Panda, Panda, PANDE: Was klingt wie der Komparativ des schwarzweißen Riesenbären ist eigentlich nur die Abkürzung des Namens von Wiener Musiker DOMINIK PANDELIDIS, der am Freitag (VÖ: 19.4.24) sein Debüt “Speedrunning” herausbringt. Der ursprüngliche Oberösterreicher bleibt dafür aber gerne am Boden der Tatsachen und macht die Alltagsmelancholie wieder salonfähig. Dass er Literatenpop prätentiös findet und generell kein Feedback von den Personen nimmt, die seine Musik eh nicht mögen, unterstreicht seine Argumente: Nicht zu viel Hinterfragen, lautet das Motto. Das meiste, das wir zu Musik empfinden können, sei sowieso “eher so ein Gefühl”, erzählt der Künstler dabei im Gespräch mit Ania Gleich
Wie ist das Pande-Projekt entstanden?
Dominik Pandelidis: Vor ein paar Jahren habe ich im Studio meiner damaligen Band an Zeugs gearbeitet. Es war alles nur for fun. Aber plötzlich ist so ein Track entstanden, der ein bisschen eine andere Richtung genommen hat, als die anderen Sachen.
Anders als die Band?
Dominik Pandelidis: Genau. Ich habe echt schon viele Projekte am Hut. Der Track, von dem ich hier spreche, war „Happier“, aber in einer Version, die deutlich rockiger war, als der Song jetzt ist. Fast eher so 2000er Rock, wie My Chemical Romance. Ich fand den Song jedenfalls damals schon sehr gut. Ein halbes Jahr später habe ich dann ein Buch gelesen, das mich in die Stimmung gebracht hat, wieder etwas auf der Gitarre komponieren zu wollen. So habe ich aus meinen Handnotizen die ersten vier Zeilen von „Speedrunning“ heraus gestöpselt und auch der Track hat mir sehr gefallen! „Speedrunning“ habe ich dann gleich mal fertig gemacht. Das war ein cooler, kohärenter Sound, wo ich mir dachte: Das kann ich irgendwann herausbringen!
Was für eine Stimmungswechsel hat bei dir dazu geführt, diesen Sound zu finden?
Dominik Pandelidis: Ich rede hier über einen sehr langen Zeitraum. Ganz früher habe ich schon mal ein Solo-Projekt gehabt. Von siebzehn bis dreiundzwanzig, also das ist schon ein Zeiterl her. Das habe ich dann aufgehört und eine Pop-Band begonnen. Die war dann weniger angreifbar als dieses Folk-Alternative-Pop-Projekt. Und das war sehr angenehm. Bei der Band haben die Sounds und die Performance weit vorne gestanden, aber du fandest in der Musik eigentlich nichts über die Menschen dahinter heraus. Es war einfach …
… oberflächlicher?
Dominik Pandelidis: Ja, es stellt etwas außerhalb von einem selber dar. Irgendwann ist mir dieses Persönliche aber wieder sympathischer geworden. Die Musik jetzt ist leichter zu machen, weil man einfach einen Song schreiben kann, ohne etwas konstruieren zu müssen. Du musst aber natürlich mehr zulassen, um „einfach ‘nen Song“ zu schreiben, dich ehrlicher und verletzlicher machen.
„DAS SICH-VERLETZLICH-ZEIGEN HAT WENIGER ETWAS MIT LEIDEN ZU TUN, SONDERN MEHR MIT EHRLICHKEIT!”
Das leidende Genie?
Dominik Pandelidis: Ich halte allgemein nicht sehr viel von einem Genie-Mythos. Das wird meistens von Leuten von außen projiziert, die die Arbeit verkennen, die in ein Projekt hineinfließt. Eine Sache, die total absurd ist, ist, wenn Leute so tun, als hätte Kurt Cobain nicht singen oder Gitarre spielen können. Er konnte unfassbar gut Gitarre spielen und singen. Das ist lächerlich! Also Geniekult: Bei mir ned! Und was das Leidende betrifft: Das sich-verletzlich-zeigen hat weniger etwas mit Leiden zu tun, sondern mehr mit Ehrlichkeit. Wenn man Musik machen will, wo es um einen selbst geht, ist Ehrlichkeit auf jeden Fall gut. Man muss zulassen können, dass sich Leute Gedanken über einen machen.
