Building Bridges 2023: Mission Switzerland!

Was machen 22  Music Professionals aus Österreich auf einer langen Zugfahrt von Wien nach Zürich? Die Zeit bestmöglich nützen, denn sie befinden sich auf einer Mission: BUILDING BRIDGES: MISSION SWITZERLAND! Es ist der 22.3. 2023. Das Ziel: an die Schweizer Musikbranche anzuknüpfen und langfristige Partnerschaften aufzubauen. Building Bridges: Mission Switzerland ist ein Pilotprojekt von Austrian Music Export in Kooperation mit der m4music und Waves Vienna Conference & Festival.

On the rails to Zürich und der m4music  

Im Austausch mit den Kolleg:innen in der Schweiz werden die Reisenden einen Tag lang die Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten ihrer Märkte und Ausgangslagen erörtern. Was sind die Vor- und Nachteile, in einem kleinen Land zu leben und größere Länder mit gleicher Sprache nebenan zu haben? Man denke hier – neben dem großen Bruder Deutschland – auch an Frankreich und Italien. Wie gehen die Akteur:innen mit dem Reflex um, automatisch in diese Länder zu streben? Welche Mittel, Möglichkeiten und Unterstützungen es gibt, lokal zu wachsen? Welche Rolle spielen nationale Medien dabei? Und wie gestalten sich im Gegenzug dazu internationale Agenden? Wie entwickelt sich der Live-Markt im Sog der großen Konzerne? Wie wirkt sich das auf kleine Labels und ihre Artists aus?

Mit diesem Fragenkatalog im Hinterkopf findet sich die Reisegruppe kurz nach der Abfahrt aus Wien zusammen im Großraumwagen zusammen. Moderierte Diskussionsrunden dienen der Vorbereitung um genau die relevanten Themen und Fragen für die Needs der Teilnehmer:innen zu definieren. Sitzplätze werden gewechselt und unsere Reisegruppe verwandelt sich in die vier Gruppen „Live“, „Management“, „Verlag“ und „Label“. Der Waggon rollt Richtung Westen und die Gespräche laufen.

On the rails: Anna Marboe (Anna Mabo), David Stecher (Little Big Beat Studios), Stefan Penz (Mother´s Cake / Little Big Beat Studios), Manuela Rauhut (Remise Bludenz), Benjamin Leingartner (Superplus Records), Sarah Gerstmayer (Waves Vienna – Festival & Conference),  Johannes Stöckholzer (unserallereins), Rebecca Zaradic (echopilot), Hans Zoderer (vulkanmusic) Stefan Weinöhrl (Waves Vienna – Festival & Conference), Magdalena Holczik (Medienmanufaktur), Paulina Parvanov (soda. mit himbeer), Antoine Perret (Off the Record) Katharina Glück (Feber Wolle), Theresa Langner (Morinoko), David Buder (Matches Music), Jürgen Distler (BLUEJAY), Bettina Schöll (Öst. Musikfonds/Austrian Music Export), Franz Hergovich (Austrian Music Export), Ruth Ranacher (mica music austria / Austrian Music Export), Hannes Tschürtz (Ink Music/Austrian Music Export).

Building Bridges, Mission Switzerland (c) Bettina Schoell
Building Bridges, Mission Switzerland (c) Bettina Schoell

Music in Austria und Swiss Music Market

Erwartungsvolle Atmosphäre und schwarzer Kaffee im Club Exil um 10 Uhr vormittags in Zürich: Die Schweizer Delegierten lernen die Österreichischen Delegierten kennen. Nach einer Vorstellungsrunde aller Teilnehmer:innen gibt Franz Hergovich (Austrian Music Export) einen Überblick über die Musikbranche in Österreich und den Stellenwert den das Kulturgut „Musik“ in der Wirtschaft einnimmt. Austrian Musik Export fährt auf dem Kurs, dass Kunst und Wirtschaft ist keine Gegensätze sind, denn es besteht Interesse an nachhaltiger und guter Kulturproduktion.

