Zu seinem 35. Geburtstag widmet sich das Salzburger Aspekte Festival heuer vom 09. bis zum 13. Mai dem Werk Anton von Weberns mit einem mannigfaltigen Programm zwischen Hommage, (neuer) Rezeption und Weiterführung. „Das Programm zeigt die wesentlichen Anliegen der Aspekte auf, nämlich die internationale Begegnung, die Berücksichtigung interdisziplinärer Entwicklung der Künste, das Präsentieren von noch nicht Erprobtem / Bewährtem aus aller Welt sowie aus Salzburg“, so Klaus Ager, Gründer und Leiter des Aspekte Festivals von 1977 bis 2006, rückblickend über die ersten „aspekte salzburg“, die im Mai 1977 stattfanden.
Mittlerweile verzeichnet die Aspekte-Geschichte insgesamt 32 Festspiele. Zu den Höhepunkten zählt dabei sicher die Teilnahme von John Cage, der 1991 von Otto Becks Klangmobilen am Flughafen abgeholt wurde. Ebenso gehören zu dieser Geschichte eine Reihe weiterer bedeutender Komponisten der internationalen Moderne (u.a. Herbert Grassl, Alexander Müllenbach, Andor Losonczy, Gerhard Wimberger). Das Aspekte-Konzept auch immer wieder erfrischend andere Zugänge zu neuer Musik zu ermöglichen und einem grösseren Publikum vorzustellen, zeigt sich zudem an Namen wie Germaine Tailleferre, Alfred Schnittke, André Jolivet, Lou Harrison, Heitor Villa-Lobos, Hans Werner Henze. Nicht zu vergessen der 1990er Schwerpunkt, der sich Komponistinnen wie Sofia Gubaidulina, Kaija Saariaho oder Thea Musgrave widmete sowie lustvoll inszenierte interdiszipinäre Grenzüberschreitungen wie „Klangspuren – ein getanztes Konzert“ (1997) oder „Tanz-Licht-Skulpturen“ (1999).
Ebenso wurde 1983 György Ligetis 60. Geburtstag gefeiert, 1985 „Mikrotöne“ präsentiert. 1992 lautete das Motto „500 Jahre Lateinamerika“, Gija Kancheli war im Jahr 2000 da, West-Östliches von Hossam Mahmoud, Amr Okba und vielen anderen dominierte das Festival 2004 und nicht zuletzt wurde der erste Salzburger-Musikpreis im Mozart-Jahr 2006 an Salvatore Sciarrino verliehen.
Seit damals finden die Aspekte im Biennalrhythmus statt, erweitert um das wichtige Jugendprogramm „Spielräume“. Seit 2007 leitet der Salzburger Komponist und Musikpädagoge Ludwig Nussbichler das Festival. In den „Traumsequenzen“ von 2008 standen George Crumb und Georg Friedrich Haas im Zentrum, „Im Labyrinth meiner Seele“ 2010 Sofia Gubaidulina. Dass nun, 2012, ein wesentlicher Klassiker der Moderne, Anton Webern, das Programm inspiriert, dass der Apostel der Dodekaphonie in spannender Weise auf neue slawische Spiritualität, schräge Wienerlieder von Georg Breinschmid, den vitalen Altmeister Friedrich Cerha – der war erstmals 1986 prominent vertreten – , eine repräsentative Auswahl von Salzburger Komponistinnen und Komponisten vom Doyen Gerhard Wimberger und den „Gründervätern“ Klaus Ager und Herbert Grassl bis zum Junior Jakob Gruchmann und sogar auf einen Antipoden wie Erich Wolfgang Korngold trifft, steht nicht nur in der Aspekte-Tradition, sondern setzt ein deutliches Zeichen für die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten in der Gegenwart.
Wieso heuer Webern das Zentralthema ist erklärt Ludwig Nussbichler wir folgt: „Die Musik Weberns zu hören ist ein tiefgreifendes Erlebnis. Daher sollte jeder diese Musik hörend erleben dürfen, die Magie ihrer sinnlich streng gestalteten Klanglandschaften, ihre konzentriert emotionalen Ausbrüche gepaart mit erschreckender Kühle, beinahe exzentrischer Klarheit und riskanter Zartheit. Mit faszinierend dramaturgischem Gespür scheint sie den Zuhörer zu verführen, hineinzuhören in eine Welt voll elementarer Kraft und unendlicher Trauer. Wer dieser Musik wie im Traum begegnet wird verändert erwachen.“
Wie ein roter Faden zieht sich Musik von Anton Webern konsequent durch das gesamte Festivalprogramm. Sie ist als Rückblick auf die Wurzeln der Neuen Musik Inspirationsquelle für die mit neuen Werken beauftragten Komponisten. So soll dem Hörer Verbindendes und Neues in Bezug auf die Tradition erlebbar gemacht werden. Zudem soll grundsätzlich so etwas wie ein „Tonfall“, eine „musikalische Aura“ der Zweiten Wiener Schule und darüber hinaus hör- und spürbar werden, daher auch bedeutende Werke von Arnold Schönberg, Alban Berg, Erich Wolfgang Korngold, ein gewichtiger Fokus auf Kammermusik von Friedrich Cerha und ein kreatives Spiel mit dem „wienerischen“ von Georg Breinschmid im
„Benjamin Schmid project part 2“.
