BAGUETTE – „Expensive Mouse“

Das Noise-Rock-Duo BAGUETTE versprüht auf seinem neuen Album „Expensive Mouse“ (Noise Appeal Records) eine gehörige Portion Spielfreude. In einer steirischen Melange aus Math-Rock, Noise und sogar Punkrock kommt auch das Augenzwinkern nicht zu kurz. Die stark produzierten Riffsalven in seltsamen Rhythmen gehen jedenfalls direkt in die Magengrube – entweder per köstlichen Textzeilen oder Zweimann-Wall-of-Sound.

Das für einen Opener passend betitelte „Goahead1“ eröffnet das ebenso dadaistisch benannte „Expensive Mouse“ und macht sofort mit Vollgas klar, was Sache ist: Geschwindigkeit, agile Instrumentierung, die sich nach Spaß im Proberaum anhört, aber gleichzeitig hochwertig produziert dargeboten wird, und hin und wieder Melodien, die man gerne weiterhören würde, nur um dann einen Mittelfinger im Vorbeigehen entgegengeschlendert zu bekommen. Ironischer und gleichermaßen selbstverliebter wie gesellschaftsverachtender Noise-Rock zieht sich wie ein roter Faden durch das Zweitwerk des steirischen Duos Baguette. Apropos Zweitwerk und Duo: Es ist immer wieder erfreulich, wenn unabhängig von musikalischen Konventionen auch die üblichen Richtlinien der Band-Arithmetik auf den Kopf gestellt werden, ohne an Soundqualität einzubüßen. Gelegentlich erinnern Philipp Prugger (Gitarre, Gesang) und Manuel Finster (Schlagzeug) an die Dresdner von Dÿse – unkonventionell und breitbeinig im Soundgewand, nur (noch) nicht ganz so wahnsinnig.

Smoothies, Fortune Cookies und Life Coaches: Gesellschaft, hab acht!

Albumcover “Expensive Mouse”

Eine weitere Gemeinsamkeit besagter Bands dürfte jedenfalls eine latente Unzufriedenheit mit Teilen der Gesellschaft sein. Konnte man sich schon aufgrund der Songtitel („Life-Coach“, „Pricetag from Hell“ und „Smoothie Startup“) denken, dass Baguette in der Mitte der Bobo-und-Konsorten-Brigade wohl keine aktiv weltverbessernde Funktion mehr einnehmen werden, so wird es spätestens am Ende von „Life-Coach“ völlig klar: Ein Sprach-Sample thematisiert auf höchst witzige Weise die „Berechtigung“ von sogenannten Lebenstrainern. Der Spielspaß und ein gewisses Augenzwinkern sind „Expensive Mouse“ jedenfalls nicht nur in den offensichtlichen Momenten anzumerken, sondern auch zwischen den Zeilen und Noten. Wie zumeist in der an E-Gitarren orientierten Subkultur steht es Baguette ausgesprochen gut, weder sich selbst – man beachte von Zeit zu Zeit die Melodiefolgen –  noch sonst irgendwen zu ernst zu nehmen. Musikalisch treffen dazu passenderweise schräge Rhythmen auf seltsame Sounds. Als Paradebeispiel für diese wunderbare Formel ist etwa der Song „Mondo Topless“ zu nennen, in der sich die beiden Musiker als Wiederholungstäter des Brachialgeknüppels geben, welches trotzdem ausreichend groovt, um damit nicht zu langweilen. Dynamisch mit dem Vorschlaghammer den der Gesellschaft vorgehaltenen Spiegel zerbrechen – nörglerisches Herz, was willst du mehr.

Sebastian J. Götzendorfer

Live:
12. April 2018: Rhiz, Wien – Albumrelease-Show

Links:
Baguette (Facebook)
Noise Appeal Records