Das ist bei dir so?
Dominik Pandelidis: Ja, inzwischen schon.
Und wenn du zurückschaust?
Dominik Pandelidis: Damals war ich noch so unreflektiert! Am Anfang findet man alles von sich sehr schnell sehr gut. Vor allem im Kleinstadt-Setting, in dem ich mich damals befand, kriegt man bald schon die ersten Mini-Lorbeeren von der Öffentlichkeit, sodass man sich total selbst überschätzt. Das ist ein Super-Zustand, um recht konsequent recht durchschnittliche Musik zu machen!
Ein hartes Urteil!
Dominik Pandelidis: Na, finde ich überhaupt nicht! Generell ist mein Advice: Nicht zu viel Hinterfragen ist nie schlecht.
Wer hat dich das erste Mal selbst hinterfragen lassen?
Dominik Pandelidis: Mir würde jetzt keine Person einfallen, aber ich bin kein besonderer Fan von negativem Feedback, in dem Sinne, dass es nichts wert ist. Weil es überhaupt nicht darum geht, was Leute denken, denen etwas von dir nicht gefällt. Sondern es geht darum, warum Leute, denen es gefällt, es gefällt. Das denke ich mir allgemein beim Feedback. Wenn ich andere Musiker:innen kennenlerne, würde ich immer diesen Tipp geben: Nimm Feedback von deinen Freund:innen überhaupt nicht ernst! Außer du machst Musik, die ihnen eigentlich taugen müsste.
Warum das?
Dominik Pandelidis: Weil Freund:innen etwas hineinprojizieren, was sie gern hören würden von dir. Aber vielleicht willst du das einfach nicht machen. Du hast vielleicht einen Kosmos, der nicht deren ist. Es bringt aber auch nichts, wenn irgendein Profimusiker deine Musik abstrahieren kann und dir auf einer objektiven Ebene versucht zu erklären, was gut ist oder nicht.
Was ist dann gutes oder hilfreiches Feedback?
Dominik Pandelidis: Das kommt von den Leuten, denen es ehrlich taugt. Wenn jemand, der meine Musik grundsätzlich mag, sagt: Hey, die zwei Songs auf dem Album taugen mir besonders, dann ist das spannend. Aber es bringt dir nichts in deiner Entwicklung, wenn der beste Freund, der eigentlich Drum’n’Bass hört, dir immer wieder sagt, dass der Track mit mehr Energie der bessere ist.
Mein Lieblingstrack war „Clouds Move Slowly“.
Dominik Pandelidis: Wie lustig! Das ist ein Remake von einem alten Song von mir. Ich habe den 2015 schon einmal als PANDELIDIS herausgebracht, das Projekt aber später nicht weiterverfolgt. Später habe ich den Track dann bei einem Live-Set spielen wollen, hatte aber keine Spuren mehr von früher. So habe ich das also an einem Nachmittag alles nochmal eingespielt und fand es richtig cool!
Warum ist “Happier” eigentlich nur “Happier” und nicht “Happy”?
Dominik Pandelidis: Der Song bezieht sich am ehesten auf einen Moment. Ich bin nicht der unglückliche Typ. Ganz im Gegenteil sogar. Aber manchmal tut man was und es sollte was anderes bei einem auslösen, tut es aber nicht. Darum geht es im Refrain. Du machst was, das dich normalerweise glücklich machen würde, aber es passiert nichts. Das kann frustrierend sein. Diese Selbstwert-Themen in den Strophen unterstreichen das. Für mich haben diese Einzelteile dann ein rundes Gesamtbild ergeben, das eine gewisse Lebensphase umreißt. Ein Zustand, den jede:r irgendwie kennt.
