Es war ein Sommer voller Musik. Gepiekste Arme, Versammlungen im Freien und ein verzweifelter Durst nach Musik. Diese gelungene Kombination hat so manchen aus dem Winterschlaf (oder der Quarantäne) geholt und zu Konzerten, Festivals und Veranstaltungen geführt. Aber leider ist der offizielle Einzug des Herbstes schon da: Der September. Die Ferien gehen zu Ende, die Schule hat begonnen, und die sinkenden Temperaturen sind beängstigend nah. Zum Glück gibt es weiterhin Vitamin-C (Vitamin-Konzerte) und Albumveröffentlichungen, die die Laune und die Hoffnung auf den Winter, der um die Ecke lugt, hochhalten: Vorhang auf für die Austrian Music Highlights!
SMASHING THE BOX
Nachdem der Titel eines Beatles-Songs – „A DAY IN THE LIFE“ – der Ausgangspunkt des diesjährigen Festivals der JazzWerkstatt Wien ist – worum geht es? Das 2004 gegründete Musikerinnen- und Musikerkollektiv, das sich ständig weiterentwickelt, hört nie auf, kreativ und innovativ zu sein, und wir sind mehr als glücklich, dabei sein zu können. Das Programm dieser Ausgabe ist (selbst für sie) ungewöhnlich, da es die Genregrenzen sprengt. Die JazzWerkstatterinnen und JazzWerkstatter selbst sagen, das Festival biete „originelle Musik ohne stilistische Grenzen“. Von Künstlerinnen und Künstlern kuratiert, werden die Musikerinnen und Musiker eingeladen und herausgefordert, aus der Reihe zu tanzen und „die Grenzen zu sprengen“. „Das verbindende Element ist das Musizieren als poetische Routine; der Glaube an die Musik; die Arbeit als Traum.“ A DAY IN THE LIFE – „…das Lied über das zufällige tägliche Leben dient als Vorbild und Motto. Wir alle verbringen unsere Tage anders, jeder endet auf einem anderen Akkord.“ Kuratorinnen und Kuratoren des Festivals sind Rojin Sharafi, Beate Wiesinger, Clemens Salesny, Clemens Wenger, Peter Rom und Manu Mayr.
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Das Programm ist vollgepackt mit Leckerbissen, aber um nur einen Teil herauszugreifen: Die Rückkehr von Fuzz Noir markierte die Eröffnung des Festivals in der Perle des USUS am Wasser. Am selben Abend traten Gazelle & the Bear auf, dekoriert von einem epischen Sonnenuntergang sowie Elis Noa, um die Nacht zu besiegeln. An den folgenden Abenden sind Innode, Mahan Mirarbar „Persian Side of Jazz“, Echoboomer, Ming Wang an der Zither sowie die Thereministin Pamelia Stickney im Duo mit dem Gitarristen Peter Rom sehenswerte Acts. Wiesinger/König/Rucker hatten letztes Jahr ihre Premiere beim Jazzfest Saalfelden in einer Impro-Session und werden sicher zeigen, was sie seither aufgebaut haben. Das Festival läuft über fünf Tage (12.-18. September) an vier Orten und bietet nicht nur ein dynamisches musikalisches Programm, sondern sprengt auch die konventionellen Grenzen eines Festivals mit Zusatzangeboten wie Podcasts, Twitter-Livetickern, unorthodoxen Interviews und einer Fotoserie mit „Schnappschüssen von privaten Terminen der Festival-Künstler“. Ein ganz normaler Tag im Leben.
