„Zwischen mir und dort“ ist wirklich ein prallgefülltes Album. Das Debüt des Multiinstrumentalisten Sebastian Jakl alias BASCH Analog besteht zwar „nur“ aus zehn Titeln, doch diese behandeln nicht nur gefühlte tausend Themen, sondern klingen auch nach einer handvoll Genres. Dass der Musiker „alle Einflüsse und Genres, die ihn während der letzten Jahre geprägt haben“ in diesem Album vereint hat, ist schon nach dem ersten Hören klar. Interessant ist, dass „Zwischen mir und dort“ trotzdem sehr harmonisch und konsistent klingt. Statt buntem Flickenteppich, hat man eher einen Perserteppich vor sich.
Die poppigen Melodien klingen manchmal altbekannt, doch werden sie mit elektronischen Klängen, Swing-, Groove- und Disco-Elementen und jazzigen Bläsern durchgemischt. Durch die Chorgesänge und die sanfte Stimme des Wahlwieners bekommen die Songs einen nostalgischen Touch. Dabei singt er seine Texte nicht nur. Zwischendurch trägt er sie im Spoken Poetry Stil vor, was wiederum die Modernität von „Zwischen mir und dort“ betont. Man erkennt schon, auf diesem Album tut sich einiges. Die Songs sind mit ihren durchschnittlich viereinhalb Minuten auch ungewöhnlich lang für „Popsongs“. BASCH Analog kann man eben nicht mit anderen Singer-Songwritern über einen Kamm scheren.
Die Texte bringen die moderne Denkweise auf den Punkt. Freiheit, Selbsterfüllung, und Selbstbehauptung sind die Grundgedanken, auf denen die zehn Songs basieren. Es ist die Welt der heutigen Mitte 30-Jährigen, in die BASCH Analog entführt. Obwohl auch den Jüngeren genau diese Gedanken durch den Kopf schwirren, merkt man, dass Lebenserfahrung hinter diesen Texten steckt. Dass Party, Liebeskummer und ins Blaue fahren nicht mehr „nur“ für die 20-Jährigen reserviert ist und die 30er die neuen 20er sind, wird schon seit Jahren propagiert. Dass mit diesen Freiheiten auch Versagens- und Zukunftsängste zusammenhängen, wird auf „Zwischen mir und dort“ nicht verheimlicht.
Mit „Stadtluft macht frei“ zeigt BLASCH Analog seine persönliche Sicht, wenn er sich von seiner Heimatstadt nahe Stuttgart verabschiedet, um nach Wien zu gehen. Eine melancholische Gitarrenmelodie spielt vor einem hoffnungsvollen Beat, und der Sänger reflektiert über seine Entscheidung, deren Ursprung er scheinbar selber nicht wirklich erfassen kann.
Ein Fünkchen persönliche Erfahrung muss auch in dem sechs minütigen (!) Break-Up-Song „Wenn ich“ stecken, sonst würde der Text nicht so pointiert geschrieben sein. Der Song ist wie ein innerer Monolog über die Zeit nach der Trennung verfasst. Zwar klingt der Protagonist abgeklärt, doch schwankt er zwischen Hoffnung und Verlustschmerz.
Die Favoriten auf diesem Album sind jedoch die Single „Denk nicht so viel“, das herrlich leichte „Gleichgewicht“ und das ironische „Spaziern Gehn“. „Denk nicht so viel“ ist ein Understatement von Tanzlied, mit Zwinkern in Richtung 70er Jahre-Disco und heutiger Tanzmusik. Die Zeile „Libido-Disco“ ist das ironische Motto für viele durchtanzten Nächte. Empfehlen kann man auch die zwei Remix-Versionen dieses Songs, von Harry Jen und Owak.
Das Ironische findet sich auch in „Spaziern Gehn“, dass ein bisschen nach einer alten Jazz-Combo klingt, und die Fehler der modernen Gesellschaft persifliert. „Gleichgewicht“ könnte man als modernen Popsong bezeichnen, mit treibender Gitarrenmelodie und groovigen Synthie-Sounds im Refrain.
„Zwischen mir und dort“ ist ein modernes Pop-Album, das wieder zeigt wie dehnbar das Genre Pop ist. Die Texte sind pointiert, und sehr zeitnah. Obwohl die Melodien zurückhaltend sind, sind die Kompositionen genau durchdacht. Dieses Album pocht nicht auf übertriebene Emotionen, sondern besticht durch dieses Gefühl der Ehrlichkeit.
Anne-Marie Darok
Foto: Sebastian Jakl