen, darüber hinaus in oe1.ORF.at und rso.ORF.at, in ORF 2 in einer Fernsehdokumentation über das RSO Wien sowie selbstverständlich in Musiksendungen in Ö1. Noch nie gab es eine derart umfassende, bunte und heterogene Sammlung österreichischer Stimmen des Zeitgenössischen für einen Klangkörper dieser Größenordnung.

Wie bist Du auf die Idee für die Miniaturen gekommen?

Wir wollten für das RSO Wien Musik von österreichischen Komponistinnen und Komponisten haben, die in unseren ORF-Medien – Radio, Fernsehen, Internet –  auf witzigere, ungewöhnlichere und vielfältigere Art präsentierbar ist, als es die Tradition der Konzertübertragung von Ur- und Erstaufführungen erlaubt. Mit Miniaturen kann man einfach flexibler und auch an ganz anderen als den sonst üblichen Sendeplätzen zeitgenössische Musik spielen. Und das tun wir ja zur Zeit auch ganz intensiv, bespielsweise in Ö1 udn auf oe1.orf.at

War es schwierig, die Kompositionen zu bekommen oder haben sich alle angefragten KomponistInnen gleich bereitwillig beteiligt?

Die Reaktion der Angefragte war überwältigend: Fasz ausnahmslos fanden die Komponierenden die Idee eben auch intzeressant und ungewöhnlich und haben ziemlich schnell was geschickt. Eine Orchesterminiatur als Genre gibt es ja eigentlich gar nicht und deswegen war das für gar nicht so wenige auch eine künstlerische Herausforderung, sich zur Abwechslung sozusagen nicht dem Roman oder der Kurzgeschichte, sondern dem Aphorismus zu widmen.

Nach welchen Kriterien ist die Auswahl der KomponistInnen erfolgt, bzw. der 40 Geburtstags-Stücke aus den 72 aufgenommenen Miniaturen erfolgt?

Wir haben ganz unsystematisch begonnen und sind ja auch noch nicht ganz fertig. Aber wichtig war mir, dass neben Komponistinnen und Komponisten, die man bei einem Projekt mit Orchesterliteratur erwarten kann, auch einige dabei waren, die die Möglichkeiten dieses Klangkörpers aus ganz anderer Perspektive nutzen.

 

Wie waren die Aufnahmen? Die KomponistInnen haben ja teilweise auch ihre eigenen Stücke dirigiert…

Ja, einige haben auch selbst dirigiert, das war wunderbar, weil einfach die Verbindung zwischen Orchester und Komponist dann nochmals eine ganz andere ist. Und wer nicht selber dirigieren wollte, dessen Stück wurde durch das Dirigat von Gottfried Rabl bestmöglich betreut. Für das Orchester war diese einwöchige Produktionsphase natürlich auch was ganz besonderes, es ergab einen bemerkenswerten Arbeitsrhythmus, so alle zwanzig Minuten die nächste “Uraufführung” produziert zu haben.

Ist dies der Beginn einer neuen Ära im ORF, wird man nun öfter zumindest kurze zeitgenössische Stücke auch über den Tag verteilt hören können?

Diese Miniaturen – und im Moment stehen wir bei 72 – werden mit Sicherheit auf Dauer ihre Spuren im Programm von Ö1 hinterlassen. Und im Netz ja sowieso auch, da wächst die Liste der zugänglichen ja im Moment pro Tag um vier Stücke.

Das RSO hat ja bisher schon viel Zeitgenössisches gespielt. Wird sich das Orchester nun noch stärker als bisher auf der zeitgenössischen Schiene positionieren? Die kommende Saison ist ja vielversprechend…

Klar versuchen wir, viel Neuen und Heutiges zu spielen, halt in einer guten Dosierung mit anderem aus dem 20. Jahrhundert, von Mahler, Schönberg, Debussy, Stravinsky bis zu den Zeitgenossen, und selbstverständlich mit immer wieder mal einem Ausflug ins 18. und 19. Jahrhundert.

Das Interview führte Sabine Reiter