Alexandr Vatagin ist ein Musiker, der die Eigenwilligkeit zur Prämisse seines Schaffens erhoben hat. In welchem Kontext, in welchem Projekt auch immer, der in der Ukraine geborene Cellist, Elektroniker und Labelbetreiber sucht die musikalische Herausforderung immer im Unkonventionellen. So auch auf seiner im April erscheinenden CD „Serza“ (Valeot Records). Einmal mehr die Grenzen zwischen der Elektroakustik und Musikalität auslotend, verwirklicht Alexandr Vatagin seine eigene Vorstellung eines bildhaften Klangerlebnisses. Präsentieren wird er sein nunmehr drittes Album am 16. April im Wiener Gürtellokal Rhiz im Rahmen des 5 Jahre Valeot Records Jubiläumsabends.
Musikalische Schnellschüsse sind von Alexandr Vatagin keine zu erwarten. Er ist jemand, der sich viel Zeit nimmt und seine Stücke fast schon mit der Akribie eines Wissenschaftlers bis ins letzte Detail ausarbeitet. Was sich hier im ersten Moment vielleicht ein wenig seelenlos, mechanisch konstruiert und im Klang kalt liest, entpuppt sich bei näherem Hinhören erfreulicherweise als das genaue Gegenteil. Seine Musik besitzt sehr wohl eine Seele, sie atmet und fließt, strahlt Wärme aus und bleibt auch trotz ihrer Vielschichtigkeit fernab jeglicher Sperrigkeit durchgehend zugänglich.
Der in der Ukraine geborene Cellist und Elektroniker zeigt sich auf seinem neuen Album als ein wahrer Meister im Aufbau von weiten und variantenreichen Spannungsbögen. Zwischen all den leichten Andeutungen von Melodien, filigranen Field Recording-Soundexperimenten, sehr reduziert gehaltenen Passagen und vereinzelten Lärmausbrüchen, formt er sich seine ganz eigene (film-) musikalische Sprache, die vor allem eines erzeugt, und zwar Stimmung.
Nach Songstrukturen, immer wieder kehrenden Motiven oder Ähnlichem sucht man auf „Serza“ vergeblich. Hier regiert das musikalisch Unvorhersehbare. Man muss sich schon überraschen lassen, in welche Klangwelten Alexandr Vatagin einen mitzunehmen gedenkt. Stilistisch in einem weiten Feld irgendwo zwischen elektronischen und elektroakustischen Formen, Jazz, Postrock, Noise und Elementen der Neuen Musik angesiedelt, ist eine Zuschreibung der Musik des gebürtigen Ukrainers in ein bestimmtes Genre im Grunde genommen obsolet. Vielmehr als es dem ihm darum geht, sich in einem bestimmten Umfeld zu verorten, hat er im Sinn, ein Hörerlebnis der eben nicht konventionellen Art zu schaffen.
In der Umsetzung seiner musikalischen Vorstellungen unterstützt wurde Alexandr Vatagin von namhaften Leuten wie Martin Siewert (Radian, Trapist), der sich auch für das Mastering dieser CD verantwortlich zeigt, Hideki Umezawa (Pawn), James Yates (Epic 45, Pattern Theory) Fabian Pollack Giulio, den Mitmusikern seiner Stammband Tupolev Peter Holy, Lukas Scholler und David Schweighart, sowie Patrick Pulsinger, der einige Synthie-Samples beisteuerte.
„Serza“, ist ein Album geworden, das herausfordert, gleichzeitig aber auch einlädt, sich einfach nur zurückzulehnen, um sich dem Klang wirklich hinzugeben. Empfehlenswert. (mt)
Foto Alexandr Vatagin: Mimu Merz