Café Drechsler melden sich zurück

Nein, Ulrich Drechsler zählt definitiv nicht zu jener Gruppe von Musikern, die dazu auserkoren sind, zeitlebens in derselben stilistischen Position zu verharren. Wie nur wenigen anderen gelingt es dem in Stuttgart geborenen und aufgewachsenen Saxophonisten, sich von Projekt zu Projekt immer wieder neu zu erfinden. Nicht anders verhält es sich bei der nun stattfindenden Wiederbelebung seiner in den ersten 2000er Jahren für Furore sorgenden Formation Café Drechsler. Mit neuer Besetzung an seiner Seite tritt Ulrich Drechsler nun an, einmal mehr mit den Erwartungshaltungen zu brechen. Anstatt auf die Erfolgsformel, welche Café Drechsler einst zur großer Bekanntheit verholfen hat, zu vertrauen, vollzieht der Amadeus Music Award Preisträger aus dem Jahre 2005 nun den Schwenk zur anspruchsvollen Clubmusik mit Tiefgang. Gelegenheit, das neue Material live zu erleben, gibt es am 25. Jänner in der Roten Bar im Wiener Volkstheater im Rahmen der Konzertreihe “WIEN.MUSIK”.

„So wie es scheint, ist die Entwicklung meiner eigenen Hörgewohnheiten doch irgendwie entgegengesetzt zu jenen vieler anderer verlaufen. Ich habe als Kind ja ausschließlich nur klassische Musik gehört. Dann bin ich irgendwann zum Jazz gekommen und nun ist es die Popmusik, mit der ich mich beschäftige. Wobei ich besonders in den Trip Hop und den Britpop der Marke Muse und Coldplay hineingekippt bin. Eine Band, die mich im vergangenen Jahr wirklich begeistert hat, war Lamb. Ich dachte, es wäre eigentlich super, musikalisch etwa in diese Richtung zu gehen. Allerdings in einem Kontext, in dem man die Stücke auch wirklich live mit einer Band umsetzen kann“, so der gebürtige und in Wien lebende Deutsche als Erklärung für eben jenen Stil, den er nun mit seiner wieder auferstandenen Formation Café Drechsler praktiziert.

Denn mit dem, was man unter dem Begriff  Jazz zusammenfasst ist, hat der Sound, den Ulrich Drechsler und seine namhaften Bandkollegen Philipp Jagschitz (Keyboards, Electronics, David Helbock (Keyboards, Electronics), Patrick Zambonin (Bass) und Christian Eberle (Schlagzeug) aktuell verwirklichen, im Grunde genommen nicht mehr viel zu tun. Was bei Café Drechsler „neu“ angesagt ist, ist eine deutliche Hinwendung zu den verschiedensten Formen der elektronischen Musik. So finden sich in den neuen Stücken nun vermehrt auch Elemente aus dem Drum’n’Bass, Detroit Techno und Trip Hop. Garniert mit dezenten jazzigen Anleihen lassen Café Drechsler auf diesem Wege stimmungsvolle und leicht loungehaft angehauchte Klangbilder entstehen, die auch sehr gut im Clubkontext funktionieren.

Nichts verändert hat sich an Ulrich Drechslers Einstellung, dass Musik vor allem ein berührendes Erlebnis sein soll. Vielmehr als es dem Saxophonisten wichtig ist, als Virtuose an seinem Instrument anerkannt zu werden, will der Amadeus Music Award Preisträger, in welchem stilistischen Kontext auch immer agierend, vor allem die Gefühle und Emotionen seiner Hörerschaft ansprechen. Der gebürtige Stuttgarter dazu: „Ich lege eigentlich in all meinen Projekten, auch in den Jazz-Projekten, den Fokus auf Melodien, Atmosphäre und eine leichte Verständlichkeit. Ich halte nichts von Musik, die künstlich so verkompliziert wird, dass der  Zuhörer sich über alle Maße anstrengen muss, dem Dargebotenen überhaupt zu folgen“.

Um seiner ganz eigenen Vision von moderner und zugänglicher Clubmusik so nahe wie möglich zu kommen, musste sich der Saxophonist daher auch bewusst selbst zügeln. „Ich habe noch nie auf einem Album so wenig gespielt, wie auf diesem. Ich spiele eigentlich nur Melodien. Du wirst keine einzige Improvisation von mir auf diesem Album finden“, so Ulrich Drechsler. Genau diese selbstauferlegte Zurückhaltung ist es, die Café Drechsler letztlich dann nicht zu einer One-Man-Show verkommen lässt, sondern die Band und deren Klang in den Vordergrund rückt.

Man darf dem neuen Album, welches den Titel Streamer tragen und im Mai dieses Jahres bei monkey music erscheinen wird, also mit viel Spannung entgegenblicken. (mt)

Foto Café Drechsler: Wolf-Dieter Grabner