Von Tonica Hunter.
Es ist keine Überraschung, dass BEX die kompromisslose Rapperin ist, die sie ist. Sie stammt aus einem soliden Fundament matriarchalischer Figuren, die sie und ihre Musik zweifellos geprägt haben. Gemeinsam mit einer Clique von FLINTA*-Künstler:innen ist sie nun dabei, die Wiener Musikszene neu zu gestalten.
„Das Universum schuldet mir ein schönes Erwachsensein“
Bex wuchs bei ihrer Pflegegroßmutter – der Mutter ihres österreichischen Stiefvaters – im Salzburger Pongau auf. Das war ein krasser Gegensatz zu Busua in Ghana, wo sie geboren wurde und bis zu ihrem neunten Lebensjahr lebte. Diese Diskrepanzen und Übergänge machten ihre Kindheit nicht immer einfach: Als einziges schwarzes Kind in der Stadt und als einzige schwarze Schülerin in der Schule war sie wiederholt Mobbing ausgesetzt, das von rassistischen Bemerkungen über ihr Aussehen bis hin zu (häufigen) rassistisch motivierten Drohungen gegen ihre Person reichte. Die Probleme wurden durch die Ignoranz und den Mangel an Unterstützung seitens der sie umgebenden Autoritätspersonen noch verschärft, sodass sie sich oft allein gelassen und entfremdet fühlte. „Sogar der Fahrer lachte mit ihnen. Ich musste aus dem Schulbus aussteigen, und sobald er vorbeifuhr, brach ich einfach zusammen“.
Glücklicherweise fand Bex Trost sowohl in ihren Wurzeln als auch in der Liebe und Fürsorge, die sie von ihrer österreichischen Großfamilie erhielt. Ihre Beziehung zu ihrer österreichischen Großmutter spiegelt auf wunderbare Weise die Beziehung zu ihrer ghanaischen Großmutter wider, die 2018 verstorben ist, aber immer noch ein wichtiger Teil von Bex‘ Leben ist. Wenn sie mir Fotos von ihnen zeigt, werden Bex‘ Augen groß vor Freude und voller Bewunderung. Von ihrer ghanaischen Großmutter, einer Näherin und Fashionista, hat Bex Kente und verschiedene Kleidungsstücke behalten, die sie nach ihrem Tod zurückgelassen hat. Bei den Fante – dem Stamm von Bex‘ Vorfahren – geht das Erbe traditionell auf die erste Tochter über; ihre Mutter hatte also Vorrang, und so war es auch bei Bex. Von den materiellen Besitztümern, die sie zur Auswahl hatte, behielt sie die kostbaren Stoffe und Kleider ihrer Vorfahren. Wenn sie mit einem Lächeln auf den Lippen durch weitere Fotos blättert, sieht sie ihre Großmutter, die bei formellen Anlässen in Ghana von Kopf bis Fuß in eine bedruckte Satin-Ankara gekleidet ist, und dann Fotos ihrer Mutter (der sie stark ähnelt), die eine Reihe von Frisuren und Outfits trägt, an die sich Bex gerne zurückerinnert und die sie für einen Moment wieder aufleben lässt. Haarstyling und Kleidung sind ein wichtiger Teil von Bex‘ Privatleben, und diese Überlieferungen sind natürlich auch ein zentraler Teil ihrer Identität als Künstlerin geworden.
„Bündel“ von Knallern
Ihre neueste Veröffentlichung ist die erste unter ihrem eigenen Namen: Die EP trägt den Titel „Bundles“, eine Anspielung auf Haarmassen (oder Tressen), das Rohmaterial für eine endlose Reihe von möglichen Frisuren. Es spricht von der Macht einer schwarzen Frau, ihren eigenen Look zu kreieren – und unterstreicht, wie wichtig es ist, dass sie diese Kontrolle hat. Es ist daher keine Überraschung, dass Bex‘ künstlerische Familie hauptsächlich aus lokalen queeren schwarzen Hairstylisten und Kreativen besteht – ihre engen Freund:innen W1ze, The Good Bush Project, Sunny Jana – die sie und ihr Handwerk bis heute unterstützt haben. Vor allem in Anbetracht der Geschichte der Haare schwarzer Frauen und der von ihnen kreierten Schutzfrisuren trägt allein schon der Titel der EP eine stolze Botschaft von Stärke und Widerstandsfähigkeit in sich. Der Sound besteht aus einer Reihe von Club-Krachern, die Rap, House und Techno und laute, schamlose und authentische Lyrics umfassen: „Bitches bark but I bite“ (im Song BBL) – all ihre Songs bringen einen dazu, sich zu bewegen und ihre große Energie zu spüren, auch ohne Bühne.
