Kennt man die vielen Projekte des Ulrich Drechslers, weiß man, dass es sich hier um einen Musiker handelt, der nicht unbedingt bestrebt danach ist, für alle Ewigkeiten in derselben stilistischen Position zu verharren, und sich genau aus diesem Grund auch immer wieder selbst neu zu erfinden versucht. Als ein Jazzer mit Ambition immer auch über den Tellerrand des eigenen musikalischen Umfelds hinauszublicken, ist sein Schaffen vor allem geprägt von Grenzgängen, die ihn in die unterschiedlichsten klanglichen Kontexte führen. Einst gemeinsam mit Oliver Steger und Alex Deutsch als Trio unter dem Namen Cafe Drechsler auch international für Furore sorgend, belebt der gebürtige Stuttgarter seine Erfolgsformation in neuer Besetzung nun wieder neu. Und wie man es von dem Amadeus Music Award Preisträger aus dem Jahre 2005 gewohnt ist, tut er dies einmal mehr in einer Art, die alle Barrieren zwischen den verschiedenen Spielformen vergessen lässt. Was Ulrich Drechsler und seine Kollegen auf dem neuen Album „Streamer“ (monkey music) abliefern, ist ein Sound, in welchem der Jazz, befreit aus seinem traditionellen Korsett und eingebettet in die elektronische Clubmusik, ohne die großen ausufernden Spielerein in modernster und innovativster Form zum Erklingen gebracht wird. Präsentiert wird „Steamer“ am 24. Mai im Wiener Porgy & Bess.
Nun mit dem klassischen Jazzbegriff hat das, was Ulrich Drechsler mit Hilfe seiner Mitmusiker Philipp Jagschitz (Keyboards, Electronics, David Helbock (Keyboards, Electronics), Patrick Zambonin (Bass) und Christian Eberle (Schlagzeug)in den Stücken des neuen Albums vorexerziert, im Grunde genommen nicht mehr viel zu tun. Was bei Café Drechsler „neu“ angesagt ist, ist eine deutliche Hinwendung zu den verschiedensten Formen der elektronischen Clubmusik die aber, da sie in diesem Fall ausschließlich instrumental und ohne zu Hilfenahme von Samples oder sonstiger Gerätschaften eingespielt wurde, von einer ansteckenden Lebendigkeit und Wärme ist.
Cafe Drechsler – Streamer by mica
Sich irgendwo zwischen Polen Jazz, Drum’n’Bass, Detroit Techno und Trip Hop bewegend, lassen die Beteiligten, die sich bewusst zurücknehmen und songdienlich agieren, der vermeintlichen, jedoch beim näheren Hinhören sehr vielschichtigen Eingängigkeit den Vorrang. Die Musik, die Melodien und Arrangements bleiben zugänglich und verlieren sich erfreulicherweise nie in irgendeiner Art künstlichen Sperrigkeit. Auf Improvisationen wird, um den Fluss auch über das gesamte Album aufrecht zu erhalten, nahezu ganz verzichtet, ein Ansatz, der dazu führt, dass letztlich, egal ob nun in den treibenden Passagen oder in den ruhigeren Momenten, viel Atmosphäre und Stimmung entstehen.
„Streamer“ ist ein Album geworden, das ohne große Umwege auf den Punkt und sich schnell erschließt. Ulrich Drechsler und seine Mitmusiker zeigen, dass es auch mit eher mit reduziert eingesetzten Mitteln möglich ist, viel Spannung zu erzeugen. Wer tanzbare Clubmusik einmal anders erleben will, ist bei Cafe Drechsler auf jeden Fall an der richtigen Adresse. (mt)
Foto Café Drechsler: Wolf-Dieter Grabner
Ulrich Drechsler