Charmant Rouge zu Gast im Fluc

Das wirklich Spannende an der Band Charmant Rouge ist, dass eigentlich niemals vorhersehbar ist, welche Richtung sie musikalisch auf einem neuen Album einzuschlagen gedenkt. Keine Ausnahme macht da das Anfang dieses Jahres erschienene dritte Werk „Dark Water“ (Karate Joe Rec.). Wie man es von der burgenländischen Formation gewohnt ist, hat sich diese einmal mehr radikal neu erfunden. Vom radiotauglichen Sound alter Tage ist rein gar nichts mehr zu hören, vielmehr regieren wohl strukturierter und spannend in Szene gesetzte Lärmeskapaden und mächtige Gitarrenwände. Eine Kostprobe ihres neuen musikalischen Ansatzes gibt es am 25. November im Wiener Fluc.

Andreas Berger (Bass, Programming, Synths, Arrangements), David Kleinl (Voices, Synths, FX), Robert Pinzolits (Drums, Synths, Voices, Arrangements; Betreiber von Karate Joe Rec.) und Thomas Pronai (Guitars, Voices, Arrangements) hätten es sich auch einfach machen können, ein weiteres Album wie „Post No Bill“ aufnehmen und sich von den Kritikern und Fans abfeiern lassen. Nun, kennt man die Geschichte der Band sowie die ihrer Mitglieder, weiß man, dass es so schlicht nicht passieren hätte können. Ein Blick auf die zahlreichen Projekte, in denen Berger, Pinzolits, Kleinl und Pronai ihre Finger mit im Spiel haben, verrät, dass es sich hier um vier Musiker handelt, die sich noch nie an einem einzigen Stil festmachen wollten. Formationen wie Tanz Baby!, Mimi Secue, Bobby Velvet, Bo Candy and the Broken Hearts (ex-The Beautiful Kantine Band) haben bis auf die Protagonisten selbst rein gar nichts miteinander zu tun. Weder in der musikalischen Ausrichtungen, noch in Sachen Sound.

Charmant Rouge – Electric Dogs Fanfare by mica

Orientierte sich der Vierer auf den ersten beiden Alben „Winzer“ (2002) und Post No Bill (2004) noch stark an alternativen massentauglicheren Rock- und Popentwürfen nimmt er mit dem in diesem Frühjahr erschienenen „Dark Water“ eine komplette Kurskorrektur vor. Eine, die man sich in den kühnsten Träumen nicht ausmalen hätte können. Mit ihren neuen Stücken verfolgen Charmant Rouge alleine das Ziel, mit standardisierten Hörgewohnheiten ein für alle Mal zu brechen. Genredefinitionen finden im neuen Musikkontext der Band keinen Platz mehr, vielmehr bedienen sich David Kleinl und seine Kollegen aus einem stilistisch sehr weit gefassten Fundus, der von Elementen des Rock, über unterschiedliche Jazz-Spielarten bis hin zu wüsten Noise-Improvisationen in der Tradition von Sonic Youth reicht. Melodien, wenn überhaupt vorhanden, entstehen nur langsam und halten sich dezent im Hintergrund. Minimal strukturiert entwickeln sich die atmosphärisch enorm verdichteten Stücke, deren Ursprünge noch vor die Zeit des Debütalbums fallen, stetig hin zu eruptiven und zugleich spannungslösenden Höhepunkten.

„Dark Water“ ist der Versuch experimentelle Rockmusik auf eine neue, avantgardistische Ebene zu heben. Die Songs von Charmant Rouge heben sich aufgrund ihres höchst eigenständigen Sounds erfreulicherweise deutlich von bekannten Mainstream-Popentwürfen ab und fordern den Hörer einfach dazu auf, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wer sich also für neue Wege im Rock begeistern kann, sollte sich das Konzert im Fluc auf keinen Fall entgehen lassen. (mt)

 

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