Eine der wohl bedeutendsten und zugleich erfolgreichsten österreichischen Jazzbands der frühen 2000er meldet sich nach längerer Absenz wieder zurück. CAFÉ DRECHSLER knüpfen mit ihrem neuen Album „And Now … Boogie!“ (Universal Music/VÖ 23.6.2017) musikalisch genau dort an, wo sie vor Jahren fulminant aufgehört haben.
Spricht man von Café Drechsler, so spricht man von einer Formation, die mit ihrem grenzüberschreitenden Stil in gewisser Weise Pionierarbeit geleistet hat. Das Wiener Trio um den aus Deutschland stammenden und seit vielen, vielen Jahren in Österreich lebenden Musiker Ulrich Drechsler hat den Jazz in innovativer Weise zur elektronischen Musik hin geöffnet, und das in einer klassischen Jazzbesetzung ohne jede elektronische Zuhilfenahme. Diese Art des musikalischen Versuchs bedeutete damals etwas Neues und war davor noch nicht gehört worden. Zumindest nicht in den hiesigen Breitengraden.
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An der musikalischen Ausrichtung des Saxofonisten und seiner beiden Kollegen Oliver Steger (Kontrabass) und Alex Deutsch (Schlagzeug) hat sich auch auf ihrem neuen Album „And Now … Boogie!“ nicht viel verändert. Einzig, dass alles klarer, definierter und noch mehr auf den Punkt gebracht wirkt. Immer noch regieren gewagte Grenzgänge, immer noch werden die vielen verschiedenen Stile ohne jede unnötige Ausschmückung einer höchst interessanten und zugleich mitreißenden Neudeutung unterzogen.
Elektronische Musik im jazzigen Klanggewand
Café Drechsler bedienen sich aus dem reichen Fundus der elektronischen Musik und interpretieren ihre diversen Ausformungen vor allem klanglich um. In den Nummern des Dreiergespanns nehmen Funk, Soul, Trip-Hop, Breakbeat, Drum ’n’ Bass, Minimal Music und Detroit Techno neue Formen an, sie verweben sich mit einer jazzigen Note und entwickeln dadurch ein gänzlich neues Eigenleben, das in ungemein vielfältiger Weise pulsiert.
Ulrich Drechsler und seine Band lassen es ordentlich grooven, sie experimentieren mit Beats, Rhythmen und Sounds nach Belieben, aber immer mit Richtung, sie geben sich hochenergetisch und nach vorne treibend wie auch zurückhaltend, reduziert und sanft. Das Schöne an der ganzen Geschichte ist, dass alles wunderbar und in manchen Momenten fast schon in unheimlichem Maße lässig zusammenwirkt. Café Drechsler wissen ganz genau, wann sie auch einmal das Tempo drosseln müssen, um dem gediegenen Klang Raum zu geben, wann sie von der Geradlinigkeit einmal abgehen müssen, um es ein wenig vertrackter angehen zu können.
Es macht einfach Riesenspaß, sich durch dieses Album zu hören. Café Drechsler zeigen auf imposante Weise, dass sie nichts verlernt haben und immer noch zu etwas musikalisch Außergewöhnlichem befähigt sind. Ein wirklich beeindruckendes Comeback.
Michael Ternai
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Oliver Steger