40 Jahre Radio-Symphonieorchester Wien – Das Programm 2009/2010

Bereits in der vergangenen Woche fand in einer Pressekonferenz des RSO die Vorstellung des Programms für 2009/10 statt. Präsentiert wurde es von der Leitung des Orchesters seitens Ö1 und ORF Christian Scheib, von dem wir am Montag auch ein mica-Interview veröffentlichen wollen – über seine Schwerpunkte als Ö1-Musikchef und Leiter des RSO Wien. Genauso wichtig die Präsentation durch Bertrand de Billy, bis 2010 weiter Chefdirigent unseres wichtigsten Orchesters (nicht nur) für die Neue Musik – gegen dessen “Ausgliederung” oder gar drohende “Auflösung” er mehrfach auch vor dem Konzert-Publikum protestiert hat.

Vorweg: Wie es genau mit unserem Rundfunkorchester und seinen seit zehn Jahren unverändert nur 87 fixen, nicht nachbesetzten Planstellen weitergehen wird, weiß auch Christian Scheib erst im Herbst 2009, wie er im Interview mit dem mica betonte. Hier soll es nun aber nur um Erfreuliches gehen, nämlich um das tolle Programm der nächsten Saison, das man auch im Internet als pdf-Datei jederzeit herunterladen kann (siehe Link).

 

Neben Scheib und de Billy meldeten sich an erster Stelle der Vorworte in der Programmbroschüre auch GI Alexander Wrabetz und ORF-Hörfunkdirektor Wilhelm Mitsche anerkennend zu Wort: “Wenn österreichische und internationale Rezensenten über das ORF Radio-Symphonieorchester schreiben, dann spenden sie meist höchstes Lob. Dies ist nicht zuletzt auch das Verdienst seiner Chefdirigenten. Das Orchester des Österreichischen Rundfunks hat sich unter Bertrand de Billy mit Konzertzyklen im Musikverein und im Konzerthaus, als Opernorchester im Theater an der Wien, als Gastorchester bei Festivals wie den Salzburger Festspielen und Wien Modern, mit der Pflege der zeitgenössischen Musik und mit zahlreichen herausragenden CD-Produktionen als eines der vielseitigsten Orchester Österreichs profiliert .” Deshalb, möchten wir dem hinzufügen, muss es als Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in einem parteiunabhängigen ORF, auch weiter erhalten bleiben.

 

Meilensteine voraus Milestones ahead Milliaires devant

 

Scheib in seinem Vorwort: “Das ORF Radio-Symphonieorchester setzt seit 40 Jahren Meilensteine in die Zukunft, von Mahler bis Cerha, von Weill bis Gruber, von Varèse bis Neuwirth, von Strauss bis Staud, von Bartók bis Gadenstätter, um gleich durchwegs Komponisten zu nennen, deren Werke am Programm der kommenden Saison stehen beziehungsweise deren neue Werke uraufgeführt werden. Diesen Kurs gilt es im 40. Jahr seines Bestehens zu feiern und in die Zukunft fortzusetzen. Exquisite, handverlesene und populäre Programme werden beispielgebend interpretiert von Chefdirigent Bertrand de Billy sowie dem Ersten Gastdirigenten Peter Eötvös, herausragenden Dirigenten der jüngeren Generation wie Cornelius Meister, Hugh Wolff, Tugan Sokhiev und anderen sowie selbstverständlich mit den besten Solistinnen und Solisten.

 

Und Bertrand de Billy wendet sich an sein “verehrtes Publikum, liebe Freunde des RSO” (die wir bei music-austria selbstverständlich alle auch sein wollen): “Im achten und letzten Jahr meiner Arbeit dürfen meine Kolleginnen und Kollegen im Orchester und ich durchaus mit einigem Stolz sagen, hier hat ein Orchester den Beweis angetreten, dass Flexibilität, Klangsinn, Traditionsbewusstsein und die selbstverständliche Verbindung zu der Musik unserer Zeit nicht nur nebeneinander bestehen können, sondern in der Verknüpfung miteinander die besten Ergebnisse für alle Bereiche erzielen. Das sehr ambitionierte und anspruchsvolle Programm dieses Jahres, das zugleich das 40-jährige Bestehen dieses Orchesters markiert, soll all das noch einmal zeigen und eindrücklich beweisen, warum das RSO heute ein unverzichtbarer Bestandteil des österreichischen und internationalen Musiklebens ist. Der Bogen spannt sich von Jahresregent Haydns “Jahreszeiten” bis hin zur dritten Uraufführung eines Werkes von Friedrich Cerha, die ich in meiner Amtszeit leiten darf .

