„AUSSER DEN STUDIOAUFNAHMEN UND DEN FOTOS HABEN WIR ALLES SELBST GEMACHT“ – PATRICK KLOEPFER von TELEMARK DILEMMA im mica-Interview

TELEMARK DILEMMA wurde im Jahr 2013 gegründet, nach mehreren Umbesetzungen hat die Band seit rund dreieinhalb Jahren ihr aktuelles Line-up gefunden. Im August 2017 haben die Aufnahmen zur Debüt-EP „The Basement Cut“ (Sitzdisko Records) begonnen, die demnächst erscheinen wird. Im Gespräch mit Jürgen Plank erzählte der Gitarrist und Sänger PATRICK KLOEPFER darüber und erklärte, was hinter dem Bandnamen steckt und welchen Bezug die Band zu DONALD TRUMP hat.

Patrick Kloepfer: Wir haben im Proberaum herumgeblödelt und hatten bald einen „Arbeitstitel“. Der damalige Schlagzeuger hat die Idee zum Namen Telemark Dilemma gehabt, nach einem Grund befragt, hat er gemeint: „Na ja, die Angst des Skispringers vor dem Kacherl.“ Viel mehr ist nicht dahinter. Der Name hat uns aber gut gefallen und wir sind dabeigeblieben.

Es gibt also tatsächlich den Bezug zum Skispringen?

Patrick Kloepfer: Ja, Telemark ist ja dieser Skischwung, bei dem man wie Langläufer die Kurve ohne feste Bindung schneidet. Das Dilemma des Skispringers ist, entweder weit zu springen und weniger Punkte zu bekommen oder kurz und dafür schön zu springen.

Sie haben nun Ihre Debüt-EP am Start, was ist für Sie das Besondere daran? Eine erste Veröffentlichung ist doch ein besonderer Punkt, den man als Band erreicht.

Patrick Kloepfer: Definitiv. Wir haben in den letzten Jahren viele Stücke geschrieben, die wir anfangs live gespielt haben. Wir haben mittlerweile an die 30 Eigenkompositionen. Irgendwann sind wir ins Studio gegangen und haben aufgenommen und haben nun die EP fertig. Ursprünglich wollten wir eine Single mit zwei Liedern machen, aber aus Kostengründen haben wir gleich eine EP gemacht.

Zum Lied „Left handed“ gibt es ein Video. Ist das ein Spaß-Song oder was steckt hinter diesem Lied?

Patrick Kloepfer: Der Bezug ist unsere Sängerin Wa-Lee [Scheiber; Anm.], sie ist Linkshänderin und schreibt die meisten Texte. Der Text ist eine Auflistung von Linkshänderinnen und Linkshändern und es geht auch darum, dass sie das Glück hatte, Linkshänderin bleiben zu dürfen. Unsere Sängerin hat zum Lied selbst das Video gezeichnet und zusammengeschnitten, es ist recht lustig geworden und passt so, wie es ist.

Left Handed from Telemark Dilemma on Vimeo.

Ihr Album beginnt sehr kraftvoll und wird mit Fortdauer immer ruhiger und differenzierter. War das ein Bogen, den Sie so spannen wollten, oder hat sich das einfach so ergeben?

Patrick Kloepfer: Die Aufnahmekriterien für die Lieder auf der EP kann ich gar nicht nennen. Wir haben einfach die Lieder genommen, die wir schon am längsten gespielt haben und die für uns am wichtigsten sind. „Violent news“ ist für uns inhaltlich eine wichtige Nummer.

Worum geht es im Stück „Violent news“?

Patrick Kloepfer: Das war unsere allererste Nummer, sie ist rund drei Jahre alt. Es ging uns darum, dass es auf der Welt viele Kriege gibt und vieles im Argen liegt. Es ist in den letzten drei Jahren nicht besser geworden, im Gegenteil: Es ist fast schlimmer geworden.

Aus dem Off kommt bei „Violent news“ eine Stimme, die wie ein Nachrichtensprecher von der Zündung einer Bombe in Bagdad berichtet. Haben Sie diesen Text erfunden oder ist das ein Originaltext aus einer Nachrichtensendung?

Patrick Kloepfer: Unser Keyboarder hat diesen Text eingesprochen, die Texte sind von uns, da sind keine Samples dabei. Auch der Schlusssatz ist von uns, wir haben lange darüber diskutiert, ob wir den drinnen lassen sollen oder nicht.

Wie lautet dieser Satz, der ja eine Werbebotschaft ist?

Patrick Kloepfer: „This song was brought to you by …, thank you for drinking our …“. Da geht es um die Ausbeutung der Natur und wir haben beschlossen, den Satz in den Text hineinzunehmen.

„Wir nehmen uns auch bei den Konzerten kein Blatt vor den Mund“ 

Das ist im Indie-Bereich ohnehin kein Problem, oder?

Patrick Kloepfer: Ja. Wir nehmen uns auch bei den Konzerten kein Blatt vor den Mund. Wenn es etwas zu sagen gibt, sagen wir das auch, die Musik und die Liedtexte sprechen für sich selbst. 

