7. Theaterfestival HIN & WEG 2024

Das Theaterfestival HIN & WEG startet heuer in seine 7. Saison. Von 9. bis 18. August 2024 werden die beiden Themenschwerpunkte „Identität“ und „Teilen“ in den künstlerischen Fokus gerückt. Rund 140 Veranstaltungen finden in und um die Stadt Litschau, im Theaterhaus MOMENT, sowie im Herrenseetheater und in freier Natur statt.

Von „Identität“ und „Teilen“ bis zu „Geteilter Identität“

Die beiden scheinbar kontrapunktisch angelegten Themenkomplexe „Identität“ und „Teilen“ erzeugen ein breites Reibungsfeld, auf dem unterschiedlichste theatrale Verortungen und Interventionen gedeihen können. So betont Zeno Stanek, seines Zeichens Intendant der „Tage für zeitgenössische Theaterunterhaltung“, „dass es um eine Auslotung der Grenzen und Übergänge zwischen diesen beiden gesellschaftspolitisch so brennenden Themen geht, die hier im Theaterlabor Litschau aus unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet und gestaltet werden – so breit, bunt und transparent wie nur möglich, um auch für den Alltag Perspektiven oder Werkzeuge zu entwickeln, die mitunter Lösungsansätze aus den Krisen unserer Zeit wie Krieg und Klimawandel bieten können“.

Bild Zeno Stanek
Zeno Stanek (c) Sabine Hauswirth

Aufführungen, Stationentheater & szenische Lesungen

Die Eröffnung des Theaterfestivals HIN & WEG findet heuer erstmalig im Theaterhaus MOMENT statt, einen Steinwurf vom Herrenseetheater entfernt: „Rose“, die Lebensgeschichte einer Jüdin, verkörpert von Andrea Eckert in der Inszenierung von Ruth Brauer – ein starker, von enorm viel Humanismus getragener Start in das diesjährige Theaterfestival. In „Die vielen Stimmen meines Bruders“ geht es um Stimm- und Identitätsverlust, um geschwisterliches Teilen oder teilhaben an den vielschichtigen Prozessen von Verlieren, Suchen und Finden von Stimmen/Identitäten.

Bekanntlich hatten die Habsburger viele Gesichter, so ist das arrivierte Schubert Theater Wien heuer mit ihrer neuen Aufführung „Habsburger: A Vampirg’schicht“ in Litschau zu Gast, so wie mit einem monarchisch besetzten Stationentheater, dem sehr beliebten „Spaziergang für die Figur“, nun Teil IV „Habsburger narrisch“. Blitzlichter auf Identitäten bietet das junge Ensemble von Studierenden der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin mit „Identitätssplitter“, wo es um Fragen geht wie: Ist Identität nur ein Konstrukt? Spendet eine neue Identität Glück? Oder: Bedeutet eine gemeinsame Liebes-Identität den Tod des eigenen Ichs?

Bild BOJI
BOJI (c) Franz-von-Strolchen

Hingegen beschäftigt sich Christian Winkler alias Franz von Strolchen, der vielen Besucher*innen aus dem Jahre 2022 mit „Cables“ bekannt sein wird, in Teil 2 der „Trilogy of the broken“ mit einer universellen Fabel, basierend auf der wahren Geschichte eines Straßenhundes namens „BOJI“, der wie ein Drehgestell zwischen allen Sesseln, Beinen und Parteien steht und als Projektionsfläche für viele und vieles missbraucht wird. Die bereits im vergangenen Jahr umjubelten Bouffons (Nestroypreis für die beste Off-Produktion 2022) kommen mit „Wurst, Obst, Stirbst“ ins Herrenseetheater und rücken eines der brisantesten Themen unserer Zeit in den Fokus: die Pflege. Um Altersfürsorge und Pflege geht es auch in „FÜR:SORGE“ von baldanders theaterkollektiv – samt anschließendem Publikumsgespräch direkt im Hilfswerk Litschau.