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WIENWOCHE (10.-19. September 2021) ist ein Wiener Festival, das „mit der Verschmelzung von kreativen Praktiken und Aktivismus in verschiedenen Größenordnungen und Formaten und von verschiedenen Seiten der Kunst und der sozialen Bewegungen experimentiert“. In seinem 9. Jahr nähert sich das Festival kultureller Arbeit mit sozialer und politischer Konfrontation und bringt so das Unsichtbare oder Unrepräsentierte in den Bereich des Sichtbaren und Repräsentierten. Bewusst, grenzüberschreitend, sensibel und radikal – das multidisziplinäre Festival hat viel zu bieten und eine Menge auf dem Teller. Eines der Gerichte auf der Speisekarte ist Musik und Klang. So zum Beispiel die Solar-Punk-Musikperformance Mutual Aid Orchestra – Ausländerinnen und Ausländer, „die die Interaktion zwischen Menschen und Tieren komponiert, die miteinander kommunizieren, indem sie auf die Geräusche des jeweils anderen reagieren und ein Konzert für Menschen, Tiere, Bäume, Pflanzen und alle im Tiergarten Schönbrunn lebenden Organismen aufführen. Indem wir Klang und Musik als interaktive Kommunikationsmethode betrachten, beobachten wir Beziehungen, die auf der Idee einer universellen Sprache basieren, und legen alle Tabus und abwertenden Assoziationen rund um den Begriff ‘Ausländer’ auf den Tisch, mit dem Ziel, ihn sich wieder anzueignen und in eine neue Verkapselung von Obertönen und Signifikanten zu katapultieren.“ Bemerkenswert ist auch das Performance-Stück über Black Utopia von Elisabeth Tawanda Taruvinga Mtasa und Tmnit Ghide mit dem Titel „CLUB DEMA“, in dem sie die Kontextualisierung verschiedener Themen wie psychische Gesundheit, Liebe als Konstrukt in einem nicht-kapitalistischen Kontext und Arbeit aufgreifen, hinterfragen und verbinden. Auf diese Weise soll das Überdenken von Konzepten und das Hinterfragen von Strukturen, Bewältigungsmechanismen und Strategien angeregt werden, mit dem Potenzial für Veränderung und Umlernen. Performances und selbstproduzierte Musik geben einen Einblick in ihre Vorstellung von einer Schwarzen Utopie.
EMBRACING THE BOX
Habt ihr schon einmal ein Konzert in einem Sportkäfig gesehen? Wenn nicht, habt ihr jetzt die Gelegenheit dazu. Gemeinsam mit dem Kulturverein ARGE Henriette wird die Reihe KÄFIGKONZERTE vom 23. September bis 7. Oktober an drei Abenden öffentliche städtische Räume in kreative Orte verwandeln, die von der Gemeinschaft dynamisch und gemeinsam erlebt werden können. Die einzigen Grenzen, die es bei diesen Veranstaltungen geben wird, sind die physischen Käfige selbst.
Ansonsten sind nicht nur die Veranstaltungen kostenlos und offen für alle, sondern auch das Programm ist kostenlos. Von KeKe über Esrap, Dorian Concept, Gazelle & the Bear bis hin zu den Wiener Symphonikern – das Programm ist ironischerweise genauso ungewöhnlich wie das Konzept selbst. Über die Musik hinaus haben sich die Käfigkonzerte mit zu vielen Partnern zusammengetan, um sie alle aufzuzählen, und erweitern so das Programm um Workshops, Ausstellungen, Essensstände und Kinderveranstaltungen.
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SHOWING UP
Das REEPERBAHN FESTIVAL ist zurück und steht vor der Tür (22. – 25. September)! Bei der 16. Ausgabe von Deutschlands größtem Club- und Showcase-Festival wird dieses Jahr eine Auswahl von Österreichs vielversprechendsten jungen Künstlerinnen und Künstlern auftreten. Atzur, Buntspecht, Christoh, Elis Noa, Fleks, Florence Arman, Gaddafi Gals, Lamila, Mavi Phoenix, OSKA, PIPPA, Ro Bergman, ROMC, Sharktank, Siamese Elephants und Yukno werden dabei sein… Und ihr?
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FOCUS WALES wird vom 7. bis 9. Oktober die besten neuen nationalen Talente neben etablierten Namen und einer Auswahl aufregender internationaler Acts mit einem gewaltigen Programm von über 300 Live-Auftritten präsentieren. FOCUS Wales ist eine Non-Profit-Organisation, die gegründet wurde, um der walisischen Musikindustrie ein jährliches Showcase-Event zu bieten. Im Jahr 2021 findet das Festival zum 10. Mal statt und lockt über 15.000 Besucherinnen und Besucher auf 20 Bühnen und bietet ein umfangreiches Programm mit interaktiven Industrie-Sessions, Kunstveranstaltungen und Filmvorführungen. In diesem Jahr werden die österreichischen Acts Alicia Edelweiss und DRAMAS neben Hunderten anderer internationaler Pop-, Rock- und Elektronik-Acts dabei sein.