 

. Ich fand es von Anfang an selbstverständlich, dass man sich als Chefdirigent eines Orchesters einerseits für die Musik seines eigenen Herkunftslandes einsetzt. Dies werden wir auch in diesem Jahr mit Werken von Dutilleux, aber auch Debussy, Ravel fortsetzen. Andererseits war es mir von meinem ersten Konzert an ein besonderes Anliegen, mich in der Tradition des Orchesters, aber auch aus voller innerster Überzeugung für die zeitgenössischen österreichischen Komponisten einzusetzen. Neben der erwähnten Cerha-Uraufführung wird das Orchester unter seinem Ersten Gastdirigenten Peter Eötvös ein Konzert für Viola und Orchester von Olga Neuwirth zur Uraufführung bringen, Pascal Rophé wird ein Orchesterwerk von Clemens Gadenstätter aus der Taufe heben. Ich werde neben einem weiteren Werk von Friedrich Cerha auch ein Stück von Johannes Maria Staud aufführen, dessen Klavierkonzert ich seinerzeit in meinem ersten Konzert als Chefdirigent uraufgeführt habe. Daneben finden Sie in den Programmen die gesamte Bandbreite der Orchestermusik des 19. und 20. Jahrhunderts, und ich freue mich besonders, dass mein Nachfolger im Amt, Cornelius Meister, bereits diese Saison eines der Abonnement-Konzerte leiten wird.”

 

Gratulationsparcours namhafter Manager und Komponisten

 

Hier kommt zum Beispiel außer Angyan, Kerres und Geyer auch der Musikchef der Salzburger Festspiele Markus Hinterhäuser zu Wort: “Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien ist nicht nur kulturelle Visitenkarte des ORF, sondern auch wesentlicher Bestandteil der Identität der Salzburger Festspiele. Bereits ein Jahr nach seiner Gründung wurde das Orchester zu den Salzburger Festspielen eingeladen. Schon bei diesem ersten Konzert im Jahre 1970 mit Werken von Anton Webern, György  Ligeti, Friedrich Cerha und Pierre  Boulez wurde deutlich, wie bereichernd dieser Klangkörper für die musikalische Vielfalt der Salzburger Festspiele sein würde.”

 

Friedrich Cerha schreibt : “Ich habe noch das alte Rundfunkorchester erlebt; eine Aufführung meines großen Orchesterzyklus Spiegel (1960/61) wäre mit ihm undenkbar gewesen. 1972 war sie möglich und 1996 hat das inzwischen auch mit schwierigster neuer Musik vertraute Orchester bei den Salzburger Festspielen dafür höchste internationale Anerkennung gefunden. Seit der Neustrukturierung 1969 ist es steil bergauf gegangen und heute zählt das RSO zu den besten Rundfunkorchestern der Welt. Seine Existenz auf dem gegenwärtigen Niveau zu sichern, ist eine unabdingbare Verpflichtung für die in diesem Land für Kulturpolitik Verantwortlichen”.

 

HK Gruber meint: “In den Genen dieses Orchesters lebt 40 Jahre Erfahrung im Umgang mit Musik aus Vergangenheit & Gegenwart bis zu “Tinte-noch-nass”-Musik. Das Geheimnis seiner Qualität liegt in seiner Flexibilität. Reichlich spät gegründet, -es war der ganze Stolz der General- & Hörfunkintendanz-, setzten sofort erste Tendenzen ein, das Unternehmen wieder in Frage zu stellen. “Das Musikland Österreich braucht das RSO Wien wie einen Bissen Brot”, sagt Johannes Maria Staud, “es ist für die österreichische Musiklandschaft unverzichtbar” Thomas Larcher genauso wie Georg Friedrich Haas. Olga Neuwirth möchte “dem RSO für den unermüdlichen Einsatz für zeitgenössisches Komponieren herzlich gratulieren”.