Die prominentesten Uraufführungen sind ein Streichtrio von Friedrich Cerha („Zebra Trio“) und neue Ensemblewerke von Klaus Ager, Johannes Kalitzke, Alexandra Karastoyanova, Jamilia Jazylbekova und dem vielversprechenden jungen russischen Komponisten Kuzma Bodrov. Jakob Gruchmann wurde von Ludwig Nussbichler – nach Erfolgen bei „Jugend komponiert“ und einem ersten Auftrag für die Aspekte Spielräume 2010 – mit der Komposition für das Ensemble „die reihe“ betraut, wobei der Komponist Gerd Kühr die Patenschaft für diesen Auftrag übernommen hat. Das zweite neue Werk eines Salzburger Komponisten, das durch das renommierte Wiener Ensemble unter Oswald Sallaberger uraufgeführt wird, stammt von Klemens Vereno.
Dass das Aspekte Festival der logisch konsequente Schritt nach der Gründung des Österreichischen Ensembles für Neue Musik war, liegt auf der Hand. Daher ist es Ludwig Nussbichler ein großes Anliegen, dass das Ensemble grundsätzlich eine zentrale Rolle im Programm der Aspekte spielt. Um dies signalhaft deutlich zu machen, übergibt der künstlerische Leiter Anfang und Ende von „INSPIRATION WEBERN“ den hochkompetenten Neue Musik Spezialisten aus Salzburg. Auch die Wahl der Dirigenten ist kein Zufall. Johannes Kalitzke ist ein Dirigent, der in der Szene eine gefragte Größe ist und durch dessen hervorragende Arbeit das oenm einen großen Qualitätssprung vollziehen konnte. Der Dirigent und Geiger Oswald Sallaberger wurde von Ludwig Nussbichler schon beim letzten Aspekte Festival sozusagen wieder nach Salzburg geholt, weil er seinen eigenwilligen, phantasievoll kreativen Zugang zur Interpretation Neuer Musik, insbesondere seine Webern Interpretationen sehr schätzt. Außerdem, das Ensemble „die reihe“ aus Wien, das „Zebra Trio“ mit Ernst Kovacic, Steven Dann und Anssi Karttunen und das stadler quartett. Doch damit nicht genug: Benjamin Schmid spielt mit Bruno Weinmeister, Sebastian Gürtler, Miklos Skuta und dem Ausnahmebassisten und –komponisten Georg Breinschmid ein Programm, das bewusst etwas aus der „Reihe“ tanzt.
Erstmals wird es ein gemeinsames Projekt mit der IG-Komponisten IGNM Salzburg im Rahmen des Festivals geben, dies mit ganzen sieben Uraufführungen. Eine Zusammenarbeit der besonderen Art: Wozzeck von Alban Berg ist eine Produktion des Salzburger Landestheaters, die Premiere findet im Rahmen des Aspekte Festivals statt, es spielt das Mozarteum Orchester Salzburg unter der Leitung von Leo Hussain.
Schon zum dritten Mal wird der Aspekte Sonderpreis für herausragende Interpretation von Musik unserer Zeit beim Landeswettbewerb Prima la Musica Salzburg vergeben. Gleichzeitig ist es Ludwig Nussbichler gelungen, das Finale und das Preisträgerkonzert des österreichweiten Wettbewerbs “Jugend komponiert” (in Zusammenarbeit mit dem ÖKB und Musik der Jugend) im Rahmen der aspekteSPIELRÄUME abzuhalten. So erhalten sowohl junge Interpreten als auch Komponisten Neuer Musik bei aspekteSPIELRÄUME2012 ein repräsentatives Podium. Die Aspekte setzen so einen Schwerpunkt auf junge Interpreten und Komponisten von Musik unserer Zeit, der in Österreich in dieser Ausprägung nicht bekannt ist. (red)
Programm Aspekte Festival 2012: “Inspiration Webern”, 09.05 – 13.05.2012
Mit, 09.05.2012 – 19:00, Universität Mozarteum, Solitär
stadler quartett
Frank Stadler (Violine), Iszo Bajusz (Violine), Predrag Katanic (Viola), Peter Sigl (Violoncello)
Anton Webern: 5 Sätze für Streichquartett, op. 5
Friedrich Cerha: Acht Sätze nach Hölderlin Fragmenten für Streichsextett
Anton Webern: 6 Bagatellen für Streichquartett, op. 9
