BANANZ möchte kein gefühlvoller Songwriter sein. Das ist ihm, wie er selbst sagt, ein Graus. Durch seine Wechselbass-Technik macht er alleine mit Gesang und Gitarre schon mächtig Druck auf der Bühne. Auf dem aktuellen Album “Philosophen im Saustall” (Rossori Music) ist er mit eigentümlicher Besetzung zu hören. Dabei ist ein herausragender Langspieler mit gewaltigen Arrangements und überzeugter Mundart entstanden. Eine gewisse Ähnlichkeit zu Tom Waits ist dabei nicht zu leugnen. Verglichen werden möchte BANANZ aber mit niemandem. Nach mehreren Versuchen, eine inhaltliche Deutung der Texte zu bekommen, erfährt man, was für ihn einen guten Text ausmacht und warum die Musik nicht auf den gängigen Streaming Portalen zu finden ist. Das Gespräch führte Dominik Beyer.
Lex Barker oder Lee van Cleef?
Bananz: Lee van Cleef.
Wem ist der Song “Lee van Cleef” gewidmet?
Bananz: Es ist so, dass die Lieder oft sehr spontan entstehen. Das sind meist abstrakte Ideen. Irgendwie ist am Ende die Geschichte rausgekommen von einem, der sich umoperieren lässt. Also Schönheitsoperationen. Ich wollte aber nicht nur über ihn einen Song schreiben. Ich binde oft Charaktere nur ein und schmücke das Lied mit Facetten von anderen Personen aus. Ich bastel die Personen zusammen wie ich will.
Lee van Cleef hat sich geweigert, für sein Filmdebüt seine charakteristische Nase zu ändern. Er ist dann lediglich ein bisschen später bekannt geworden.
Bananz: Wirklich? Das weiß ich gar nicht. Eigentlich geht es in dem Lied um einen Typen, der ein wenig aussieht wie Lee van Cleef. Mit Schnauzer und abgedrehten Blick. Es gibt ein lässiges Foto von Lee van Cleef, wo er ausschaut wia a Ratz. Finde ich. Aber eigentlich geht es um einen Typen, der sich operieren lässt.
Demnach ist “Mama’s Cafe” auch eine Fiktion, und du bist nicht aus einer Wirtshaus Familie?
Bananz: Mamas Cafe hat es wirklich gegeben. Das heißt so. Da bin ich in einer grauslichen Linzer Umgebung mal mit dem Auto vorbeigefahren. Drinnen war ich nie. Und als ich das letzte Mal vorbeigefahren bin, hieß es Erwin’s Cafe. Das hat gewisse Assoziationen ausgelöst. Wie könnte der Switch von Mama’s zu Erwins Cafe zustande gekommen sein. Der Rest der Geschichte ist dann frei erfunden.
Kann man auf Grund der Zigarettenmarke auf den Charakter eines Menschen schließen?
Bananz: Das wär wahrscheinlich übertrieben. Aber es ist schon interessant, warum sich gewisse Menschen für eine bestimmte Marke entscheiden. Das ist ein witziges Detail an Menschen. Das beobachte ich gern.
Soweit ich alles verstanden habe, klagst du im “Truscherl Blues” ein wenig über die Damenwelt. Ich habe nicht alles verstanden, aber vermisst du etwas an den Damen von heute?
Bananz: Ich vermisse nix an den Frauen von heute. Im Grunde geht es um eine gewisse Oberflächlichkeit von Frauen, die gerne ein Topmodel wären, aber in den hohen Schuhen gar nicht laufen können. Und das wirkt sehr botschad.
Wenn du den Saustall ausmisten könntest – wo würdest du anfangen? Wo stinkt’s am meisten?
Bananz: Vermutlich im Saustall
Und metaphorisch gesehen?
Bananz: Ich bin kein politischer Mensch. Ich schaue zwar gern Diskussionen an, bin dabei aber immer nur Zaungast und erfreue mich am Scheitern der Politik. Aber mehr als Belustigung ist bei mir politisch nicht los.
Und abseits der Politik?
Bananz: Worauf zielt deine Frage ab?
