Im Falter-Artikel Carsten Fastners heißt der Titel: “Was Bach tut, das ist .”. Wir gestehen, wir haben ihm den (fast) gestohlen. Fastner hat seine Überschrift allerdings von einer Bach-Kantate, die am Mittwoch, 5. 11. im Konzerthaus gespielt wird. Stattdessen “Ich habe genug” zu schreiben – weiterer Titel einer ebenfalls dort aufgeführten und noch berühmteren Kantate – tun wir sicher nicht. Viel Glück für den Bach-Zyklus im Konzerthaus, initiiert von Georg Nigl, Wolfgang Mitterer und Luca Pianca. Mittwoch schon ausverkauft!
Das große Projekt (nächste Termine im März und Mai 2009) setzt sich nichts geringer Ehrgeiziges zum Ziel, als alle Bachkantaten im Konzerthaus zu bringen. Die rund 200 Kirchenkantaten von Johann Sebastian Bach gehören zu den faszinierendsten Werkbeständen der abendländischen Kunstmusik. Dem neu kreierten Zyklus “Bach-Kantaten” liegt die Idee einer Gesamtaufführung über mehrere Saisonen hinweg zugrunde. Ein Großteil der Kantaten wird erstmals seit Jahrzehnten wieder in einem Wiener Konzertsaal erklingen.Halten wir uns weiter an den Werbungstext des Gastgeberhauses: “Spiriti rectores” dieses ambitionierten Projekts sind Luca Pianca, Lautenist und Mitbegründer des Ensembles il Giardino Armonico, der erfolgreiche – auch für Neue Musik aufgeschlossene – Bariton Georg Nigl und der Komponist und Organist Wolfgang Mitterer. Mitterer zählte gerade einmal sechs Lenze, als er seinen ersten Auftritt als Kirchenorganist absolvierte. Als Komponist zwischen Jazz, Pop und Avantgarde beschäftigt ihn immer wieder der Brückenschlag zwischen Improvisation und Notation, zwischen Instrumentalklang und Elektronik. Orgel- und Improvisationskünste sind bei Bach-Kantaten ebenso gefragt. Gemeinsam mit jungen Gastsolistinnen und -solisten wollen die drei kreativen Köpfe für mitreißende Interpretationen sorgen.
Georg Nigl studierte an der Wiener Musikuniversität Gesang bei Hilde Zadek. Sein erstes großes Engagement als Bariton führte zur künstlerischen Zusammenarbeit mit Nikolaus Harnoncourt. Wie Harnoncourt versucht auch er bei der Erarbeitung einer Interpretation die Entstehungsumstände des Werks und dessen verschiedenen Bedeutungsebenen in Erfahrung zu bringen. In den ersten Jahren seiner Laufbahn als Bariton hat sich Georg Nigl auf Alte Musik konzentriert. Er arbeitete unter anderem mit Thomas Hengelbrock, Jordi Savall oder Giovanni Antonini. Dann erwachte auch sein Interesse für Neue Musik.
“Es gibt nichts Schöneres als Komponistinnen und Komponisten kennenzulernen und zu erfahren, wie die an eine Arbeit herangehen. Und es ist auch schön zu wissen, dass man nicht einfach eine Partie umsetzt, die für irgendjemand geschrieben wurde, sondern dass bedeutende Musikschaffende wie Mitterer, Haas, Cerha, Dusapin oder Neuwirth an einen denken, wenn sie etwas komponieren”, freute sich Nigl einmal gegenüber Ursula Strubinsky (Ö1-Zeitton) .
Mit der Verpflichtung Mitterers ans Orgelpositiv ist ihm ein Coup gelungen. Denn Orgel, auch die Laute als Continuoinstrumente können ihren Part bei Bach durchaus relativ frei ausführen. Wolfgang Mitterer: “Wir können Verzierungen einfügen, Akkorde in enger oder weiter Lage setzen, atmosphärische oder ganz konkret rhythmische Impulse geben”. Daher freut Mitterer sich auch an das Engagement von Peter Herbert am Kontrabass – ein weiterer improvisationserfahrener Musiker. Mitterer zum Falter: “Von ihm erwarte ich mir viel Groove. Die Bassstimme ist zwar stark an die Noten gebunden, aber für die Phrasierung insgesamt von zentraler Bedeutung.”
Bach-Kantaten I
Mittwoch, 5. November 2008, 19:30, Mozart-Saal
Ensemble Claudiana
Agnes Scheibelreiter, Sopran
Terry Wey, Altus
Daniel Johannsen, Tenor
Georg Nigl, Bariton
Wolfgang Mitterer, Orgel Luca Pianca, Leitung
Johann Sebastian Bach
Was Gott tut, das ist wohlgetan BWV 98 (1726)
Ich habe genug BWV 82 (1727)
Widerstehe doch der Sünde BWV 54 (1714)
Ich will an den Himmel denken (Wo gehest du hin? BWV 166) (1724)
CD-Tipp
Wolfgang Mitterer, “Im Sturm”, Georg Nigl und Wolfgang Mitterer, col legno, WWE 1CD 20278
(1) Georg Nigl als Wozzeck (Foto: Ö1-Website)
(2) Luca Pianca © Konzerthaus