25 Jahre Klangforum Wien und 25 neue Werke in der Saison 2009/10

“Vorwärts – Rückwärts” ist der Titel des Zyklus, den das Klangforum 2009/10 im Wiener Konzerthaus bestreiten wird. Gerade in den letzten Jahren hatten die 24 Mitglieder des demokratisch organisierten Klangkörpers, der im Gegensatz zu anderen Orchestern aus Solomusikern besteht, eine Krise nach der anderen bewältigt. Sven Hartberger zeichnete sie – gewohnt unaufgeregt und überlegt – bei der letzten Abo-Pressekonferenz in der Diehlgasse nach.

Der Kampf um die heutigen Probenräumlichkeiten und vor allem deren Finanzierung war lang und hart, und trotz einer Eigendeckung von 70 Prozent und einer Verdreifachung der Zuhörerzahl sind die Musiker bis heute unterbezahlt. Der letzte Krisenpunkt der noch bewältigt werden muss. Gute Gespräche mit den Sponsoren haben als Resultat nicht nur eine Verlängerung, sondern gar einen Ausbau der Verträge gebracht.

 

25 Uraufführungen

Den Auftakt des Jubiläumsjahres macht ein 27-stündiges Fest am 4. September, das in den Probenräumlichkeiten des Klangforums Konzerte im Eineinhalbstundentakt, Vorträge und Diskussionen bietet.

 

Doch wie es sich für ein Ensemble zeitgenössischer Musik gehört, blickt das Klangforum auch in diesem Jahr nicht zurück, sondern in die Zukunft. 25 Kompositionsaufträge wurden an bereits arrivierte oder ganz junge Komponisten vergeben. Sie alle haben ein Naheverhältnis zum Klangkörper. Unter ihnen Bernhard Lang, Beat Furrer, Johannes Maria Staud oder Peter Ablinger. Zu hören sind die Werke im Rahmen des Konzerthauszyklus, denn gefeiert wird die Jubiläumssaison in erster Linie in Wien. Das Motiv für die graphische Gestaltung des Zyklusprogramms und -plakats stammt von Heimo Zobernig.

 

Auftakt  des Zyklus ist im Oktober, Dirigent ist wieder – und nicht das einzige Mal im Zyklus der Erste Gastdirigent Sylvain Cambreling. Zum Programm heißt es: “Ein fester Standpunkt ist unbedingt notwendig, wenn man Überblick gewinnen will. Wir haben Schönbergs opus 9 und Alban Bergs Kammerkonzert als Referenzpunkte gewählt. Das Entstehen von Solistenensembles war die notwendige Konsequenz dieser und ihnen nachfolgender Werke.”

 

Schon am 3.11. gibt es dann geballt aktuelle Musik: Bernhard Lang: Monadologie VII,  Eduardo Moguillansky: cire perdue, Mauricio Sotelo: Klang-Muro-for-Klangforum, Johannes Maria Staud: One Movement and Five Miniatures. Dirigent: Cambreling und Solisten aus dem Ensemble. Im Dezember 09 dann Erstaufführungen von Pierluigi Billone und Olga Neuwirth, Uraufführungen von Christof Dienz und Jorge Sánchez-Chiong. Dirigent: Cambreling. Nach Neujahr dann Peter Ablinger: KAMMERSYMPHONIE aus Instruments & UA, Klaus Lang: capital.interview UA, Jorge E. López: I. Symphonie für kleines Kammerorchester (EA der revidierten Fassung). Dirigent: Pomarico.

 

Weiters, “immer mir der ruhe”, im April 2010 etwa Enno Poppe,  Beat Furrer, Matthias Pintscher und Salvatore Sciarrino (Dirigent? – Richtig (!): Beat Furrer). Enden tut der Zyklus im Juni (“der Kreis schließt sich hier, aber nur beinahe”) mit Neuem von Friedrich Cerha, Aureliano Cattaneo, Georg Friedrich Haas und Hans Zender. Dirigent? – Falsch (!): Nicht Friedrich Cerha sondern Hans Zender (¿Adonde / Wohin? EA). Doch der bessere Titel als Cerhas Bruchstück: geträumt (womit über dessen Stück nichts ausgesagt werden kann, vielleicht hat er es gar noch nicht fertig).

 

Ein tolles Programm, die Erstaufführungen werden in Wirklichkeit auch in der Saison 2009/10 vom Klangforum nämlich anderswo kurz zuvor uraufgeführt werden. Das Klangforum ist auch in der kommenden Saison wieder an allen international renommierten Festivals zu Gast. Die Uraufführungen der Erstaufführungen werden also in Amsterdam, Witten, Donaueschingen, Brixen, Graz, Berlin sein.

 

Die Zusammenarbeit mit der Opera National de Paris wird auch nach dem Abgang Gerard Mortiers fortgesetzt. Dieser bemüht sich die Musiker auch an sein nächstes Haus in Madrid zu holen. Von Finanzkrise ist also auch bei den Gastspielen vorerst einmal nichts zu spüren. Erfreulich sei auch die Zusage des Theaters an der Wien (Roland Geyer), das Klangforum für je eine Produktion (UA) im Jahr einzuladen und zu verpflichten.

 

Na ja, “keine Schieflage mehr” (Hartberger). Das Budget muss mehr werden. 600 000 Euro kommen allein aus der Stadt Wien. Der Bund “hat über die Höhe der Unterstützung noch nicht entschieden” (550 000 ?). 85 % Eigendeckung wäre zuviel.” Der Lebensunterhalt der erstklassigen MusikerInnen allein aus der Tätigkeit fürs Klangforum reicht allein nicht aus, das Einkommen liegt unter dem des Orchesters der Wiener Volksoper. Der Kompositionsaufträge sind im nationalen und internationalen Vergleich “normal” dotiert, aber gemessen am Kompositionsaufwand generell immer zu wenig (“Anerkennungshonorare”). Daher müsse die freundliche Einladung an Sponsoren immer wieder wiederholt werden (hr).

 

Fotos Klangforum: Lukas Beck