Mit, 09.05.2012 – 20:30, Universität Mozarteum, Solitär
oenm . oesterreichisches ensemble für neue musik, Johannes Kalitzke
Klaus Ager: Bruchstücke, UA
Johannes Kalitzke: “Figuren am Horizont” für Ensemble, UA
Alexandra Karastoyanova-Hermentin: Neues Werk für Ensemble, UA
Don, 10.05.2012 – 19:00, Universität Mozarteum, Solitär
Benjamin Schmid project part 1
Benjamin Schmid (Violine), Sebastian Gürtler (Violine), Bruno Weinmeister (Violoncello), Miklos Skuta (Klavier)
Friedrich Cerha: Kammermusikwerk (aus den 5 Sätzen für Klaviertrio)
Anton Webern: 4 Stücke für Klavier und Violine
Erich Wolfgang Korngold: Suite, op. 23
Don, 10.05.2012 – 20:30, Universität Mozarteum, Solitär
Benjamin Schmid project part 2
Benjamin Schmid (Violine), Sebastian Gürtler (Violine), Bruno Weinmeister (Violoncello, Miklos Skuta (Klavier), Georg Breinschmid (Kontrabass und Komposition)
Georg Breinschmid: Wiener Musik-Improvisationen
Fre, 11.05.2012 – 16:00, Universität Mozarteum, Solitär
Gesprächskonzert Cerha, stadler quartett
Frank Stadler (Violine), Iszo Bajusz (Violine), Predrag Katanic (Viola), Peter Sigl (Violoncello)
Friedrich Cerha: 3. Streichquartett
Fre, 11.05.2012 – 19.30, Salzburger Landestheater
Mozarteum Orchester, Leo Hussain
Alban Berg: Wozzeck
eine Produktion des Salzburger Landestheaters in Kooperation mit dem Aspekte Festival
Inszenierung: Amélie Niermeyer
Bühne: Stefanie Seitz
Kostüme: Kirsten Dephoff
Sam, 12.05.2012 – 11:00, Universität Mozarteum, Solitär
aspekteSPIELRÄUME2012
Präsentation der Preisträgerstücke des österreichweiten Wettbewerbs “Jugend komponiert”
Werke der PreisträgerInnen bei Prima la Musica Salzburg
In Kooperation mit dem Österreichischen Komponistenbund und Musik der Jugend
Sam, 12.05.2012 – 19:00, Universität Mozarteum, Solitär
Ensemble Acrobat, Carlos Chamorro-Moreno
Silvia Spinnato (Sopran), Bernadette Furch (Alt)
Imagination Webern
Anton Webern: Zwei Lieder op.8
Herbert Grassl: „Wie soll ich meine Seele halten“, UA
Johannes Kotschy: “Die Zeitlose – Erinnerung an Abelone” , UA
Agustin Castilla-Avila: “Du bist es”, UA
Sebastiana Ierna: ” Bei Dir ist es traut …”, UA
Wolfgang Danzmayr: “…immer wieder geboren?”, UA
Johannes Krall: ohrenblicke, UA
Gerhard Wimberger: Rilke- Lied, UA
In Kooperation mit der IG Komponisten – IGNM Salzburg
Sam, 12.05.2012 – 20:30, Universität Mozarteum, Solitär
Ensemble „die reihe“, Oswald Sallaberger
Anton Webern: Konzert, op. 24
Jakob Gruchmann: Windwanderer, UA
Klemens Vereno: “Fünf Szenen für Kammerensemble”, UA
Arnold Schönberg: 1. Kammersymphonie, op. 9
Son, 13.05.2012 – 11:00, Universität Mozarteum, Solitär
Zebra Trio
Ernst Kovacic (Violine), Steven Dann (Viola), Anssi Karttunen (Violoncello),
Mathilde Hoursiangou (Klavier)
Kaija Saariaho: “Aure” für Violine und Viola (ÖEA)
Anton Webern: Streichtrio, op. 20
Kaija Saariaho: “Cloud Trio”
Friedrich Cerha: “Deux èclats” für Violine und Klavier
Anton Webern: Drei kleine Stücke für Cello und Klavier, op. 11
Friedrich Cerha: Neues Werk für das “Zebra-Trio” , UA
Son, 13.05.2012 – 19:00, Universität Mozarteum, Solitär
oenm . oesterreichisches ensemble für neue musik, Oswald Sallaberger
Kuzma Bodrov: “Ein Dialog mit Webern”, UA
Gerd Kühr: “reihenweise” für 12 Instrumente
Jamilia Jazylbekova: Neues Werk für Ensemble , UA
Anton Webern: Symphonie, op. 21
Son, 13.05.2012 – 19:00, Salzburger Landestheater
Mozarteum Orchester, Leo Hussain
Alban Berg: Wozzeck
eine Produktion des Salzburger Landestheaters in Kooperation mit dem Aspekte Festival
Inszenierung: Amélie Niermeyer
Bühne: Stefanie Seitz
Kostüme: Kirsten Dephoff