Ich versuche nur den Titel zu verstehen.
Bananz: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich selbst immer auf neue Aspekte komme mit Wortspielen und Metaphern. Ich habe da keinen Fokus auf etwas bestimmtes. Ich kann nicht sagen, um was es in dem Lied geht.
Also gar nicht sozialkritisch?
Bananz: Überhaupt nicht. Es sollte alles möglich sein. Ich mag es, wenn unterschiedlichste Interpretationen möglich sind. Die Geschichten haben keinen Anfang. Kein Ende. Jeder kann seiner Fantasie freien Lauf lassen. Das gefällt mir.
Du lebst am Land. Deine Inspiration ist aber der Trubel? Hast du früher genug gesammelt an Inspiration?
Bananz: Also, der Stoff geht nie aus. Die Kreativität ist wie ein Akku, der sich auflädt, und dann entladen werden will. Sie bedient sich dann Themen, die auch ganz belanglos sein können. Es ist nicht so, dass ich zu interessanten Themen ein Lied schreiben möchte. Das ist gar nicht meine Arbeitsweise. Ich lebe einfach, und irgendwann kommt dieser kreative Schub und ich setz mich hin. Ich freue mich einfach, dass ich in diesem luftleeren Raum der Kreativität schwebe. Wenn der Akku leer ist, dann wirds zwanghaft. Später arbeite ich es aus. So sind alle Lieder entstanden.
Im Lied “Die Selbe Tapetn” singst du “ob man im Käfig sitzt oder der Aufpasser ist gewissermaßen egal”. Klingt nach harten Zeiten. Warst du schon mal im Käfig?
Bananz: Ist nur eine Metapher. Ich habe einen Termin gehabt, ein Kinderfahrrad auf Willhaben zu kaufen. Zehn Minuten vorher habe ich mich hingesetzt und das Lied geschrieben. Danach bin ich das Kinderfahrrad kaufen gefahren. Das weiß ich noch. Mehr kann ich nicht dazu sagen. Ich mag einfach diese sprachlichen Bilder. Gefühle, die dadurch entstehen.
Somit ist meine nächste Frage, welche Fragen “Die Philosophen im Saustall” beantworten können, wohl obsolet…
Bananz: Das ist eine schwere Frage.
“Es ist ja nix eindeutig. Für jeden ist die Realität anders.”
Dir scheint es gelungen zu sein, dass manche Menschen wohl mehr hineininterpretieren…
Bananz: [lacht]…Was ich auch lässig finde, dass es aus der Belanglosigkeit entsteht. Es ist ja nix eindeutig. Für jeden ist die Realität anders. So ein Lied ist ein kurzes Eintauchen in die Realität des Sängers, der diese Bilder beschreibt, und löst in der/dem Hörer:in wieder eine ganz andere Realität aus. Und das erfüllt es absolut. Umgekehrt mag ich es auch nicht, wenn ich so vorgefertigte Pfade in der Kunst oder Musik finde, die mich irgendwo hinführen möchten. Das ist nicht spannend für mich. Darum achte ich darauf, dass die Interpretationsmöglichkeiten wirklich sehr frei sind. Je vielfältiger, desto wertvoller ist es für mich.
Quasi wie ein abstraktes Bild?
Bananz: Das jeder für sich frei ausmalen kann.
Dein Album wird auf Streaming Portalen nicht zu bekommen sein?
Bananz: Stimmt. Auf der Platte sind zwar auch Downloadcodes drin. Den gibt es nur auf meiner Homepage. Das hat den Hintergrund, weil mich diese Verrohung von Musikkonsum stört. Ich achte beim Musikhören auf hohe Qualität. Das möchte ich auch bei meiner Musik gewährleisten. Spotify ist für mich schrecklich. Das ganze Konzept…
Inwiefern verroht die Musik?
Bananz: Zum Beispiel am Handy Musik hören. Das ist abartig.
Spotify zwingt einen ja nicht, Musik am Handy zu hören.