Erst 2019 zog Bex nach Wien, doch danach ging alles ziemlich schnell: Einer ihrer ersten Auftritte war 2021 bei einer lokalen Veranstaltung, die von weiblichen Veranstalterinnen und Eventmanagerinnen organisiert wurde. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass sie nur ein Jahr später live bei der Amadeus Awards-Show auftreten würde.
Bex merkt an, dass sie und ihre beste Freundin und Musikkollegin W1ze – obwohl letztere für den Preis für den besten Sound nominiert war – nicht für einen Auftritt bei der Preisverleihung gebucht wurden, die jedes Jahr dafür kritisiert wird, dass überwiegend weiße österreichische Acts ausgezeichnet werden. Dennoch wurde Bex von der Wiener Rapperin, Poetin und Autorin Yasmo in die Medley-Performance geholt. Mit diesem Auftritt wurde Bex zum ersten Mal auf nationaler Ebene bekannt, und alle, die es vorher nicht wussten, wussten nun, dass Bex eine Rapperin ist, die man im Auge behalten sollte.
Bex’ österreichische Großmutter (die sie als ihren größten Fan bezeichnet) und ihre Halbschwester reisten heimlich vom Pongau nach Wien, um sie bei ihrem Amadeus-Auftritt zu überraschen. Ihre Großmutter beobachtete aus wenigen Metern Entfernung, wie die junge Frau, die sie aufgezogen hatte, eine neue, mutige Seite von sich zeigte. „Ich habe meiner kleinen Schwester gesagt, dass sie meiner Oma nicht sagen soll, dass ich Musik mache“, lacht sie. Aber vielleicht hätte sie sich keine Sorgen machen müssen: Ihre österreichische Familie hat sie voll und ganz unterstützt und ihr signalisiert, dass sie sie in ihrer Gesamtheit akzeptiert. Sie besuchten sogar die Amadeus-Afterparty, wo sie Bex‘ Freund:innen trafen und bis spät in die Nacht feierten.
Das Geräusch von sich öffnenden Türen
Später denkt Bex über die Tatsache nach, dass sie die erste Person war, die ihre Großmutter in einem Flugzeug mitnahm – sie blättert durch Fotos von ihnen zusammen in Berlin und hält bei einem besonders kostbaren Bild inne, das ihre Großmutter zeigt, wie sie auf diesem ersten Flug in den Sonnenuntergang schaut. Bex hat diese Frau aus ihrem kleinen Dorf im Pongau geholt und sie auf ihre Reise mitgenommen. Ihre Verbindung ist die Grundlage für viele von Bex‘ Beziehungen zu den Frauen um sie herum, Frauen, die weiterhin ihren Namen in einer Welt vertreten, die voller Möglichkeiten zu sein scheint.
Eine weitere dieser Gelegenheiten ergab sich vor kurzem, als Bex – knapp vier Jahre nach ihrer Ankunft in Wien – auf der Hauptbühne des Popfest Wien auftrat, was oft das Sprungbrett für die nächste Stufe der Karriere junger Künstler:innen ist. Zusammen mit ihrer neuen EP, die am 11. August erschien, sieht die Zukunft in der Tat rosig aus.
Aber Bex nimmt das alles gelassen und schaut, wohin es führt. Sie hat sich ein Leben geschaffen, das, wie sie sagte, weit über die Strapazen ihrer Kindheit hinausgeht. Als Künstlerin trotzt sie einem Umfeld, das versucht hat, ihr etwas anderes einzureden, und steht voll und ganz hinter ihrem Image und ihrer Person. Und jetzt wissen wir, woher diese Überzeugung, dieses Selbstvertrauen kommt: von ihren Großmüttern und den Frauen in ihrem Umfeld. Und es sitzt tief.
Tonica Hunter (übersetzt von Itta Francesca Ivellio-Vellin aus dem englischen Original)
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Bex (instagram)