Was für ein Zustand ist das?
Dominik Pandelidis: Weiß ich nicht! Es ist eher so ein Gefühl. Ich bin ein bisschen so der Typ: Ich nehme Sachen für das, was sie sind. Meine Musik ist die Musik, die sich für mich richtig anfühlt, zu spielen. Und meine Texte sind einfach nur das, was stimmungsmäßig daherkommt und für mich singbar ist. Ich glaube, dass gewisse Klänge gewisse Assoziationen auslösen. Und dann schaue ich, wie könnte der Text dazu passen. So verliert man sich dann in einem Gefühl, dass man erkennt, was man irgendwann einmal gehabt hat und umreißt es musikalisch.
Bist du grundsätzlich ein melancholischer oder nostalgischer Mensch?
Dominik Pandelidis: Eher melancholisch, wenn schon. Ich bin nicht so dieser Traurigkeits-Romantisierer. Wenn man Melancholie nicht als die Abwesenheit von Zufriedenheit und Glück definiert, dann bin ich es schon. Ich bin aber auch nicht der große Show-Off Leistungsmensch. Also es hat weder das eine noch das andere mit Erfolg oder Misserfolg zu tun. Ich sehe keinen Wert darin, dass alles super oder alles schlecht ist. Manche Sachen sind halt so, manche so.
Aber auf Instagram erklärst du auch, wie man einen traurigen Indie-Track macht. Möchtest du also doch bewusst Sad Indie machen?
Dominik Pandelidis: Nein, überhaupt nicht! Man ist einfach auf eine gewisse Weise musikalisch sozialisiert. Bei mir kommen immer wieder diese Sachen raus, weil mich das früher geprägt hat.
„ICH HAB VIEL MEHR FREUDE AN SPANNENDEM POPKULTUR-VOKABULAR, ALS AN LITERATENPOP.”
Was hat dich musikalisch denn geprägt?
Dominik Pandelidis: An der Gitarre sind es Sachen wie Bombay Bicycle Club. Das klingt nach easy-listening, ist aber sehr ausgecheckt. Als zwanzigjähriger Gitarrist hat mir das total getaugt. Was das Songwriting betrifft, bin ich sehr bei Elliott Smith. Und am meisten höre ich zurzeit eigentlich härtere Rockmusik. Daher kommt vielleicht meine leichte Drama-Komponente.
Wird es bei dir in Zukunft also härter?
Dominik Pandelidis: Das auf jeden Fall! Wenn man meine Live-Show besucht, hört man auch einige Sachen, die ein bisschen wilder sind.
Du könntest Rock-Cover von dir selbst machen!
Dominik Pandelidis: Das ginge! Ich finde, das machen eh viel zu wenige Leute. Die Leute nehmen ihr altes Werk nicht ernst genug und tun immer so, als müssten sie sich ständig auf eine Art und Weise neu erfinden und das alte abstoßen. Wenn etwas gut ist, bleibt es vermutlich auch so.
Also ist dir aus deiner Vergangenheit nichts peinlich?
Dominik Pandelidis: Vielleicht von der Musik, die ich als Teen geschrieben habe, die Texte. Aber wirklich nur in der Phase. Irgendwann gibt’s dann den Punkt, da bist du dann ungefähr du selbst und kannst mit dem, was du machst, leben.
Hast du immer auf Englisch geschrieben?
Dominik Pandelidis: Ich hatte mal eine deutschsprachige Band, aber das kann ich mir jetzt nicht vorstellen. Ich glaube, dass man in der deutsch-österreichischen Musiklandschaft deutschsprachige Texte irrsinnig ernst nimmt und bei englischsprachiger Musik eher das, was rüberkommt. Im englischsprachigen Raum gibt es diese Differenz ja gar nicht. Da kannst du trotzdem einfach “simple” Musik machen. Deswegen sehe ich mich jetzt nicht in diesem Äther der deutschsprachigen Musik. So, Hamburger Schule Sachen sind für mich halt überhaupt nichts. Alles, wo ich mich fühle wie ein Typ mit einem Moleskine in einem Kaffeehaus, geht sich hinten und vorne nicht für mich aus! Und das ist ganz viel von dem deutschsprachigen Zeug. Oder dann halt gleich diese Auswüchse, die so über-poppig sind.