B.: Ja, aber viele junge Leute wissen gar nicht, was das für eine Qualität haben kann, Musik zu hören. Ich besitze einen Super High Resolution Player, mit dem ich meine Musik konsumiere. Ich bin auch ein Albumhörer. Ich mag das nicht, wenn ich überall kurz mal reinhör und mich durch klicke. Das ist aber die Standard-Hörgewohnheit der meisten, die nicht einmal eine Anlage daheim haben. Dann könnte ich genauso mit den Fingern fressen. So müsste man das Besteck auch nicht mehr abwaschen. Das meine ich mit Verrohung. Außerdem bekommt man als kleiner Künstler einfach einen Scheißdreck von Spotify. Diese 0,8 Cent Abrechnung ist für mich jedes Mal ein Schlag ins Gesicht.
Spotify ist der Inbegriff des Überflusses. Immer alles und überall zur Verfügung zu haben. Ich kann mich da im Internet auch voll verlieren. Man hört alles und nichts. Viel Müll natürlich auch, weil es so leicht zugänglich ist. Sieht man sehr gut, wenn man TikTok betrachtet. Dort sind nur noch kurze Sequenzen, die einen permanent zumüllen. Das hat keine Tiefe mehr.
“Ich fand mich in meinem Beruf eigentlich immer fehl am Platz.”
Hast du was von deinem Beruf als Elektriker zum Musikmachen mitnehmen können?
Bananz: Natürlich. Ich bin Arbeiter. Das hat mich schon geprägt. Und diese Kontraste sind spannend. Zum einen die Industrie, zum anderen die Feinfühligkeit und das Beobachten und etwas Künstlerisches daraus zu machen. Das ist ein gutes Spannungsfeld. Ich fand mich in meinem Beruf eigentlich immer fehl am Platz. In meiner Lehrzeit fand ich diese raue Männerwelt mit den Baustellen-Haberern sehr fremd. Aber das prägt einen.
Und welche Grenzen schafft einem der Glauben? Das singst du in “Das Lied”.
Bananz: Das wird ein umfangreiches Gespräch. Aber ja, was hör ich da raus? Grenzen entstehen im Kopf. Das, was man nicht glauben kann, wird man auch nicht erreichen. Und umgekehrt.
In dem Fall öffnet der Glauben eher Grenzen?
Bananz: Das ist aber genau das, was ich mag. Ich glaube, man kann sich da als Hörer:in richtig vertiefen. Ich selbst auch. Es sind für mich genauso Denkanreize. Auch nach dem Schreiben.
Wer oder was hatte Einfluss von der Wende vom bluesigen Sound, den du mit den “großen Tangos” anstimmst, zu dem mittlerweile eigenständigen Sound der “Philosophen im Saustall”?
Bananz: Hängt natürlich immer davon ab, mit wem man zusammenarbeitet. Bananz sind immer meine Lieder. Die gibt es in unterschiedlichen Besetzungen. In dem Fall hat den Sound Titus Vadon sehr geprägt. Eigentlich war es als Gitarre und Stimme Album gedacht. Eine gemeinsame Begeisterung für den Balkan Sound hat Titus verleitet, einfach mal ein Arrangement über einen Song zu legen. Das war voll super. Auch mit der eigentümlichen Besetzung. Viele Sachen geschehen aber natürlich auch immer als Happy Accidents im Laufe einer Produktion. Das muss man schon auch sagen.
Tom Waits von Österreich. Wär das ein Kompliment für dich?
B.: Mir ist wichtig, immer authentisch zu bleiben. Ich habe sehr viel Zeit gebraucht, bis ich meine Singstimme gefunden habe. Es hat auch viel Energie gekostet, mich nie in eine Richtung zu verbiegen, bei der ich mich nicht wohl gefühlt hätte. So gesehen ist das eigentlich kein Kompliment. Ich möchte nicht unbedingt mit jemandem verglichen werden. Aber wenn man Leute erreichen will, muss man sich ein bisschen positionieren. Er ist jetzt nicht mein großes Vorbild, auch wenn ich auf die Musik voll stehe. Kopieren wollte ich ihn aber nicht.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Bananz Live:
28.01’23 Bananz Solo – The Red Rooster / Steyr
28.04.’23 Bananz Solo – KURA / Waizenkirchen
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