Nein, ein Musiker, der sich in ständigen Wiederholungen übt, ist der Grazer Rainer Binder-Krieglstein definitiv nicht. Sich im Stil von Album zu Album stets neu erfindend, gelingt es dem gelernten Schlagzeuger, seine Fans immer wieder aufs Neue zu überraschen. Zwei Jahre nach dem fulminanten und von allen Seiten hochgelobten Werk „New Weird Austria“ melden sich Binder & Krieglstein nun mit neuem Material zurück. „Jugend“ (earcandy recordings), so der Titel des im September erscheinenden fünften Albums, zeigt sich einmal mehr als eine radikale Abkehr von allen funktionierenden Erfolgsmodellen. Wie gewohnt versucht sich der Mastermind auch diesmal im Entwerfen eines neuen Sounds, eines solchen, der quasi alle Vorzüge des Binder & Krieglsteinschen Klanguniversums vereinen soll. Was Rainer Binder-Krieglstein in den neuen Stücken auf höchst eindrucksvolle Art vollzieht, ist die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln, zum Elektropop alter Prägung, welcher durch die stileübergreifende und moderne Interpretation eine zeitgemäße Deutung erfährt. Präsentiert wird „Jugend“ am 15. September in der Roten Bar des Wiener Volkstheaters.
Das Schöne an den Alben von Binder & Krieglstein ist, dass man nie wirklich vorhersagen kann, in welche Richtung es einen als Hörer musikalisch tatsächlich verschlagen wird. Verfolgte Rainer Binder-Krieglstein auf seinem 2010er Werk „New Weird Austria“ noch das Ziel, die Volksmusik in einem popmusikalischen Kontext neu aufgehen zu lassen, wendet sich der Grazer, dem am Mikrophon wie schon in der Vergangenheit auch diesmal Sängerin Makki zur Seite steht, nun jenen Sounds zu, die ihn einst in hohem Maße geprägt haben. Elektronische Popmusik ist nun angesagt. Diese aber erfährt, wie sollte es bei diesem Künstler auch anders sein, eine ganz eigene und sehr abwechslungsreiche Interpretation. Irgendwie erklingen die insgesamt zehn neuen Stücke, welche man quasi auch als eine Zusammenfassung des bisherigen musikalischen Schaffens des Grazers verstehen kann, wie ein stilistischer Spagat zwischen dem Sound der 90er und jenem der Jetztzeit.
Sich irgendwo zwischen Techno, Reggae, melodiösem Synthie-Pop, der Neuen Deutsche Welle und Volksmusik bewegend, bringen Binder & Krieglstein einmal mehr Songs auf den Weg, die sich vor allem durch einen immensen Facettenreichtum auszeichnen. Kein Stück klingt auch nur annähernd wie ein anderes, was den Spannungsbogen insgesamt vom ersten bis zum letzten Ton aufrecht erhält. Unterstützt werden der Grazer und seine Kollegin auch dieses Mal von einer Reihe von GastmusikerInnen, die das akustische Gesamtbild durch ihr Zutun auf wunderbare Weise abrunden. Unter anderem auf der Platte zu hören sind Jacques Busch (Spring and the Land), Bernhard Schnur von Snakkerdu Densk, Uwe Bubik (Sans Secours), Der Nino aus Wien, Monique Fessl, Raumschiff Engelmayr (Bulbul) und Thomas Petritsch (Effi). Inhaltlich widmet man sich, wie der Titel des Albums es schon verrät, dem Thema Jugend, welchem man sich überaus humorvoll aus unterschiedlichen Perspektiven annähert.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es Rainer Binder-Krieglstein einmal mehr gelungen ist, sich als höchst eigenständiger und in seinem Stil unverwechselbarer Künstler abseits des hierzulande doch sehr ausgeprägten musikalischen Pop-Mainstreams zu positionieren. Liebhaber anspruchsvoller Popklänge sollten das neue Stück „Jugend“ daher auf alle Fälle einer intensiven Gehörprobe unterziehen. Es lohnt sich. (mt)
Foto: Garfield Trummer