 

Last, but not least

 

ZUM JUBILÄUM  3 LIMERICKS*) VON KURT SCHWERTSIK
die wir hier so gut es geht vollständig zitieren wollen:

 

LIEBE ORCHESTERKOLLEGEN:

 

RÜCKSICHTSLOS, FLINK UND VERWEGEN
WOLLN SIE KLÄNGE IM TONRAUM BEWEGEN
DOCH STEHN KOMPONISTEN
OHNE INSTRUMENTISTEN
EINSAM & HILFLOS IM REGEN

 

DIE NOTEN IN KLÄNGE VERWANDELN
OHNE DEN SINN ZU VERSCHANDELN
DAS TUN DIE KOLLEGEN
DRUM SOLL MAN SIE PFLEGEN
& IMMER MIT ACHTUNG BEHANDELN

 

ICH DURFTE MIT EUCH MUSIZIEREN
ICH DURFTE SOGAR DIRIGIEREN
ES WAR REINES VERGNÜGEN
SAG ICH OHNE ZU LÜGEN
& HEUT DARF ICH EUCH GRATULIEREN

 

MIT DEN BESTEN WÜNSCHEN
KURT SCHWERTSIK

 

(*): a humorous five-line poem with a rhyme scheme aabba, – ORIGIN: said to be from the chorus  ‘will you come up to Limerick?’ sung between improvised verses at a gathering]

 

(hr)

 

RSO EVENTS IM JUNI 2009

 

Mo, 08. Juni 2009 19:30 Uhr
Musikverein
L. Bernstein
K. Criswell | M. Hammermayer
W. Marshall

 

Fr, 12. Juni 2009 19:30 Uhr
Musikverein
Abschlusskonzert der Dirigentenklassen der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien
H. Berlioz | G. Fauré | B. Bartók | R. Strauss | M. Ravel
V. Cristofaro | E. Shin | Y. Lin | B. Chung | L. T. Dinh

 

Do, 18. Juni 2009 19:30 Uhr
Wiener Konzerthaus
L. v. Beethoven | T. D. Schlee | R. Strauss
F. P. Zimmermann | B. de Billy

 

Di, 23. Juni 2009 19:30 Uhr
Musikverein
Beethoven-Klavierwettbewerb
S. Vladar

 

URAUFFÜHRUNGEN UND ÖSTEREICHISCHE ERSTAUFFÜHRUNGEN in der Saison  2009/2010

 

Alban Berg Passacaglia-Fragment (1913) ÖEA 28.05.2010
Friedrich Cerha Kammermusik für Orchester (2008) UA 12.05.2010
Francesco Filidei Macchina per scoppiare i pagliacci. Neue Version für Orchester (2005/2009) UA der Neufassung 02.05.2010 Münchener Biennale Francesco Filidei Neues Werk für Akkordeon, Kontrabassblockflöte und Orchester (2009) UA 02.05.2010 Münchener Biennale
Clemens Gadenstätter Fluchten / Agorasonie I (2009) UA Auftragskomposition ORF/RSO/Ö1 22.10.2009
Bernhard Gander lovely monster (2009) UA Auftragskomposition Wiener Mozartjahr 2006, ORF/Ö1 und Wien Modern 10.10.2009 musikprotokoll
HK Gruber Websites. Symphony for percussion solo and large orchestra (2009) UA 11.06.2010
Hans Werner Henze Aristaeus (2003) ÖEA 11.12.2009
Olga Neuwith Remnants of Song… an Amphigory (2009) UAAuftragskomposition Borletti-Buitoni Trust, Betty Freeman, ORF/Ö1, Wien Modern, DSO Berlin 10.10.2009 musikprotokoll
Matthias Pintscher Hérodiade-Fragmente (1999) ÖEA 10.10.2009 musikprotokoll
Rebecca Saunders Traces (2006) ÖEA 10.10.2009 musikprotokoll
Johannes Maria Staud Seque. Musik für Violoncello und Orchester (2006/2008) ÖEA der revidierten Fassung 13.11.2009 Wien Modern
Judith Weir Bright Cecilia-Variation Thou Tun’st on a Theme by Purcell (2002) ÖEA 15.01.2010
Iannis Xenakis Metastaseis (1954) ÖEA der Urfassung 13.11.2009 Wien Modern

 

LEITUNG UND ORCHESTER – BITTE VOR DEN VORHANG:
DAS RSO WIEN

 

M A N AG E M E N T & KÜ N S T L E R I S C H E R  L E I T E R
Christian Scheib

 

C H E F D I R I G E N T& KÜ N S T L E R I S C H E R  L E I T E R
Bertrand de Billy