Jean Zuber (Swiss Music Export) eröffnet seinen Vortrag damit, dass Export und Import zusammengehören und untermauert mit Zahlen, dass Österreich und die Schweiz Gemeinsamkeiten haben. So liegen beispielsweise die Einwohnerzahlen fast gleich auf wobei die Schweiz bald die 9 Mio. Marke knackt. Auch mit der Summe an Kulturförderungen liegen die Schweiz und Österreich gleich auf. Und, obwohl die Schweiz teuer ist, sind die Ladenpreise für LPs mit 25-35 Schweizer Franken und 20-25 Euro in Österreich nicht so weit auseinander. Wer hierzu mehr wissen möchte, dem sei die ZHDK als gute Quelle zu Statistik näher gelegt: https://creativeeconomies.com/

Last but not least hat die Schweiz als Nicht- EU-Mitglied einen speziellen Status zu Europa. Seit dem Brexit werden die Trennlinien durch die EU schärfer gezogen. Die Schweiz ist nicht Teil von Creative Europe, nicht von Horizont und es gibt kein Erasmus +. Für die Kulturproduktion und die Forschungsstätten gerate das zum Nachteil konstatiert Jean Zuber.

Die Kolleg:innen aus der Schweiz: Fabienne Bruttin (Universal), Patrick David (Two Gentlemen), Christian Fighera (Two Gentlemen), Claudia Jogschies (Musikbüro Basel), Claudia Kempf (SUISA), Stoph Ruckli (Other Music Luzern/Stoph Bjornson), Fabienne Schmuki (Irascible), Jannik Till (Tillride Music Management), James Varghese (Quiet Love Records), Jean Zuber (Swiss Music Export).

Meet the Alpine Super League

Erfrischt und gestärkt von der Mittagspause treffen unsere Schweizer:innen und Österreicher: innen wieder im Club Exil ein und werden zu Gemeinschaft. Was müssen sie voneinander wissen, um die Do’s and Dont’s des jeweiligen anderen Musikmarktes zu verstehen? Wie funktioniert Unternehmenskultur auf Schweizerisch, wie auf Österreichisch und wie läuft es global?

Building Bridges, Mission Switzerland (c) Bettina Schoell
Building Bridges, Mission Switzerland (c) Bettina Schoell

In vier Gruppen aufgeteilt wird nun über den Nachmittag hindurch diskutiert. Dabei kam in allen Gruppen die Frage auf, warum gab es bisher eher wenig Austausch zwischen Österreich und der Schweiz gab. Könnte man nicht ein Netzwerk aufbauen um sich gegenseitig im Musikexport zu unterstützen? Wäre es nicht hilfreich, an die Erfahrungen der jeweils lokale Musikszene andocken zu können? Das Interesse an Austausch besteht also innerhalb unseres Kreises. Lassen wir ein paar Stimmen zu Wort kommen:

Building Bridges: Mission Switzerland hat einen kurzen aber intensiven Einblick in die Schweizer Musiklandschaft gezeigt. Trotz ähnlicher Landesgröße funktionieren beide musikalischen Märkte in vielen Dingen unterschiedlich. Aber es gibt auch Ähnlichkeiten, Parallelen, und teilweise dieselben musikstrategischen Stolpersteine, die man zukünftig für eine intensivere Symbiose nutzen sollte.“ – Jürgen Distler (BLUEJAY Music Publishing – Ink Music

In den Gesprächen hat sich gezeigt, dass wir alle, kleine Independent Label wie wir eines sind, sowie weitere Vertreter:innen der Musikbranche, vor den gleichen Herausforderungen stehen. Einerseits traurig, andererseits inspirierend, da doch so viele sich trotzdem entscheiden diesen Weg einzuschlagen, weil wir alle eine gemeinsame Leidenschaft haben: Die Musik.
Ich persönlich konnte durch die Gespräche neue Ideen entwickeln und konnte neue Kraft und Motivation sammeln. Dranbleiben heißt die Devise, mutig sein auch ganz neue Wege auszuprobieren und vor allem im Austausch mit Kolleg:innen zu bleiben, gemeinsame Wege zu finden, damit wir alle noch ganz lang unserer Leidenschaft nachgehen können
.“ – Rebecca Zaradic (Echopilot)