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Das WARSAW AUTUMN FESTIVAL feiert vom 16. bis 26. September seine 64. Ausgabe. Wie immer ist das Programm hochkarätig und umfangreich. Unter den Mitwirkenden befinden sich eine Reihe österreichischer Komponistinnen und Komponisten und Interpretinnen und Interpreten, darunter Matthias Kranebitter, Alexandra Karastoyanowa Hermentin, Daniel Oliver Moser, Gerald Resch und das Klangforum Wien. Das Festival findet an verschiedenen Orten in der Stadt statt, unter anderem im Österreichischen Kulturforum Warschau.
ULTIMA – Oslo contemporary music festival – ist das wichtigste Festival für zeitgenössische Musik in der nordischen Region. Mit Vorfreude und Spannung wird es auch in diesem Jahr zwischen dem 15. und 25. September an Spielstätten in ganz Oslo stattfinden. Zu den Komponistinnen und Komponisten und Interpretinnen und Interpreten zählen in diesem Jahr das Klangforum Wien und Eva Reiter. Das Klangforum bringt vier neue Werke zur Uraufführung: drei von führenden norwegischen Komponistinnen und Komponisten und eines von dem südafrikanischen Komponisten Andile Khumalo, der durch den Tod eines befreundeten Pianisten aufgrund Covid zu einem zehnminütigen Stück inspiriert wurde, in dem das Klavier gegen ein Orchester antritt, wobei der Schwerpunkt auf Marimba und Holzschlagzeug liegt. Eva Reiters neues Stück, Eupepsia Dyspepsia (2021), schafft „Hybride zwischen barocker und zeitgenössischer Musik, europäischen und New-World-Kompositionen und Text-Klang-Collagen – nicht als Lösungen oder Heilmittel, sondern als schwer verdauliche Klangobjekte, die über die lang anhaltenden Auswirkungen kultureller Gewalt nachdenken“.
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RELEASE
Die Cellistin und Komponistin SOPHIE ABRAHAM interpretiert und improvisiert und durchbricht dabei kreative Grenzen. Ihre Arbeit bewegt sich zwischen klassischer Musik, zeitgenössischen Kompositionen und experimentellen Klanglandschaften, und Ende September veröffentlicht sie ihr neuestes Soloalbum „Brothers“. Sie erklärt: „Brothers ist ein sehr persönliches Programm: Meine beiden Brüder starben 1993 bei einem Lawinenunglück. Die Musik, die dabei entstanden ist, ist manchmal schwer, aber umso mehr eine Hommage an das Leben in seiner Schönheit.“ Alle Stücke auf dem Album wurden von Sophie Abraham komponiert, aufgenommen, gespielt und produziert. Wir ziehen den Hut vor ihrem Mut, ein solches Werk zu produzieren, und freuen uns auf die Musik, die Videos und die Konzerte, die es begleiten.
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Vincent Pongrácz ist ein nationaler Schatz und ein scheinbar unerschöpflicher Quell grenzenloser Kreativität und (nennen wir es einfach beim Namen) schierem Wahnsinn. Zu seinen zahlreichen selbst initiierten Unternehmungen gehört sein Soloprojekt, in dem er eine exzentrische und fiktive Figur verkörpert, SYNESTHETIC IVO. Hinter dieser Figur verbergen sich dadaistische Raps in erfundener Sprache, exzellente Musik und Musikalität sowie bizarrer, schräger Humor. Experimenteller, zeitgenössischer, jazziger Hip-Hop ist in etwa sein Genre, und das hört man auch, wenn man sein neues Album „Live at KallmanBoom“ anspielt, das bei einem Konzert in Kopenhagen während des ersten Lockdowns aufgenommen wurde.
Davor gibt es zwei Singles, Stopp Sakka (veröffentlicht am 29. August) und Kuulma Kat, das am 17. September erscheint. Ihr könnt diese und andere Songs des Albums beim Release-Konzert am 29. September im Rhiz hören. Von Äxten, die auf Hälsen gehalten werden, bis hin zu radikalen Teezeremonien, die Videos zu den Singles sind (wie immer) herrlich schräg, dynamisch und anders als alles andere da draußen. Mach weiter so, Ivo.
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Arianna Fleur
Aus dem englischen Original übersetzt von Itta Francesca Ivellio-Vellin.