Spielendes Publikum, Offene Proben & Auszeichnungen

Nicht nur in Gesprächen und Diskussionen beteiligt sich das Publikum, auch an Aufführungen nimmt es aktiv teil, heuer gehäuft. Dieser Zugang zu Theater ist in Litschau u. a. bereits bestens von den English Lovers bekannt, die spontan und improvisiert ein oder zwei Besucher*innen in ihre Aufführung aufnehmen. Nomen est omen – in „Theater Direkt“ von/mit Lorenz Hippe verschwinden die Grenzen von Bühnen- und Zuschauerraum, das Publikum ist Teil des Stücks – Alles kann, nichts muss sein. Hingegen kann in der Uraufführung „Die liebe Familie“ (u.a. mit Clara Luzia) mit einer Art Buzzer das Bühnengeschehen unterbrochen und mitunter neu, positiv gelenkt werden. Weitere Stücke mit Publikumsbeteiligung: „Stilübungen: Was erzählen wir?“, „Warme Geschichten für kältere Zeiten“ und mit dem Theater auf Rädern „sub aqua, sub aqua“ in die Tiefsee mit tatkräftiger Unterstützung der Mitreisenden.

Bild Armela Madreiter
Armela Madreiter (c) Marco Borrelli

Im diesjährig neuen Format „Offene Proben“ können Besucher*innen zu einer bestimmten Tageszeit bei den Proben des Ensembles in Residence, dem „Ensemble Ehrlos“, zwischen den beiden Festivalwochenenden mit dabei sein, wenn eine neue Stückentwicklung geprobt wird. Am zweiten Wochenende zeigen sie hingegen ihre Performance „Für alle reicht es nicht“, die im Vorjahr mit dem Heidelberger Studentenkuss ausgezeichnet wurde. Ebenso als Erfolgsproduktion eingestuft, bekamen „Die vielen Stimmen meines Bruders“ eine Einladung zum Heidelberger Stückemarkt 2023. Und die heurige Dramatiker*in Residence, Armela Madreiter, wurde mit dem Sonderpreis des Deutschen Kinder- und Jugendtheaterpreis 2022 und dem Mülheimer KinderStückePreis 2024 ausgezeichnet.

Musikdramatisches & Puppenspiel  

Das Theaterfestival bietet heuer einen musikdramatischen Schwerpunkt u. a. mit Texten von Gert Jonke: „Kosmos Jonke“, mit vertonten Gedichten Erich Kästners: „Zug. Eine Reise mit Erich Kästner“, mit „Sterben und Leben mit Ringelnatz“, wo auch eine Klappmaulpuppe eingesetzt wird – was zum anderen, den Puppen-Schwerpunkt überleitet. Wie in „Nachtgesänge“ mit Christoph Bochdansky und den Strottern. Oder in den bereits genannten Habsburg-Aufführungen des Schubert Theater Wien. Und Rebekah Wild wird die Besucher*innen heuer mit einem von F. Goya inspirierten Kurzstück mit Tischfiguren verzaubern.

Theater mit Litschau-Bezug

Die so zahlreich nachgefragte und bereits aus den beiden letzten Jahren bekannte „Chronik der nördlichsten Stadt“ von KollekTief unter der Regie von AntoN Widauer widmet sich künstlerisch-erkundend der Geschichte und Geschichten der Stadt Litschau. Die Texte auf Basis der Litschauer Ortschronik stammen von Armela Madreiter, der Dramatiker*in Residence 2024. Die musikalische Begleitung des Stationentheaters wie auch der Podiumsgespräche „Fellingers Früh.Stück“ übernimmt die heurige Musiker*in Residence, Christina Ruf.

Bild Christina Ruf
Bild (c) Christina Ruf

Im Rahmen von „Drama Litschau“ bekommen drei Nachwuchs-Autorinnen des Wettbewerbs „Texte. Preis für junge Literatur“ die Möglichkeit, sich 10 Tage lang unter der Leitung von Christoph Braendle mit der Erarbeitung von Theatertexten zu beschäftigen, die abschließend in Form einer szenischen Lesung präsentiert werden. 