Ich freue mich sehr, dass ich Teil von “Building Bridges: Mission Switzerland” sein durfte. Besonders toll fand ich vielen aufschlussreichen Gespräche mit Kolleg:innen aus Österreich und der Schweiz. Absolutes Highlight war natürlich das Showcase von Anna Mabo. Für sie, alle Anwesenden und mich als ihre Artist-Managerin, war es echt super, dass sie am Vorabend des renommierten Schweizer Festivals m4music auftreten und das Exil verzaubern durfte.“ – Magdalena Holczik (Medienmanufaktur Wien)

Auch der Austausch mit den Vertreter:innen der österreichischen Delegation war interessant und hat den Weg für mögliche Kooperationen, oder auch einfach nur für einen besseren Austausch innerhalb der Branche geebnet. Ich bin mit Faszination für die Schweizer Musikkultur, mit neuen Freund:innen und mit etwas Schlafmangel nach Wien zurückgekehrt.” – Hans Zoderer (vulkanmusic)

Die Connect- und Austausch-Mission war ein erfolgreiches ‘Kennenlernen’, es bleibt aber abzuwarten ob aus diesem ersten Date eine Beziehung werden kann – und das braucht Pflege und Zeit beiderseits.” – David Stecher (True Peak Sounds | Little Big Beat | Poolbar)

Wie so ein Netzwerk künftig aussehen könnte und was es dazu braucht, wird Teil eines nächsten Treffens bei Waves Vienna 2023 sein. Einen Arbeitstitel hat unsere Gemeinschaft gefunden: Meet the Alpine Super League!

Schweizer Feedback Club & Austrian Heartbeats Showcase

Nach dieser erfolgreichen Etappe geht es weiter zum „Schweizer Feedback Club“. Dieser dient dem Austausch von Labels und Managements. Besonders fachlicher Austausch auf Augenhöhe sei in dieser Form des „Clubs“ gut möglich, denn die teilnehmenden Akteur:innen sind sehr auskunftsfreudig. Spätestens bei einem Drink nach den Vorträgen gelingt das auch.

Allmählich zieht Abendstimmung auf. Anschließend an den „Schweizer Feedback Club“ geht es wieder zurück in den Club Exil. Draußen ist dunkel geworden während drinnen unser Austrian Heartbeats Showcase startet. Anna Mabo, BERGLIND und Lou Asril, der um Punkt Mitternacht den Release seiner neuesten EP mit der verbliebenen Gemeinschaft feierte, präsentieren ihre Musik vor einem Fachpublikum.

My Ugly Clementine @ m4music (c) Bernadette Karner
My Ugly Clementine @ m4music (c) Bernadette Karner

Tags drauf, am Freitag den 24.3., treten My Ugly Clementine und Leftovers im regulären Programm der m4music auf. Es ist Freitagnacht, es ist der erste Festivaltag. Vor dem Club Exil bilden sich heute lange Menschenschlangen, die auf den  Einlass zum Konzert der Supergroup aus Österreich My Ugly Clementine warten…


Waves Vienna war auf der gesamten Reise als Partner mit an Bord. 2023 richten sich die Schweinwerfer auf das Fokusland Schweiz. In diesem Sinne freut sich Austrian Music Export im September im Rahmen der Waves Vienna Festival & Conference 2023 viele Schweizer Kolleg:innen in Österreich begrüßen zu dürfen. So watch out for “Business Mixes” by Swiss Music Export and meet the Alpine Super League at the Waves Vienna Festival & Conference 2023!

Wir danken m4music und Swiss Music Export für ihre freundliche Unterstützung und für ihre Gastfreundschaft. Vielen Dank an Weingut Hagn für das Sponsoring des Weines im Rahmen des Austrian Heartbeats Showcase.

Die Hinreise war bewusst als Zugfahrt von Wien nach Zürich organisiert. Der CO₂-Verbrauch auf 22 Personen hochgerechnet beläuft auf 471 kg CO₂. Bei einem Flug für dieselbe Strecke hätten 22 Passagiere um 2318,8 kg CO₂ mehr verbraucht. 

Ruth Ranacher



Links:
swiss-music-export.com
www.m4music.ch
www.wavesvienna.com
www.indiesuisse.ch
hagn-weingut.at

Ressourcen:
creativeeconomies.com
Austrian Music Export Handbook