Nachdem der Sommerhit „Autogrill“ vor einigen Jahren bereits durch die Decke ging, taucht die Wiener Pop-Gruppe EUROTEURO zwei Jahre nach ihrem letzten Album „Volume II“ mit einer dritten Platte nun als Duo wieder in der Szene auf: „Volume III“ (VÖ: 10.11.2023, Siluh Records) bleibt dem gewohnten Elektro-Sound und dem Lebensrealität-Narrativ treu, laut eigener Aussage ist es musikalischer, dafür etwas weniger absurd geworden. Wer EUROTEURO kennt, weiß jedoch auch, dass das noch nichts heißen mag. Mit Frontman Peter T. hat sich Katharina Reiffenstuhl zum Interview getroffen und über politische Einflüsse in der Musik, die Bandformationen der letzten Jahre und Wiens Musikszene gesprochen.
EUROTEURO gab es schon in Zeiten vor der Rieseninflation. Woher kam damals dieser Name?
Peter T.: Eigentlich ist der ein bisschen als Gag entstanden. Es ist ein Begriff, der zur Einführung des Euros Thema war, den man immer irgendwie im Kopf hat, der aber keine wirkliche mehr Bedeutung hat. Damals, 2016, hat man den Begriff gehört und mit einer Zeit konnotiert, die gar nicht mehr kommt.
Und jetzt am neuen Album besingt ihr in „Teuer“ genau das Thema Inflation. Als hättet ihr es damals schon gerochen.
Peter T.: Ja tatsächlich. Aber es war nie geplant, dass es dieses Projekt so lange gibt und dieses Ausmaß überhaupt annimmt. Das war eigentlich nur Spaß.
Fast schon ironisch, dass ihr mit Liedern über Teuerung euer Geld verdient.
Peter T.: Das stimmt. Ich würde uns nicht als politische Band bezeichnen, aber wir versuchen schon, unsere Musik und Konzerte zugänglich zu halten. Bei der Releaseshow in Wien kostet der Eintritt 15 Euro, das sollte in Ordnung sein. Seit dem letzten Release vor zwei Jahren haben wir, glaube ich, hier nie für Eintritt gespielt. Wenn uns wer sehen will, aber keine Kohle hat, soll die Person einfach mal dem Label schreiben. [lacht]
Also wollt ihr mit eurer Musik nicht bewusst politisch sein?
Peter T.: Das ist unausweichlich, in der Ausdrucksform, die wir wählen, schwingt das einfach immer gewissermaßen mit. Wenn wir ein politischer Act wären, müssten wir uns zu viel zu vielen Themen positionieren. Wir tun es sowieso ein bisschen, sei es mit Themen wie Teuerung oder Eskapismus. Damit kann man uns dann auch in die richtige Ecke stecken. Und trotz dem Namen EUROTEURO haben wir keine Anfragen von der AFD gekriegt. Bei Interviews in Deutschland wird das oft gefragt, der Slogan könnte ja auch in die Richtung verwendet werden, so ein bisschen EU-kritisch.
„DER GRUNDGEDANKE BEI EUROTEURO WAR, DASS ES OHNE VIEL SCHNICKSCHNACK FUNKTIONIERT“
Aus euch ist mit der Zeit ein Kollektiv geworden. Wie viele Leute seid ihr denn momentan wirklich bei EUROTEURO?
Peter T.: Das war ein bisschen eine Phase, 2018 bis 2019. Uns gibt es schon seit 7 Jahren und ein Jahr davon waren da viele Leute Teil von EUROTEURO. Das Internet vergisst nicht. [lacht] Aber ich möchte es ja auch gar nicht leugnen, ich denke, vor allem durch den Song “Autogrill” verbindet man das stark. Oder im Video zu “Kündigung” ist das ganze Kollektiv zu sehen. Das hat sich dann aber aus diversen Gründen aufgelöst. Es war von Anfang an nicht geplant, dass es diese fixe Formation hat. Es gab einfach viele Musikerinnen und Musiker, die mitgemacht und ihr kreatives Gedankengut miteingebracht haben.
Aber offiziell seid ihr nur noch zu zweit?
Peter T.: Auf der Bühne, ja. Bei der LP haben auch einige Leute mitgearbeitet, aber die hört man nur am Album. Live findet das meiste jetzt solo statt, oder eben mit der Katarina. Die Live-Performance gewinnt natürlich durch sie, dadurch, dass sie viele der Lieder singt. Das wird auch bei der Albumrelease-Tour so sein.
Habt ihr Unterstützung bei der Tour?
Peter T.: Nein, das machen wir eigentlich nur zu zweit. Da sind wir mit dem Zug unterwegs und genießen diese kleine Gruppe. Wenn man zu zweit überhaupt von einer Gruppe sprechen kann.
Mit dem Zug auf Tour, das funktioniert?