Und was ist mit dem Wiener Jammern?
Dominik Pandelidis: Da gibt es schon teilweise Dinge mit total guten Texten, die überhaupt nicht prätentiös sind. Da nachzuziehen, wäre aber auch fad. Ich habe viel mehr Freude an spannenden Popkultur-Vokabular, als an Literatenpop. Voodoo Jürgens zieht das manchmal schon sehr gut durch, sodass du gar nicht merkst, dass du gerade etwas „Gescheiteres“ hörst, was super ist – aber bei anderen Sachen aus diesem musikalischen Umfeld stellt’s mir auch ein bisserl die Haare auf.
Wo zieht es dich denn hin musikalisch, wenn du alle Ressourcen auf der Welt hättest?
Dominik Pandelidis: Ich fühle mich nicht so, als hätte ich nicht für alles, was ich machen will, die Ressourcen. Ein Orchester-Album plane ich jedenfalls nicht! Und wenn dann: Lasst’s die Leute halt alle nacheinander rein und nicht alle auf einmal. Ich bin ja auch selber Musikproduzent, weshalb ich das meiste in meiner Arbeit selbst machen kann. Aber zurück zu deiner Frage: Ich würde an sich genau das machen, was ich gerade mache.
Mit deiner Band bist du auch noch aktiv, oder?
Dominik Pandelidis: Mit Catastrophe and Cure? Ja! Da bin ich nicht der primäre Songwriter, sondern spiele nur Bass. Die Band fordert deshalb nicht so viel Energie von mir. Vielleicht am ehesten noch, wenn wir ein Video machen.
Stichwort Video: Wie sind die Videoideen für Pande entstanden?
Dominik Pandelidis: Da müsstest du tatsächlich Gabriel Hyden oder Erik Lösch fragen. Denn ich habe mit den Ideen jeweils gar nichts zu tun gehabt. Ich habe nur gemacht, was sie gesagt haben. Ich mag „Happier“ aber extrem gerne: Die Idee ist sehr auf den Punkt. Da gibt es nicht viel Interpretationsspielraum außerhalb von dem, was es heißen soll. Deswegen war ich da gleich ganz happy, als er es vorgeschlagen hat.
Wie ist das unterschiedlich, wenn man alleine oder als Band etwas rausbringt?
Dominik Pandelidis: Wenn ich mit Catastrophe and Cure was heraus bringe, ist das anders: Da ist der Minimum Erfolg eines Songs immer noch recht gut. Die Band hat gewisse monatliche Streaming-Zahlen, die nicht schlecht sind und wenn wir spielen, kommen die Leute auf jeden Fall. Da fühlt man sich ganz gut gebettet. Es ist angenehm. Man weiß, es ist eine relativ große Audience da und man kann darauf vertrauen, dass Johannes (Anm. Eder) ein super Songwriter ist. In anderen Bands, wo ich der tonangebende Typ war, fand ich es fast ein bisschen anstrengender, weil man immer so viele Erwartungen abstimmen muss. Klar, man teilt die Arbeit auf, aber der kreative Part ist viel anstrengender.
Abschlussfrage: Was würde dich denn gerade happier machen?
Dominik Pandelidis: Eine gute Frage! Ich bin relativ zufrieden, im Großen und Ganzen. Musikalisch würde es mich glücklich machen, wenn wieder einige Leute zu meinem Konzert kommen würden, denn Live spiele ich eigentlich am liebsten. Und sonst: Ist alles gut!
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Das Release-Konzert von “Speedrunning” ist am 30.4. Im Kramladen.
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Ania Gleich
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