Ist das Lied „Violent news“ auch im Kontext mit US-Präsident Trump und dessen Fake News zu sehen?

Patrick Kloepfer: Die Geschichte hat sich selbst überholt, die Nummer ist nämlich drei Jahre alt, da war von Trump noch keine Rede. 

Neben kritischen Hinweisen haben die Texte auch immer ein Augenzwinkern dabei. Wie sehen Sie das?

Patrick Kloepfer: Ja, nachdem die Texte recht persönlich sind und unser Umfeld reflektieren, machen wir auch immer den Versuch, nicht alles bierernst zu nehmen.

Beim letzten Song kommt im Text das Wort „Rollator“ vor, das habe ich im Pop-Kontext noch nie gehört, wie kam es dazu?

Patrick Kloepfer: Unsere Sängerin Wa-Lee hat dieses Lied, „Cupid’s Bow“, mit mir geschrieben und wir sind beide fast am Boden im Proberaum gelegen, weil wir beide wahnsinnig Kreuzweh hatten. Und in dieser Situation hat sie einfach begonnen, diesen Text vor sich her zu sagen und wir haben das so lustig gefunden, dass es das Vorspiel zu „Cupid’s Bow“ geworden ist.

Dieser improvisierte Text ist also geblieben.

Patrick Kloepfer: Der Text ist so geblieben, musikalisch haben wir die Nummer noch etwas aufgedröselt, weil es eine Ska- und Reggae-Nummer ist.

Wie kam die musikalische Mischung bis hin zum Reggae zustande? Ergab sich das organisch im Proberaum?

Patrick Kloepfer: Wir sind nicht zusammengesessen und haben überlegt, wie wir die Musik anlegen könnten. Wir sind nach den vielen Jahren des Zusammenspielens so weit, dass die Nummern alle nach uns klingen. Aber wir haben kein Rezept dafür, wie das geht. Entweder kommt die Sängerin mit ihrer Ukulele und spielt uns ein neues Lied vor oder sie kommt mit einem Text und ich habe ein Riff, das wir dann ausbauen. Das passiert entweder rasch oder man arbeitet lange an einem Stück.

„Ich mag Vinyl, weil es schön ist, weil es groß ist“

Das Album erscheint auf Vinyl, warum war Ihnen das wichtig?

Patrick Kloepfer: Vinyl war mir wichtig, weil ich es immer schon gesammelt habe, auch in den Jahren, in denen es wenig gab. Ich möchte jetzt nicht die Diskussion anfangen, ob Vinyl, CD oder MP3 besser ist. Ich mag Vinyl, weil es schön ist, weil es groß ist. Und es gibt einen Download-Code für alle Leute, die keinen Plattenspieler haben. 

Nachdem Sie nun eine EP veröffentlichen werden, ist bereits ein Album in Planung?

Patrick Kloepfer: In Planung: jein. Wir diskutieren witzigerweise schon darüber, dass es ansteht, weil wir eben schon so viele Lieder haben. Ein Debütalbum ist definitiv in Planung. 

Gibt es Unterstützerinnen und Unterstützer bzw. Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter von Telemark Dilemma?

Patrick Kloepfer: Michael vom Lokal Down Under hat uns ermöglicht, dort unser erstes Konzert zu spielen. Als wir dann letztes Jahr mit den Aufnahmen zur EP begonnen haben, hat er uns gefragt, ob wir noch Geld brauchen könnten. Er hat uns dann ungefähr ein Viertel des Geldes als Zuschuss gegeben. Das war wahnsinnig super, denn wir haben kein Crowdfunding gemacht, sondern tragen das Projekt selbst. Dafür haben wir auch jegliche Freiheit, das zu tun, was wir wollen. Das Label dahinter ist mein Label, außer den Studioaufnahmen und den Fotos haben wir alles selbst gemacht.

Wird Ihr Label „Sitzdisko“ auch für andere Bands da sein oder hauptsächlich für Telemark Dilemma?

Patrick Kloepfer: Ich wollte immer schon ein Label haben und Platten veröffentlichen, meine erste Single habe ich mit Lost Compadres veröffentlicht. Da ich auch Grafiker bin, kann ich vieles selbst machen und deshalb gibt es „Sitzdisko Records“. Ich möchte also schon andere Bands veröffentlichen, aber das wird eher im kleinen Rahmen passieren.

Ist dieser DIY-Gedanke zentral für Sie oder ist auch der Wechsel zu einem Major-Label möglich?

Patrick Kloepfer: Witzigerweise haben wir das auch diskutiert und wir können uns schon ein Major-Label vorstellen, aber nur dann, wenn wir viel Mitspracherecht haben. So independent sind wir nicht, dass wir nicht ins Radio wollen. Wenn es aber so bleibt, wie es ist, werden wir uns nicht ärgern.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Danke für das Gespräch.

Jürgen Plank

 

EP-Präsentation:
Samstag 15.9.2018
Kramladen
Gürtelbogen U6 Station Josefstädterstraße
1080 Wien
20:30h

Links:
Telemark Dilemma
Sitzdisko Records