Peter.: Ja, wir haben zwei große Koffer und dann geht das schon. Der Grundgedanke bei EUROTEURO war, dass es ohne viel Schnickschnack funktioniert. Dass es diesen formativen Aspekt hat, dass diese Musik nicht jeden Abend live reproduziert wird, sondern das Lied dargestellt und performt wird. Da ist das Hauptinstrument einfach der Laptop. Vielleicht nehmen wir dieses Mal auch einen Synthesizer mit, aber das wäre auch schon das Höchste der Gefühle.
„WÜRDE ICH JETZT WOANDERS HINZIEHEN, KÖNNTE ICH NICHT DASSELBE MACHEN, WIE ICH HIER MACHE“
Wie beeinflusst Wien als Stadt eure Musik?
Peter T.: Es hat sicher bis zu einem gewissen Grad Einfluss, vermutlich hauptsächlich durch andere Leute, mit denen wir hier Musik machen. Wir haben auch ein großes Netz an Menschen und an Ressourcen, sei es studiotechnisch oder so. Ich würde jetzt mal sagen, würde ich jetzt woanders hinziehen, könnte ich nicht dasselbe machen, wie ich hier mache. Grundsätzlich versuche ich nicht, die Wien-Karte vor mir herzutragen und zu sagen “Wir haben Wiener Schmäh”.
Den habt ihr aber definitiv, würde ich sagen.
Peter T.: Ja eh. Das ist ja auch nichts Schlechtes und ich würde es nie revidieren. Der Ort prägt einen nunmal, wir sind jetzt beide schon seit über 20 Jahren in Wien, von dem her wird das abgefärbt haben. Wenn man selber mittendrin ist, sieht man das einfach weniger.
Gibt es Künstler:innen aus Wien, mit denen ihr gerne ein Feature machen würdet?
Peter T.: Wir haben immer wieder ein paar Feature-Anfragen, aber es kommt ehrlicherweise sehr wenig zustande. Ich habe irgendwie nicht wirklich das Bedürfnis, mit irgendwem da was zu machen. Es würde auf der Hand liegen, mit VOODOO JÜRGENS mal was zu machen, aber auch das hat sich noch nie ergeben, obwohl er ein sehr guter Freund von mir ist. Es ist einfach generell noch nie ein Lied gekommen, wo ich mir dann dachte: Ja, da möchte ich, dass dort “feat. EUROTEURO” steht. Vielleicht schafft’s in Zukunft wer. Da bin ich einfach wählerisch. Man muss ja schon für etwas stehen können.
Wie steht ihr zum Vergleich mit der Neuen Deutschen Welle?
Peter T.: Das ist nicht wirklich von der Hand zu weisen. Gerade beim ersten Album ist der Sound da definitiv in dem Soundkosmos drinnen. Beim jetzigen Album allerdings nicht mehr so stark. Es ist in den ersten Jahren sicherlich auch entstanden, weil damals viel mit den ersten Drumcomputern gemacht worden ist. Als das mit EUROTEURO begonnen hat, waren das auch meine ersten eigenen Lieder und Aufnahmen, da konnte ich auch noch nicht mehr als den Drumcomputer. Das hat mir aber auch gereicht. Angeblich ist die Neue Deutsche Welle jetzt aber eh wieder total angesagt, ich warte nur auf die großen Gigs. [lacht]
„WIR VERSUCHEN NICHT, ANDERE LEUTE VON UNSERER MUSIK ZU ÜBERZEUGEN“
Zwischen “Volume I” und “Volume III” liegen vier Jahre dazwischen. Wie habt ihr euch aus eigener Perspektive entwickelt?
Peter T.: Auf dem neuen Album ist ein bisschen weniger Klamauk. Jemand meinte mal, es klingt ein bisschen wie von der Realität eingeholt. Das erste Album war von den Texten her ein bisschen absurder, das war noch eine andere Ebene. Es ist jetzt immer noch der EUROTEURO-Stil und man erkennt es wieder, aber es ist von der Stimmung her anders und auch ein bisschen musikalischer geworden. Es lebt ein bisschen mehr. Und da bin ich auch froh darüber. Das ist der Abschluss für dieses Projekt, für diesen Zyklus von “Volume III”. Ich glaube, wenn wir uns jetzt noch weiter wegbewegen, dann ist es nicht mehr EUROTEURO. Wir möchten aber auch nichts in irgendeine Richtung pushen. Wir versuchen nicht, andere Leute von unserer Musik zu überzeugen. Wer unsere Konzerte hören will, kann gern kommen. Wir wollen auch nicht kontinuierlich Songs ohne Zusammenhang rausbringen, die dann – sobald es genug Lieder gibt – wieder auf eine Volume draufkommen und als neue Platte verkauft werden. Von diesem Gedanken haben wir uns jetzt verabschiedet. In Zukunft wird es ein neues Album, das keine Sammlung an Singles ist, sondern das muss dann zusammenpassen und Faden und Fluss haben. Bei dem Album ist uns das eh auch schon ein bisschen gelungen, denke ich.
Danke für das Gespräch!
Katharina Reiffenstuhl
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Live:
Albumrelease-Show, 17.11.2023 – TAGADA, Wien
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