Gerda Poppa ist seit vielen Jahren Hauptorganistin an der Basilika Rankweil und versieht auch in der reformierten Kirche in Grabs Orgeldienste. Die intensive Beschäftigung mit der Orgelimprovisation weckte die kompositorische Ader in ihr. Um ihr kompositorisches Schaffen auf professionelle Beine zu stellen, studierte Gerda Poppa bei Herbert Willi am Landeskonservatorium. Vor nunmehr vier Jahren schloss sie ihr Kompositionsstudiums ab. Seither geht sie konsequent ihren Weg, fasst ihre Empfindungen, die sie aus mannigfaltigen Anregungen schöpft, in Töne und findet damit Anklang. Größere Kreise zog ihr kompositorisches Schaffen, nachdem sie mit dem renommierten Wiener Concert-Verein zusammengearbeitet und das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) ihr Orchesterwerk „Wartezeiten“ zur Uraufführung gebracht hat. Über ihre Art des Komponierens, Inspirationsquellen und neue Werke erzählt Gerda Poppa im Gespräch mit Silvia Thurner.
In den vergangenen Jahren hat sich Ihre kompositorische Tätigkeit zunehmend ausgeweitet. Welches sind die wesentlichen Marksteine und haben sich daraus wieder weitere Kontakte ergeben?
Gerda Poppa: Der Kompositionsauftrag des Wiener Concert-Vereins 2015 für eine Orchestervariation über „Die launische Forelle“ von Schubert und die folgende Uraufführung waren ein großes Erlebnis, wirklich ein Markstein. Auch der erste Auftrag des ensemble plus oder der Auftrag des SOV für „Wartezeitenmusik“ und die jeweiligen Uraufführungen waren ganz besondere Erlebnisse.
Nach den Aufführungen haben sich Musiker gemeldet und Interesse an meiner Musik gezeigt, was mich natürlich außerordentlich freut. Und auch mit dem Wiener Concert-Verein wird sich wahrscheinlich eine erneute Zusammenarbeit ergeben.
Quellen der Inspiration
Ihre Kompositionen sind nicht nur innermusikalisch inspiriert, sondern fast immer kommt der kreative Anstoß von außen. Welche Dinge beschäftigen Sie derzeit?
Gerda Poppa: Es ist so, dass meine innere Musik oft zu klingen beginnt, wenn es einen äußeren Anstoß gibt. Es kann ein Bild sein, Erlebnisse, Texte, philosophische Gedanken. Auch Menschen haben mich schon musikalisch inspiriert. Ich kann aber nicht steuern, in welcher Situation ich in mir Musik höre.
Wesentliche Voraussetzung dafür, wie Sie komponieren, ist auch Ihre synästhetische Gabe. Diese kam beim Blechbläserquintett, das Sie anlässlich der Einweihung der neuen Fenster in der Basilika komponiert haben, natürlich besonders zur Geltung. Begleitet Sie die Verbindung von Farben und Tönen auch in Ihren neuen Werken?
Gerda Poppa: Ja, aber auch andere äußere Einflüsse lösen in mir Musik aus. Auch das ist eine Form der Synästhesie. So gesehen arbeite ich oft mit Synästhesie, da Komponieren für mich die Suche des Wegs zu dieser in mir erklingenden Musik ist.
Weiterbildung und Spaß
Die Perkussion beschäftigt Sie auch in der praktischen Ausübung. Nehmen Sie Perkussionsunterricht, um die Erkenntnisse für Ihr Komponieren fruchtbar zu machen oder stecken auch weitere Motivationsgründe dahinter?
Gerda Poppa: Immer schon habe ich Rhythmus geliebt, in jungen Jahren wollte ich auch Schlagzeug lernen. Das kam aber bei mir zu Hause nicht in Frage. Nun hole ich es nach und verbinde Kompositionsweiterbildung mit Spaß.
Für den Bassisten Martin Summer haben Sie das Lied „Zum Geleit“ komponiert, das wiederum im Zusammenhang mit dem Theaterstück „Leben und Werte – Hans Eschelbach“ steht. Wie haben Sie das Lied angelegt?
Zuerst einmal habe ich das Gedicht oft und oft gelesen, Dramaturgie, Sprachmelodie und -rhythmus des Textes kennengelernt. Dann habe ich gewusst, wie ich das Lied empfinde und eine innere Hörvorstellung bekommen. Das Klavier ist ein unterstützender Partner, aber doch eigenständig und vor allem gleichwertig. Es hat viel Spaß gemacht, mit Martin Summer und Tobias Neubauer am Klavier zusammenzuarbeiten und es wird sicher nicht das letzte Mal gewesen sein.
Drei Frauen
Beim bevorstehenden Porträtkonzert steht auch die Uraufführung des Streichquartetts „Via Vitae“ auf dem Programm. Die Satztitel tragen Vornamen von drei Frauen. Haben Sie die Charaktere musikalisch beschrieben?
Gerda Poppa: Es stehen bei „Via Vitae“ nicht Charaktere im Mittelpunkt, sondern die Lebenswege dieser drei Frauen, die verbunden sind durch Elemente, die ihr Leben durch und durch geprägt haben und prägen. Es machte mich betroffen und nachdenklich, wie sehr die drei „Süchte“ Eigensucht, Sehnsucht und Drogensucht jeweils die Lebenswege dieser Menschen bestimmten und noch bestimmen, ohne dass sie dagegen ankommen.
Spezielle Orte
Das neueste Werk „Kaleidoskop“ trägt explizit autobiografische Züge, so lautet der Untertitel „Kindheit in Rankweil“. Was ist Ihnen beim Komponieren dieses Stückes durch den Kopf gegangen?
Gerda Poppa: Viele Kindheitserinnerungen! Schöne, angstvolle, geheimnisvolle, friedvolle Erinnerungen an Orte in Rankweil, an Situationen und Erlebnisse. Und ich habe fünf Erinnerungen ausgesucht, bei denen sich mir ganz stark Musik „aufgedrängt“ hat. Etwa die Villa Häusle – ein Haus, das heute leider ein „Geisterhaus“ ist. Oder das Beinhaus St. Peter – gruselig und faszinierend zugleich und so weiter. „Kaleidoskop“ ist aber keine Vertonung von Orten oder Situationen, sondern von Empfindungen, die in diesen Erinnerungen stecken.
Praktikabel und bereichernd
Derzeit arbeiten Sie an einem Kompositionsauftrag für eine lateinische Messe. Welche Herausforderungen birgt die Komposition einer Messe in sich?
Gerda Poppa: Eine große Herausforderung ist natürlich, dass „normale“ Kirchenchöre mit Laiensängerinnen und -sängern die Messe aufführen sollen. Ich besetze die Messe neben dem Chor mit einer Sopransolistin, mit einem kleinen Streicherensemble, Orgel, Pauken und ein wenig sonstige Perkussion. Durch die professionelle Solistin kann ich etliche melodische und rhythmische Chor-Grenzen umgehen und die Instrumentalbesetzung ergibt auch mehr harmonische Freiheit.
Welche weiteren Pläne haben Sie für die nächste Zeit?
Gerda Poppa: In den nächsten Monaten arbeite ich an der Messe. Danach habe ich einen Auftrag der Sinfonietta Lustenau für ein Jugendorchesterwerk und anschließend werde ich ein Klavierstück für die Pianistin Hanna Bachmann schreiben.
Danke für das Gespräch.
Dieses Interview ist zuerst in der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft im April 2019 erschienen.
Links:
Gerda Poppa (Musikdokumentationsstelle vorarlberg)
Gerda Poppa (music austri Datenbank)