HINkommen & WEGsein

Rund 140 Einzelveranstaltungen – Aufführungen, szenische Lesungen, Hörspiele und Diskussionen – werden es in diesem Jahr sein. Gespielt wird an außergewöhnlichen Orten in und um Litschau, im Herrenseetheater, im BRAUHAUSstadl und im Theaterhaus MOMENT, das direkt neben dem Festivalzentrum beim Strandbad und am Areal des Theater- und Feriendorf Königsleitn liegt. Hier am Herrensee ist in den vergangenen Jahren eine Art von „Theaterlabor“ entstanden, wo Alt auf Jung, Musik auf Text, Natur auf Kunst und Geist auf Genuss trifft. 

2024 stehen folgende Zusammenarbeiten am Programm: Schubert Theater Wien, Schauspielschule Ernst Busch Berlin, Figurentheater Marijeli, MUK, Kubus20, „Theatergruppe KollekTief“, Ensemble Ehrlos, Wild Theatre und Fidlfadn, English Lovers, Institut für Medien, Politik und Theater,  texte.wien von Christoph Braendle, Expert*innen aus dem Bereich der Fürsorge, Betreuungs- und Pflegearbeit – zudem der Litschauer Gesangsverein und Litschauer*innen, die ihre privaten Küchen und Wohnzimmer für die heiß begehrten Küchenlesungen öffnen, heuer mit: Doron Rabinovici, Andrea Eckert, Cornelius Obonya, Maria Hofstätter & Martina Spitzer, Katharina Stemberger, Charly Rabanser. 

Konzerte

Bild Sigrid Horn
Sigrid Horn (c) Pamela Russmann

Die Tage für zeitgenössische Theaterunterhaltung klingen abends mit Lounge-Konzerten im Glasfoyer aus. Heuer wurde das musikalische Programm erstmalig von Sigrid Horn kuratiert, die im Frühjahr 2024 die Stafette von Ernst Molden überreicht bekam – um die jüngere Generation gestalten zu lassen. Zu hören werden sein: Violetta Parisini, Jan Rohrweg, Edna Million, Dritte Hand, Sigrid Horn feat. Christina Ruf und auf der großen Bühne des Herrenseetheaters: Endless Wellness. 

Bild Endless Wellness
Endless Wellness (c) Paul Sprinz

Theater.Pfade  

Im letzten Jahr als Versuch gestartet, heuer dank erfreulicher Nachfrage gleich fortgesetzt: die von Intendanz & Produktionsteam speziell zusammengestellten Theater.Pfade, die durch das Programm helfen, einem die Qual der Wahl erleichtern. So gibt es unterschiedliche, vor-kuratierte Theater-Pakete, von „QuerBeet“ (von allem etwas) über „Wer bin ich?“, „Leben teilen“ bis hin zu „Mit-Teilen“, die um 10 % ermäßigt im Ticketshop erworben werden können.

Theater.Workshops

Zwischen den beiden Festival-Wochenenden werden wieder Theater-Workshops abgehalten, in Summe sechs unterschiedliche Kurse, vom 13.–16.8.2024. Für alle ab 15 Jahren wird ein Workshop zu „Improvisation & Storytelling“ (Anna Manzano), ab 16 Jahren zu „Was wichtig ist. Szenisches Schreiben“ (Lorenz Hippe) stattfinden. Für Erwachsene sind Kurse zu Themen wie „Schauspiel – Das gestische Prinzip“ (Margarete Schuler), „Vom Material zum Stück. Stückentwicklung“ (Constance Cauers), Feldenkreis® (Lena Franke) und „Die Komödie der Bouffons“ (Thomas Toppler) im Programm.

Details & Buchung direkt unter: https://koenigsleitn.at/hin-und-weg/

Tickets & Detailprogramm unter: https://hinundweg.jetzt/tickets/