War bis in die frühen 90er Jahren auch hierzulande noch Englisch die bevorzugte Rap-Sprache, änderte sich das mit den politischen Songs von Advanced Chemistry und dem kommerziellen Erfolg der Fantastischen Vier sehr schnell. Wegen dieser Vorbilder und für die bessere Verständlichkeit (auch beim großen nördlichen Nachbarn) setzten die meisten Gruppen in Österreich anfangs auf Hochdeutsch. Erst langsam begann man mit den viel dehnbareren Vokalen und dem großen Wortschatz österreichischer Dialekte zu experimentieren – mit fantastischen Resultaten!
5Haus Posse – Golf (1995)
Mit diesem Song und ihrem „Aufpudeln“ Album hat die Band in Sachen Wiener Dialekt-Rap Pionierarbeit geleistet (knapp gefolgt von Schönheitsfehler‘s „A Guada Tog“). Musikalisch war die Ode an den fetischisierten Sportwagen eine Mischung aus live eingespielten Acid Jazz-Klängen und Rap.
Texta – Sprachbarrieren (1999)
Nachdem sie einmal zu oft in deutschen HipHop-Medien trotz hochdeutscher Texte für ihren „schwer verständlichen Ösi-Slang“ gescholten wurden, wandten sich die Linzer immer mehr der Mundart zu. Etwa mit diesem musikalischen Wörterbuch, dass hoffentlich ein wenig zur Völkerverständigung beigetragen hat.
Das Rückgrat – Dreckige Rapz (2002)
Rapper Markee hat den österreichischen Slang Rap qualitativ weit nach vorne katapultiert, deshalb kommt er in dieser Liste auch öfter vor. In seiner Band Das Rückgrat hat er anfangs noch hochdeutsch gerappt, aber mit dieser Ansammlung Linzer Unflätigkeiten hat er eine neue Ära eingeleitet.
PerVers ft. A.Geh Wirklich – Sacklbicka (2003)
A.Geh reimt sich nicht umsonst auf „Mörderschmäh“, der Wiener Rapper hat seit der Jahrtausendwende regelmäßig mit Raps im Wiener Zungenschlag für gute Unterhaltung gesorgt. Hier entwickelte er an der Seite seiner Rooftop Clique Kollegen PerVers eine Favoritner Variante des kalifornischen G-Funk.
Markante Handlungen – Höhere Gewalt (2005)
Die Linzer Supergroup, bestehend aus Die Antwort, Kayo & Phekt und Das Rückgrat, versammelte auf dem „Vollendete Tatsachen“ Album hochkarätige Punchlines und Wortspiele zum damaligen Peak von Mundart-Rap. Leider war die Platte das letzte Lebenszeichen der Formation, die sich etwas später auflöste.
Tibor Foco ft. Raf – Bees (2006)
Markee war ein Mann vieler Namen, für sein erstes Solo-Projekt wählte er den des zweifelhaft des Mordes verurteilten und bis heute flüchtigen Linzer Unterweltlers (später war er auch als Jack Untawega oder Kroko Jack bekannt). „Andaground“ war musikalisch und textlich kompromisslos, der Rapper verweigerte auch jegliche Promo für die Platte. Historisch ist hier der Auftritt des auf Französisch rappenden Raf (Camora) interessant.
Sodom & Gomorrah – Deswegn Samma Haas (2007)
Auch musikalisch hat Markee a.k.a. Jack Untawega in der österreichischen Szene neue Impulse gesetzt: An der Seite von BumBumKunst (der heute auch mit Skero Musik macht) mischte er den Linzer Slang mit Südstaaten- und Crunk-Beats, als im Rest des Landes noch die samplebasierte Ästhetik dominant war.
Hunney Pimp ft. Young Krillin – Flügel (2017)
Die junge Rapperin aus der Nähe von Salzburg brachte mit ihren ersten beiden Mixtapes „Zum Mond“ und „Schmetterlinge frischen Wind in den Dialekt-Rap. Wolkige Beats und ein Vortrag zwischen Rap und Gesang. Für diesen Song hat sie außerdem passenderweise Hanuschplatzflow-OG Young Krillin eingeladen.
Kreiml & Samurai ft. Monobrother – Wiener (2017)
Nach Anfängen in der Crew Wienzeile haben sich die beiden ganz dem Dialekt verschrieben und dank gesungener Hooks immer wieder Ohrwürmer produziert. Dieser Song sollte allerdings ihr bislang größter Hit werden, an der Seite des Gefährten Monobrother sezieren sie hier gängige Klischees über ihre Heimatstadt.
(Offenlegung: Der Autor hat diesen Song produziert.)
Mo Cess & Chrisfader – Haus (2021)
Wie der Titel schon verspricht, wird einem beim Hören dieses Debütalbum durchaus „Klåmm“ ums Herz. Über stimmungsvolle Beats von Chrisfader erzählt Mo Cess schonungslos über toxische Verhältnisse und die Enge in den nur scheinbar idyllischen Bergen.
Stefan Trischler