Den Künstlervorlass Friedrich Cerha im Archiv der Zeitgenossen (AdZ) zu Krems durchforstete ein Forscher-Team, um auch eine digitale Dokumentation zu Friedrich Cerha wie eine Schatztruhe für allmögliche Erkundungen seines künstlerischen Universums zu öffnen. Präsent rund um den Globus wird cerha-online dank Musikwissenschaftler Matthias Henke – heute bester Kenner des Komponisten.
Dem Beschauer werden am Bildschirm eigene Wege ermöglicht: zu Werken, dem Komponisten, um insbesondere ein künstlerisches Leben aus verschiedenen Aspekten zu verstehen.
Ein Überblick bietet ‚Touren‘ durch Themen, Phasen, Bereiche an – bei zeitlicher Abfolge wie vertikaler Vertiefung. Insgesamt lässt sich das Porträt wie ein Buch aufblättern, aber jedes Kapitel ist intensiver von Anfang bis Ende erlebbar. Informationen für Auge, Ohr und Kopf – detailliert zu 30 Werken auch in kultureller Grundlegung – wollen klärend vieles mitteilen.
Primär lässt cerha-online zu Wesentlichem vermittelnd in spielerischem Erkennen einsteigen: eigens zu entscheiden an Weg-Gabeln, magisch am Kreuz sich gegenüberstehender Begriffe oder vom Außen über Brücken zu Innerem. Cerhas Œuvre wird als organisches Wachsen aufgefasst; aus vorgegebener Vielfalt erscheint Musikalisches und Bildnerisches kontrastiert, als strukturverwandt wird bei Freund Karl Prantl der Künstler Kosmos im Kern besehen.
Forschende finden zunächst zur Wissensbasis in der Plattform des Werkverzeichnisses, erfasst im AdZ als Materialia (mit Standort), mit Uraufführungs-PR (sog. „Schatztruhe“).
Als elektronische Ressource lieferte zuvor die Cerha-DVD das Liedschaffen in den Texten,
die gesamten 150 Werkeinführungen des Komponisten, zahlreich vernetzt (zu Ton und Film).
Von allen Dokumenten in guter Auflösung ist der Download bei Rechte-Wahrung möglich.
Durch ein Narrativ sinnlich wie sachlich Menschen anzusprechen, ist heute weit verbreitet.
So richtete sich Henke an Heranwachsende mit dem Erzählbuch Arnold Schönberg: Die Prinzessin. Auch brachte er als Ausstellung wie auch als Film Die Lebensreise des Ernst Krenek als „The One-Man History of Twentieth-Century Music“ in die erzählende Form. Fern von Raffinessen in Technik oder Design überzeugen Inhalt wie Form aus elementarer Wirkung.
Kulturinstitutionen müssen physisch wie online präsent sein: Lee(h)re aus der Pandemie. Digital erfasster „Content“ wird nicht neu verpackt, sondern durch Kommentar / Framing / Teilhabe weiter im Heutigen wahrzunehmen gehalten. Zur Datenrecherche wurde das AdZ in die Österreichischen Nationalbibliothek per Verbundkatalog eingebunden. Cerha-online ankert in kultureller Bewusstheit vieler allgemein gesellschaftlicher wie spezieller Bildungsbereiche. Modellhaft anregend fordert es die Künste des Archivs zu je authentischen Lösungen heraus. Jetzt und wohl für das Jahrzehnt gilt es für lebende Komponisten als ein Best Practice-Beispiel.
Joachim Diederichs
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